Übersehene Impftote sind "kein Fehler" – Wie Bundesrichter die Soldaten-Impfpflicht begründen
Von Susan Bonath
Fünf Monate nach der Verkündung hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) sein schriftliches Urteil vorgelegt, wonach Bundeswehr-Angehörige die Coronaimpfung dulden sollen. Die Kläger hätten ihre Begründung nicht genügend belegt, das Gericht vertraue weiter den Empfehlungen des Robert-Koch- und Paul-Ehrlich-Instituts (RKI und PEI). Klägeranwalt Wilfried Schmitz sprach gegenüber der Autorin von einem "Skandal": "Das Gericht hat unsere Argumente völlig verzerrt, das Recht auf Leben schlichtweg verneint."
Urteilsgründe voller Widersprüche
In der Tat ist das Urteil voller Widersprüche. So begründete das Gericht die Entscheidung etwa an vielen Stellen mit der längst widerlegten These, die Impfung erzeuge Fremdschutz, schütze also "Vulnerable". Dann wieder führte es aus, dass bei Omikron dieser nicht so relevant sei, aber dennoch irgendwie vorhanden.
Ein Argumentationsmuster fällt besonders auf: Die Leipziger Richter verwerfen die ausführlichen Vorträge der Kläger, unter anderem zu gravierenden Risikosignalen, mit dem Hinweis auf fehlende Belege zur Beweissicherung. Dass die für gerichtsfeste Beweise nötige Forschung bisher nicht stattfand und offensichtlich auch nicht geplant ist, spielte für die obersten Verwaltungsrichter augenscheinlich keine Rolle.
Mit anderen Worten: Weil die Behörden Indizien nicht untersuchen, fehlt der ultimative Beweis, und somit muss man ihnen eben vertrauen. "Allein diese juristische Argumentation macht sprachlos", so Anwalt Schmitz. Damit ignoriere das Gericht das Recht auf Leben und hebele letztlich den Nürnberger Kodex aus.
Kläger: "Gefahr für Leib und Leben"
Der Reihe nach: Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) hatte vor einem Jahr die Corona-Vakzine in den Katalog der von Soldaten zu duldenden Impfungen aufgenommen. Die beiden klagenden Soldaten verweigern seither diesen Befehl. Dafür mussten sie Strafen und erhebliche Nachteile in Kauf nehmen.
Vor Gericht legten die Kläger ihre Gründe ausführlich dar. Dabei kamen auch Experten zu Wort, darunter der Mikrobiologe Sucharit Bhakdi, die Zellbiologin Ulrike Kämmerer, der Datenanalyst Tom Lausen und der Pathologe Arne Burkhardt. Demnach verursachte schon das Virus keine außergewöhnliche Notlage. Die Erkrankung COVID-19 könne gut behandelt werden. Von schweren Verläufen seien vorwiegend sehr alte und schwer vorerkrankte Personen betroffen, zu denen die meisten Soldaten nicht gehörten.
Die Lage rechtfertige es nicht, Bundeswehr-Angehörige zur Einnahme neuartiger Präparate zu verpflichten, die unzureichend geprüft seien und weder vor Infektionen noch deren Übertragung schützten. Es sei nicht einmal belegt, ob und wie lange sie tatsächlich schwere Krankheitsverläufe verhinderten. Es gebe viele Hinweise darauf, dass sie sogar das Gegenteil bewirken könnten. Wolle die Bundeswehr die Ausbreitung von COVID-19 verhindern, seien Tests und Hygiene ein wirksameres und milderes Mittel.
Zudem sei inzwischen zweifelsfrei erwiesen, dass die Präparate schwere und tödliche Nebenwirkungen verursacht haben. Es seien weit mehr Fälle als zu allen bisherigen Impfstoffen gemeldet worden. Die Daten der Krankenkassen – sie hatten im Jahr 2021 rund 2,5 Millionen Arztbesuche wegen Impfnebenwirkungen registriert – sprächen für eine erhebliche Untererfassung durch das passive Meldesystem des PEI. Das wahre Ausmaß der Schäden sei bis heute nicht erforscht worden. Es bestehe Gefahr für Leib und Leben.
Fragwürdige Zahlen und seltsame Vergleiche
Das BMVg hielt dagegen: Ein vollständiger Schutz vor der Erkrankung sei für deren Verhütung nicht erforderlich. Diesen gebe es schließlich auch bei anderen Impfungen, etwa gegen Grippe, Typhus und Cholera, nicht. Für eine Impfpflicht genüge es, wenn die Präparate die Wahrscheinlichkeit von Ansteckung und schweren Verläufen reduzierten (was fraglich ist). Davon seien auch Jüngere betroffen gewesen.
