Westen setzt Türkei unter Druck: Konfrontation mit Russland oder aufgerüstetes Griechenland
Von Seyed Alireza Mousavi
Während seit Februar 2022 der Krieg in der Ukraine tobt, spitzt sich die Situation auch in anderen Regionen Europas zu. Die Spannungen zwischen Griechenland und der Türkei in der Ägäis und im südöstlichen Mittelmeer nehmen seit Wochen zu. Die Türkei hat erneut die griechische Souveränität über mehrere Ägäisinseln infrage gestellt, während Griechenland begonnen hat, die griechischen Inseln in der östlichen Ägäis entgegen dem Vertrag von Lausanne aus dem Jahr 1923 zu militarisieren.
Die Türkei schickte Mitte August erneut ein Bohrschiff ins östliche Mittelmeer und ließ damit das alte Streitthema der Erkundungsbohrungen im östlichen Mittelmeer wieder hochkochen, nachdem die Türkei ihre Gaserkundungen in umstrittenen Gewässern im Mittelmeer im Jahr 2020 eingestellt hatte. Die Türkei hat am Dienstag den griechischen Militärattaché einbestellt und eine Beschwerde bei der NATO eingereicht, nachdem griechische Kampfjets türkische Kampfflugzeuge über dem Mittelmeer bedrängt haben sollen.
Die nordöstliche griechische Hafenstadt Alexandroupoli nahe der türkischen Grenze ist inzwischen zur Drehscheibe für Lieferungen von Waffen und Militärtechnik an die Ukraine geworden. Die USA schicken unter anderem über Alexandroupoli Rüstungsgüter nach Bulgarien, Polen und Rumänien, um die Ostflanke der NATO zu verstärken.
Die neue Eskalation zwischen Ankara und Athen ist nicht vom Himmel gefallen, sondern sie hängt vor allem mit dem Ukraine-Krieg zusammen. Ankara trägt die Sanktionen des Westens gegen Russland weiterhin nicht mit, und der Westen erhöht deswegen den Druck auf die Türkei, um das Land auf seine konfrontative Linie gegenüber Russland einzuschwören. Der Wirtschaftsverband der Türkei teilte inzwischen mit, er habe einen Brief des stellvertretenden US-Finanzministers Wally Adeyemo erhalten, der vor möglichen Sanktionen warnte, wenn türkische Unternehmen Beziehungen zu sanktionierten russischen Unternehmen und Einzelpersonen aufbauen. Durch den Ukraine-Krieg ist es den USA gelungen, jegliche Annäherung zwischen Europa und Russland in naher und ferner Zukunft zu verhindern. Den USA scheint die Lage in der Ukraine nun gelegen zu kommen, um die Beziehungen zwischen Russland und der Türkei zu sabotieren.
Washington spielt nun sehr kalkuliert mit der Griechenland-Karte, um die Türkei zur Änderung ihrer Kurses gegenüber Russland zu bewegen. Die USA drohten in letzter Zeit, Griechenland mit hochmodernen F-35-Kampfflugzeugen aufzurüsten und damit eine gewisse Überlegenheit der türkischen Luftwaffe über den ägäischen Inseln zu beenden. Die USA hatten die Türkei bereits vom Bau und der späteren Lieferung der F-35-Kampfjets ausgeschlossen, da Ankara im Jahr 2019 trotz der Warnungen und Proteste aus Washington das Flugabwehrsystem S-400 von Russland gekauft hatte.
Bereits 2021 hatte Griechenland seine Ausgaben für neues Militärgerät von 500 Millionen auf 2,5 Milliarden Euro verfünffacht. Im vergangenen Jahr unterzeichnete Athen unter anderem ein historisches Militärabkommen mit Frankreich. Es sieht gegenseitigen Beistand vor, falls eine Partei von einem Dritten angegriffen wird, auch wenn dieser der NATO angehört. Mit der Aufrüstung will Griechenland die strategische Rolle seines Landes als neue Bastion der NATO im östlichen Mittelmeer aufwerten. Und diese Ambition nutzen die USA als Hebel gegen die Türkei. Mit anderen Worten versucht Athen, Ankara den Rang als wichtigster sicherheitspolitischer US-Partner im östlichen Mittelmeer streitig zu machen – auch mit dem Argument, dass sich die Türkei bei der "Isolierung Russlands" quergestellt habe.
Hinzu kommt, dass Russland wohl plant, die Hafenstadt Odessa im Winter einzunehmen, seine Präsenz im Schwarzen Meer vollständig zu etablieren und damit die Bewegungsfreiheit der NATO in dieser strategisch bedeutsamen Region ernsthaft zu beeinträchtigen. Nur mit einer neuen Eskalation in dieser Region könnte Washington verhindern, dass Russland die Früchte seiner starken Präsenz im Schwarzen Meer und dem östlichen Mittelmeer erntet. Nun muss sich die Türkei entscheiden: entweder Konfrontation mit Russland oder ein massiv aufgerüstetes Griechenland in ihrer Nachbarschaft.
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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.