Kosovo, Ukraine, Taiwan: Das altbewährte US-Rezept zum Stiften von Chaos und Umsturz
von Rachel Marsden
Es ist zweifellos ein unglaublicher Zufall, dass US-Außenminister Antony Blinken offizielle Gespräche mit der Führung im Kosovo geführt hat, kurz bevor dort am vergangenen Wochenende Unruhen ausbrachen. Diese brachen aus, nachdem Beamte in Pristina angekündigt hatten, ab dem 1. August keine Kfz-Schilder oder Ausweisdokumente, die von der zentralserbischen Regierung ausgestellt wurden, anzuerkennen. Die Maßnahme wurde jedoch kurz vor ihrem Inkrafttreten am vergangenen Montagabend um einen Monat verschoben.
Man kann sich auch fragen, wie groß die Chancen sind, dass es purer Zufall ist, dass die "Präsidentin" des teilweise anerkannten Staates, Vjosa Osmani, jetzt Dinge sagt wie, "dass wir weiterhin die unerschütterliche Unterstützung der Vereinigten Staaten sowie unserer europäischen Verbündeten brauchen werden, um sicherzustellen, dass die Pläne Russlands sowie seiner Stellvertreter in der Region gestoppt werden". Oder dass Blinken die "standhafte Unterstützung für die Ukraine" durch den Kosovo beschwört – was amüsant ist, da die Ukraine offiziell die Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien nicht anerkennt. Ganz zu schweigen davon, dass sich im Kosovo eine sehr große NATO-Militärbasis befindet und dass die NATO eine offizielle Erklärung abgegeben hat, in der sie Bereitschaft an einer "Intervention" im Kosovo bekundete, falls dies erforderlich werde. Wie praktisch.
Es ist wahrscheinlich auch nur ein Zufall, dass Serbien sich weigert, seine Unterstützung für Russland aufzugeben, dafür mehr Handel mit Iran und eine militärische Zusammenarbeit mit Weißrussland anstrebt, einem Verbündeten Russlands. Oder dass der serbische Innenminister Aleksandar Vulin erst kürzlich deutlich gemacht hat, dass man sich den Sanktionen gegen Russland wegen der Ukraine nicht anschließen und sich nicht als "Fußsoldat" der NATO gegen Russland einreihen wird. Oder dass die NATO Ende der 90er Jahre, unter der "moralischen" Führung des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton, die serbische Provinz Kosovo aus "humanitären" Gründen kurzerhand ausgliederte. Seither wird der Kosovo vom Westen als Instrument benutzt, um entweder Druck gegen Belgrad aufzubauen oder wieder abzubauen – und bis zu einem gewissen Grad auch gegen Moskau. Aber wenn das alles kein Zufall sein kann, dann wird die lenkende Hand des Westens hinter diesen neuerlichen Spannungen zu einer plausiblen Erklärung.
Dabei verfährt diese lenkende Hand immer nach der gleichen Blaupause, nach der man erst einen Stellvertreterstaat kreiert oder findet, lokale Kämpfer und Aufständische rekrutiert, die dann der westlichen Öffentlichkeit als "Opfer des Regimes" präsentiert werden, das der Westen gerade im Fadenkreuz hat.
Dasselbe Muster spielt sich derzeit auch in Asien ab. Nachdem die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi sich erst schüchtern gab über ihre Pläne, im Rahmen ihrer Asientournee auch Taiwan zu besuchen, ist sie am Ende dann doch dort gelandet.