Die Behörden hätten Nutzen und Risiken der Präparate bereits bei der bedingten Zulassung genau abgewogen, so das Ministerium. Dies ist schon angesichts eines damals fälschlicherweise behaupteten Fremdschutzes von bis zu 95 Prozent sowie nachträglich aufgefallener schwerer Nebenwirkungen nicht haltbar. Auch die Behauptung des BMVg ist falsch, wonach dem PEI bis Ende November 2021 "nur" 15 Todesfälle gemeldet worden seien und das Institut bei drei Fällen einen Zusammenhang mit der Impfung gesehen habe. Tatsächlich gingen bis dahin 1.919 Meldungen ein.
Das Märchen vom Fremdschutz
Seine Entscheidung begründete das Gericht zunächst seitenlang mit Allgemeinplätzen. Es verglich die Coronaimpfung etwa mit einer Malaria-Prophylaxe und führte "vernünftige Gemeinwohlgründe" für die Duldungspflicht an. An anderer Stelle mutmaßte es, die sogenannte "vierte Welle" im Winter 2021/2022 sei wohl deshalb so heftig ausgefallen, weil die Politik keine allgemeine Impfpflicht für alle eingeführt habe.
Außerdem habe die am RKI ansässige Ständige Impfkommission (STIKO) die Präparate entsprechend empfohlen. Das RKI und das PEI seien schließlich Institute "mit hochqualifizierten Fachleuten" und daher rundum vertrauenswürdig. Das PEI könne Impfschäden viel besser bewerten als die Krankenkassen.
Zudem berief sich das Gericht darauf, dass auch bei der Bundeswehr Ältere und Vorerkrankte beschäftigt seien, die es zu schützen gelte, obgleich die These vom Fremdschutz seit Langem widerlegt ist. Dann behauptete es, die Spritze schütze vor Long COVID, was nicht belegt ist. Um zu untermauern, dass die dritte Impfung vor Hospitalisierungen schütze, führte es eine israelische Studie aus dem letzten Jahr an.
Bekannte Risiken sind hinzunehmen
Laut BVerwG müssten Soldaten ein vermeintlich geringes Risiko schwerer und tödlicher Nebenwirkungen hinnehmen. Bis März 2022 seien dem PEI gut 2.800 Todesfälle gemeldet worden, bei 116 Verstorbenen habe es die Impfung als wahrscheinliche Ursache bewertet. Damit führte es die Daten aus dem vorletzten Sicherheitsbericht des dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) unterstellten PEI an.
Zu den Nebenwirkungen der verabreichten Präparate zählten laut Gericht "Risiken, wie Thrombosen, Lungenembolien, Leber- und Herzmuskelentzündungen". Da diese Gefahren aber bekannt und anerkannt seien, müssten die Soldaten diese in Kauf nehmen. Nicht be- oder anerkanntes gebe es demnach nicht.
"Keine Belege" für Spike-Produktion im Körper?
Die gesamte Beweisführung der Sachverständigen der Kläger bezeichneten die Richter als "nicht überzeugend". Weder sei belegt, dass die Präparate nie wirksam Infektionen verhindert hätten, noch dass die mRNA, ihre Verpackung, die Nano-Lipide, oder das dadurch von den Zellen produzierte Spike-Protein für den Organismus gefährlich seien.
Eine von Bhakdi angeführte Studie belege zwar, dass bei einem ersten Tierversuch achtzig Prozent der Mäuse gestorben waren, die Ursache sei jedoch eine zu stark erhöhte Dosis des mRNA-Vakzins gewesen. Einen Versuch mit kleinerer Dosis hätten dann aber alle Tiere überlebt, so das Gericht.
Mehrere Fakten widersprechen dem. Tatsächlich verzeichneten das RKI und Behörden anderer Länder von Beginn der Impfkampagne an zunehmend Impfdurchbrüche. Bereits im Februar 2021 veröffentlichte das PEI auf seiner Webseite eine Studie, wonach das Spike-Protein des Virus Gewebeschäden mit Zellfusionen auslösen kann. Zur Produktion dieses Proteins werden körpereigene Zellen durch die mRNA-Injektionen angeregt. Auch das Vakzin von Novavax transportiert Spikes in den Körper.
So beschreiben es auch die Pharmakonzerne und Behörden selbst in öffentlichen Publikationen. Fragwürdig klingen daher Sätze in der Urteilsbegründung wie dieser:
"Für die wiederholt vorgetragene These des Antragstellers, die mRNA-Impfung bewirke im menschlichen Körper die Produktion toxischer Spike-Proteine, fehlen ebenfalls ausreichende wissenschaftliche Belege."
