Meinung

Wie sich die USA und Großbritannien von "kleineren Staaten" einfach nehmen, was sie wollen

Im Namen von Sanktionen, geopolitischen Interessen oder der sogenannten "regelbasierten Ordnung" tun Kolonialmächte das, was sie am besten können – sie plündern diejenigen aus, die sie als schwach und ungehorsam ansehen.
Wie sich die USA und Großbritannien von "kleineren Staaten" einfach nehmen, was sie wollenQuelle: www.globallookpress.com © H.-D. Falkenstein / imageBROKER.com

Von Daniel Kovalik

Es gibt einen alten Witz, der immer noch Resonanz findet. Ein Kind fragt seine Eltern: "Warum gibt es in Ägypten Pyramiden?" Ein Elternteil antwortet: "Weil sie zu groß waren, um sie nach Großbritannien mitzunehmen." Natürlich wird in diesem Scherz manch wahres Wort gesprochen. Tatsächlich gibt es die nicht bestätigte Überlieferung, dass Wladimir Lenin, als er in London im Exil lebte, gerne Freunde ins Britische Museum mitnahm und ihnen erklärte, wie und aus welchen fernen Ländern all diese Altertümer und Kunstwerke gestohlen worden waren.

Man müsste annehmen können, dass die Tage der kolonialen Plünderung vorbei sind, aber man würde sich irren, denn aktuelle Beispiele gibt es zuhauf. Bemerkenswert ist natürlich das Einfrieren von sieben Milliarden Dollar aus der afghanischen Staatskasse durch die USA – Gelder, die die USA weiterhin in ihrem Besitz zurückhalten, selbst wenn sie dabei zusehen müssen, wie afghanische Kinder an Hunger sterben. Anscheinend glauben die USA, dass sie, nachdem sie Afghanistan durch 20 Jahre Krieg verwüstet und davor die Unterstützung der Mudschahedin zu verantworten hatten, Anspruch auf eine Entschädigung haben. Diese auf den Kopf gestellte Art der Argumentation ist in den Köpfen derjenigen im Westen reichlich vorhanden, die einfach glauben, dass sie sich nehmen können, was sie wollen.

In ähnlicher Weise plündern die USA derzeit aus Syrien den größten Teil seines Öls – ein weiteres Land, das zu einem nicht geringen Teil von durch Washington unterstützten Militanten völlig verwüstet wurde, während Syrien selbst unter einer schweren Energiekrise leidet. Nach Angaben des syrischen Ölministeriums "stehlen die US-Besatzungstruppen und ihre Söldner" – womit die von den USA unterstützten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) gemeint sind – "jeden Tag bis zu 66.000 Barrel Rohöl (rund 10,5 Millionen Liter) von den besetzten Ölfeldern in der östlichen Provinz". Das entspricht etwa 83 Prozent der täglichen Ölförderung Syriens.

Nach Angaben des Ministeriums hat der syrische Ölsektor durch den Öldiebstahl der USA seit Kriegsbeginn bis Mitte des laufenden Jahres Verluste in Höhe von "rund 105 Milliarden Dollar" erlitten. Darüber hinaus wurde in der Erklärung hinzugefügt, dass es neben den finanziellen Verlusten, die im Ölsektor entstanden sind, auch "Verluste an Menschenleben gab, darunter 235 Getötete, 46 Verletzte und 112 Fälle von Entführung".

Einer der größten Raubzuge jedoch, den die USA je unternommen haben, war jener gegen Russland. Nach dem Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine beschlagnahmten die USA unglaubliche 300 Milliarden Dollar aus der russischen Staatskasse, die im Ausland hinterlegt waren. Dies geschah natürlich ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren und zum großen Nachteil des russischen Volkes – und wurde kaum von einem kritischen Wort westlicher Experten begleitet.

Auch der Umgang der USA mit Venezuela ist durchzogen von weiteren krassen Beispielen. Während ich diese Zeilen schreibe, bemühen sich die USA darum, ein kommerzielles Flugzeug vom Typ Boeing 747 aus Venezuela zu beschlagnahmen, mit der Begründung, dass es einst einer iranischen Fluggesellschaft gehört habe, die wiederum Verbindungen zum Korps der Iranischen Revolutionsgarde unterhielt, das von Washington als Terroristen bezeichnet wird. Das hört sich vielleicht an wie eine müde Rechtfertigung, aber die USA brauchen bei ihren Plünderungen nicht wirklich einen Grund. Sie tun es einfach.

Aber das ist alles nur die Spitze des Eisbergs. Die USA haben bereits Venezuelas größte Einnahmequelle an sich gerissen – die in den USA ansässige Ölgesellschaft CITGO – und sind nun dabei, diese Firma scheibchenweise zu verkaufen, selbst wenn Washington die Beschränkungen für venezolanisches Öl aufgehoben hat, um seine eigene Wirtschaft zu stützen. Das Vereinigte Königreich hat unterdessen beschlossen, über eine Milliarde Dollar in Gold einzubehalten, das Venezuela in einem Akt der Naivität bei der Bank von England zur sicheren Aufbewahrung hatte deponieren lassen. Und um dem Ganzen noch die Krone der Häme aufzusetzen, kritisieren die USA Venezuela unentwegt für die Härten des Alltags, die seine Bevölkerung als direkte Folge dieser Plünderungen erleiden muss.

Unterdessen verfolgt die US-Justiz nach wie vor den kolumbianischen Geschäftsmann Alex Saab, weil dieser versucht hatte, Lebensmittel und Medikamente für das venezolanische Volk zu beschaffen, dem solche Annehmlichkeiten des Lebens aufgrund von US-Sanktionen vorenthalten werden. Saab wurde 2020 auf Geheiß der USA auf den Kapverdischen Inseln verhaftet, als er sich auf dem Weg nach Teheran befand, um dort eine Lieferung für humanitäre Hilfsgüter auszuhandeln, einschließlich von Medikamenten zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, in einer Mission, mit der ihn Caracas beauftragt hatte. Trotz des Fehlens eines Auslieferungsabkommens zwischen den USA und den Kapverdischen Inseln wurde Saab in ein Bundesgefängnis nach Miami gebracht, wo er seither einsitzt, während die Mühlen der US-"Justiz" im Schneckentempo mahlen, um in seinem Fall zu einem Urteil zu kommen. Kurz gesagt, nicht nur haben die USA offen den Staat Venezuela bestohlen, sie unternehmen auch große Anstrengungen, um diejenigen zu stoppen, die versuchen, Nahrungsmittel für das venezolanischen Volk zu beschaffen.

All dies zeigt auf, dass koloniale Gewohnheiten schwer abzulegen sind und die USA immer bereit sein werden, sich der bewährten Tradition der Plünderung zuzuwenden – sei es, um sich aus einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen seit Jahren zu befreien, oder um andere Nationen zu zwingen, den geopolitischen Interessen Washingtons zu dienen. Die Tatsache, dass die USA damit jedes Mal davonkommen, zeigt, dass die Rechtsstaatlichkeit in der von Washington auferlegten "regelbasierten Ordnung" nichts anderes ist als ein Werkzeug der Mächtigen, um die Schwachen unten zu halten.

Übersetzt aus dem Englischen.

Daniel Kovalik lehrt Internationale Menschenrechte an der University of Pittsburgh und ist Autor des kürzlich erschienenen Buches "No More War: How the West Violates International Law by Using 'humanitarian' Intervention to Advance Economic and Strategic Interests".

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