Nur 13 Staaten erkennen Taiwan als unabhängig von China an – und die USA gehören seit 1979 nicht mehr zu diesen Staaten. Aber die "Verordnung über die Beziehungen zu Taiwan" von 1979 dient seitdem als Trojanisches Pferd für die US-amerikanische Militarisierung der Region gegen China. Die Verordnung verlangt von Washington, "Taiwan alle Verteidigungsmittel und Verteidigungsunterstützung in jenen Mengen zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um es Taiwan zu ermöglichen, eine ausreichende Kapazität bei der Selbstverteidigung aufrechtzuerhalten, so wie sie vom Präsidenten und dem Kongress festgelegt wurde". Dies erklärt, warum die Neokonservativen des westlichen politischen Establishments und der militärisch-industrielle Komplex seit Jahrzehnten einen Taiwan-Fetisch pflegen.
Nicht nur ist Taiwan ein treuer Abnehmer für Waffen, sondern man weiß auch, dass jedes Mal, wenn Washington seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt – was es bei jeder Gelegenheit in Höhe von Milliarden von Dollar tut –, es die Chinesen auf dem Festland ärgert. Dies wäre vergleichbar mit China, das dem US-Bundesstaat Hawaii Waffen verkauft, damit sich die Insel vor einer potenziellen asymmetrischen "Bedrohung" durch eine "Invasion" durch die USA verteidigen kann.
Natürlich ist es wahrscheinlich nur ein weiterer totaler Zufall, dass der Besuch der dritthöchsten US-Regierungsbeamtin in Taiwan, gegen den ausdrücklichen Wunsch Pekings, inmitten erhöhter Spannungen mit China erfolgt ist, da dies neben Russland und seinem Konflikt in der Ukraine einen weiteren Presslufthammer in die westlich dominierte Weltordnung mit einbringt. Oder dass ein destabilisierender Konflikt innerhalb von China, ausgelöst über Taiwan, Washingtons Wettbewerbsinteressen dienen würde.
Dieselbe Art der Ausnutzung von Stellvertretern zeigte sich im Vorfeld des Ukraine-Konflikts, mit der Unterstützung Washingtons für die neonazistischen Kämpfer vom Bataillon Asow oder bei der Unterstützung syrischer Rebellen durch die CIA und dem Pentagon, beim gescheiterten Versuch, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu stürzen. Oder mit der Ausbildung und der Ausrüstung von Kämpfern der Mudschahedin in Afghanistan gegen die Sowjets mithilfe der CIA. Oder mit der Rekrutierung durch die CIA von 500 nicaraguanischen Rebellen – bekannt geworden als Contras –, um die linke Regierung der Sandinistas in Nicaragua zu stürzen. Oder der Versuch verschiedener US-Administrationen über mehrere Jahre hinweg, einen Regimewechsel in Iran herbeizuführen, indem man die als Volksmudschahedin (Mojahedin-e-Khalq, MEK) bekannte iranische Oppositionsgruppe fördert und unterstützt.
Zahlreiche "zivilgesellschaftliche" Gruppen, die von der US-Regierung durch Programme wie USAID finanziert werden und strategisch in Regionen aktiv sind, die Washington geopolitisch für seine Machenschaften als vorrangig betrachtet, sind ebenfalls Teil derselben Maschinerie. Die russische Regierung warf 2015 ihr Augenmerk auf dieses Problem und hat durch ein Gesetz diejenigen NGOs verboten, die man als Bedrohung für die nationale Sicherheit eingestuft hat.
Wenn ein bestimmter geopolitischer Brennpunkt kurz vor einem Krieg steht – wie Taiwan oder der Kosovo – oder wie die Ukraine bereits in einen Konflikt verwickelt ist, ist es oft zu spät, Washington in den Arm zu fallen.
Stattdessen lohnt es sich, andere US-Stellvertreterländer genau im Auge zu behalten – und sei es nur, um rechtzeitig irgendwelche unheimlich vertrauten Schwingungen wahrzunehmen, die ähnliche Merkmale aufweisen könnten wie frühere Operationen zu Regimewechseln durch den Westen.
Übersetzt aus dem Englischen.
Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin eines unabhängig produzierten französischsprachigen Programms, das auf Sputnik France ausgestrahlt wird. Ihre Webseite findet man unter rachelmarsden.com
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