Meinung

Lauterbachs Widerspruchs-Inzidenz: Er weiß, dass er nichts Genaues weiß

Karl Lauterbach darf auch weiterhin annähernd ungestört und unwidersprochen widersprüchliche Thesen und Mutmaßungen über Interviews in Zeitungen oder Talkshows kundtun. Seine inhaltlichen Darlegungen variieren – bis zu nachweislichen Widersprüchen.
Lauterbachs Widerspruchs-Inzidenz: Er weiß, dass er nichts Genaues weißQuelle: www.globallookpress.com © Marcus Brandt

Von Bernhard Loyen

In der Epidemiologie und medizinischen Statistik bezeichnet der Begriff Inzidenz die Häufigkeit von Ereignissen, insbesondere neu auftretender Krankheitsfälle. Betrachtet man die zurückliegenden Monate, kann man daher in der Analyse der regelmäßigen Äußerungen eines Karl Lauterbach etwas überspitzt auch von einer sehr speziellen, ihm eigenen inhaltlichen Widerspruchs-Inzidenz sprechen.

Jüngste Beispiele betreffen Ereignisse rund um seine Coronainfektion und die widersprüchliche individuelle Auslegung und Eigendefinition damit verbundener Quarantäneregelungen für Genesene. Bei seinem letzten Auftritt in der ZDF-Talksendung Markus Lanz fragte der Moderator seinen Gast, warum der Minister für aufmerksame Außenstehende auffällig oft im Rahmen von Mitteilungen oder Interviews ihm nicht zustehende Werbung für das Pfizer-Medikament Paxlovid formuliere. 

Das folgende Video ist nicht nur ein Kandidat für das stetig wachsende Corona-Archiv, sondern ein wunderbares Beispiel für Lauterbachs Widerspruchs-Inzidenz. Auf die Frage von Lanz: "Sie machen neuerdings ständig Werbung für Paxlovid, fällt mir auf. Warum ist das so?", antwortete Karl Lauterbach:

"Ich mache da keine Werbung, ..."

Ein Welt-Artikel beschreibt die Realität mit der Feststellung: "Lauterbachs Ärger mit Paxlovid – Der Gesundheitsminister wirbt massiv für die Arznei Paxlovid. Das Mittel ist umstritten, es bleibt in den Regalen liegen. Um das zu ändern, will er mit einer alten Regel im Arzneimittelrecht brechen und macht Reklame im Selbstversuch." Nach Angaben von Gesundheitsstaatssekretär Edgar Franke im August wurden von den von Lauterbach bestellten eine Million Packungen Paxlovid bisher lediglich 460.000 Stück an den Großhandel ausgeliefert, und nach Schätzungen erst rund 30.000 davon verschrieben. 280.000 Einheiten sollen bis Februar 2023 ihr Verfalldatum erreicht haben.

Am 1. September informierte Lauterbach euphorisch auf seinem parallelen Lieblings-Informations-Portal Twitter: "Quantensprung im Kampf gegen die Pandemie. Endlich gibt es auch Impfstoffe gegen Omikron Varianten. Damit ist ein deutlich besserer Schutz für den Herbst zu erwarten." Woher weiß er das? Zudem formulierte er in ihm bekannter Art bewusst in Möglichkeiten – ein besserer Schutz sei "zu erwarten". Wie so oft, weiß der Minister sehr genau, dass auch er aufgrund wissenschaftlicher Realdaten mit Aus- und Zusagen vorsichtiger agieren sollte. Ein themenbezogenes Interview mit dem ARD-Morgenmagazin kann als ein weiteres Musterbeispiel einer drohenden Widerspruchs-Inzidenz betrachtet werden. Lauterbach wörtlich:

"Wir haben jetzt Impfstoffe, die eigentlich gegen jede bisher bekannte Variante schützen werden. Diesen neue Impfstoffe werden mit großer Wahrscheinlichkeit auch gegen die Ansteckung schützen. Der jetzige Impfstoff hat das ja nicht mehr geschafft, weil diese Omikron-Varianten (...), die sind hier nicht abgedeckt. Aber der neue Impfstoff deckt eben diese Omikron-Varianten ab, somit rechnen wir da auch wieder mit Schutz vor Ansteckung."

"Mit großer Wahrscheinlichkeit" bedeutet, er weiß es nicht genau. Kann er auch nicht. Der Statistiker Prof. Stefan Homburg begleitet mit Argusaugen kritisch kommentierend auf Twitter die schriftliche Informationsflut eines Minister Lauterbach. Auch ihm fiel die aktuelle Widerspruchs-Inzidenz auf. Homburg bemerkte:

"Lauterbach folgert "Schutz vor Ansteckung", obwohl die EMA-Zulassung ausschließlich auf Antikörpermessungen beruht. Vor ein paar Wochen hatten Lauterbach und Impfluenzerin Eckerle noch das exakte Gegenteil vertreten. Realsatire!"

Lauterbach schrieb am 19. Juli:

"Viele hoffen, dass eine Studie, die zeigen würde, in Deutschland hätten schon sehr viele Antikörper, das Ende der Pandemie bedeute. Das ist aber falsch, da der Antikörpernachweis kein Beweis ist, dass man vor einer Infektion geschützt ist. Selbst tödliche Verläufe sind dann möglich."

Die Virologin Isabella Eckerle, nicht gerade bekannt als Maßnahmenkritikerin, bestärkte den Minister in seiner Wahrnehmung und antwortete auf Twitter: "Ich bin prinzipiell der Meinung, dass es besser wäre, wenn man Daten erst auswertet und dann kommuniziert. Sonst entsteht hier ja der Eindruck, ein Antikörper-Nachweis wäre mit Schutz vor Infektion gleichzusetzen. Das wäre ja aber falsch." Homburgs Hinweis bezieht sich auf eine Mittelung der Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA).

In einer aktuellen Mitteilung zu der jüngsten Zulassung von ersten angepassten COVID-19-Auffrischungsimpfstoffen in der EU heißt es zu der Stellungnahme des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP), zugehörig zur EMA, zum Thema Wirksamkeitsstudien aus Untersuchungsdaten:

"Die Stellungnahme des CHMP zu Comirnaty Original/Omicron BA.1 stützt sich auf 2 Studien (...) Eine Studie (mit 300 Probanden) an Erwachsenen über 55 Jahren (...) ergab, dass die Immunreaktion auf die Subvariante Omicron BA.1 nach einer zweiten Auffrischungsimpfung mit Comirnaty Original/Omicron BA.1 höher war als nach einer zweiten Dosis des ursprünglichen Comirnaty-Impfstoffs (gemessen an der Menge der Antikörper gegen Omicron BA.1)."

Lauterbach bezeichnete die Ergebnisse der Antikörperstudie und die daraus resultierende Zulassung des BA.1-Impfstoffs, als einen "Quantensprung im Kampf gegen die Pandemie". Kritiker und aufmerksame Bürger erkennen einmal mehr eine erneute voreilige Wertung des Bundesgesundheitsministers, der auch diesem Falle sehr genau weiß, dass er nichts genaues weiß, wissen kann. Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl, teilte der dpa zum Thema Wirkungsgrad und Effektivität aufschlussreiche Details mit, die auch Lauterbach bekannt sein sollten. So heißt es:

"Es lägen klinische Daten vor, das Präparat sei an mehreren Hundert Probanden getestet worden. Die Antikörperreaktionen seien mit einer Kontrollgruppe verglichen worden, die ein viertes Mal den bisherigen Impfstoff bekommen hatte. Gesehen hat man bei den Menschen mit dem angepassten Impfstoff deutlich mehr Antikörper gegen die Omikron-Variante.

Prozentangaben zur Effektivität, wie es sie für die ersten COVID-19-Vakzine gegeben hatte, wurden nun nicht erhoben. Daten zum tatsächlichen Schutz vor symptomatischer Infektion, schwerer Erkrankung und Tod sind erst aus der Anwendung zu erwarten. Angestrebt wird ein besserer Schutz vor Omikron - und hierbei vor allem vor der Erkrankung, denn ein Schutz vor der Infektion werde nach der Impfung wieder nur vorübergehend bestehen."

Daten zum tatsächlichen Schutz sind also erst "aus der Anwendung zu erwarten". Lauterbach twitterte am 1. September demgegenüber, dass "ein deutlich besserer Schutz für den Herbst zu erwarten ist". Zum Thema Abschlussdaten- und Einschätzungen aus Antikörpernachweisen hieß es doch gleich: "Das ist aber falsch, da Antikörpernachweis kein Beweis ist, dass man vor einer Infektion geschützt ist. Selbst tödliche Verläufe sind dann möglich." Lauterbach, der Konjunktiv-König, der bald nackt dastehen könnte?

All das zeigt Beispiele einer vorliegenden und bedenklichen Widerspruchs-Inzidenz des Bundesministers für Gesundheit im Kabinett Scholz. Aufmerksame Bürger können auf diese für jeden erkennbaren offensichtlichen Widersprüchlichkeiten nur hinweisen. Notwendige politische Konsequenzen sollten durch zuständige Entscheider in Berlin zum Wohle der Bürger zeitnah initiiert und getroffen werden.

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