Risikosuche – Nicht so genau, aber okay
Ausführlich wurde vor Gericht die Praxis des PEI zum Erkennen von Risiken beleuchtet. So stellte sich beispielsweise heraus, dass bis Ende März dieses Jahres allein für die mRNA-Impfstoffe der Konzerne Pfizer und BioNTech über 124.500 Verdachtstodesfälle innerhalb von dreißig Tagen nach der Spritze hätten gemeldet werden müssen, um ein Warnsignal zu erzeugen. Laut Klägern habe dies ein PEI-Vertreter sogar eingeräumt. Tatsächlich wurden bis dahin 1.369 mutmaßliche Impftote gemeldet.
Der von den Klägern und mehreren Wissenschaftlern erhobene Vorwurf: Das PEI wende die sogenannte OvE-Analyse-Methode (observed versus expected, zu Deutsch: beobachtet versus erwartet) völlig falsch an. Anstatt sämtliche nach einer Impfung aufgetretenen Todesfälle mit den Fällen zu vergleichen, die in einer entsprechenden Personengruppe insgesamt erwartet werden, stellt es die unvollständige und geringe Teilmenge von passiv gesammelten Verdachtsmeldungen der über alle Todesursachen hinweg erwarteten Zahl an Sterbefällen gegenüber.
RT DE hat diese Praxis mit Blick auf den zuletzt im September 2022 veröffentlichten Sicherheitsbericht mit Meldungen bis Ende Juni ausführlich beschrieben. Es erschließt sich schon Laien: Mit der PEI-Methode kann ein Risikosignal allenfalls bei Krankheiten rechtzeitig auffallen, die ohne Impfung äußerst selten vorkommen – wie etwa die Hirnvenenthrombosen mit gleichzeitigem Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) nach der AstraZeneca-Impfung. Bei Herzinfarkten, Schlaganfällen oder Todesfällen müsste für ein Alarmsignal die Anzahl der Schäden riesig sein.
Eine PEI-Vertreterin behauptete in der Verhandlung, dass dies in kurzen Zeitintervallen – also etwa 30 Tage nach Impfung – anders sei. Eine plausible Begründung hatte sie nicht. Das Gericht glaubte ihr trotzdem:
"Es mag sein, dass die OvE-Analyse bei der Identifizierung von Risikosignalen für Todesfälle infolge der Impfung an Grenzen stößt. Derartige Grenzen der Aussagekraft einer anerkannten und grundsätzlich geeigneten statistischen Methode entwerten allerdings die Sicherheitsberichte nicht."
Gericht: Übersehene Impftote fallen nicht ins Gewicht
Auch angeführte Warnungen von Rechtsmedizinern vor einer massiven Untererfassung von Impftoten schlug das Gericht in den Wind. Zu diesen Mahnern gehören die Pathologen Peter Schirmacher und Arne Burkhardt. Beide hatten kurz nach einer Impfung Verstorbene obduziert. Bei etlichen Fällen, in denen zuvor kein Zusammenhang gesehen wurde, habe sich die Spritze doch als Ursache entpuppt. Das Gericht sah in den nicht erfassten Impftoten aber kein Problem. Im Urteil heißt es dazu unter anderem:
"Der Sicherheitsbericht des PEI ist nicht deswegen fehlerhaft, weil er die von Professor Dr. Burkhardt behaupteten Obduktionsnachweise von vierzig weiteren Impftoten höchstwahrscheinlich nicht berücksichtigt."
Die von den Pathologen dargelegten Einzelfälle seien, so das BVerwG, "kein Beweis für eine hohe Dunkelziffer an Impfschäden und höheren Risiken". Dafür gebe es keine gerichtsfesten Belege. Auch hier greift das argumentative Muster: Wenn man handfeste Indizien eisern ignoriert, findet man auch kein Problem.
Kläger sehen ihren Vortrag und die Menschenwürde ignoriert
Klägeranwalt Wilfried Schmitz bezeichnete den Inhalt des schriftlichen Gerichtsbeschlusses in einer ersten Stellungnahme als "rechtsstaatlichen Offenbarungseid". "Soweit es um tatsächliche Feststellungen geht, findet sich in fast jedem Absatz eine grobe Sachverhaltsverzerrung", so Schmitz. Die Klägerseite habe alles, was PEI, RKI und Bundeswehr vorgetragen hätten, "nachträglich erschüttert". Im Urteil behaupte das Gericht wiederholt pauschal das Gegenteil. Es habe die Beweise der Kläger kaum gewürdigt. Schmitz weiter:
"Jeder Jurastudent weiß, dass eine konkrete Gefährdung des Lebens einen Eingriff in das Grundrecht auf Leben darstellt. Aber selbst das wurde – in absoluter Willkür – dementiert, mit dem Argument, dass die COVID-19-Injektionen keinen 'finalen Eingriff darstellen, weil eine Erhöhung des Sterblichkeitsrisikos weder bezweckt noch bewirkt werde.'"
Dass offiziell natürlich nicht bezweckt werde, die Sterblichkeit zu erhöhen, sei kein Argument dafür, dass selbiges nicht geschehe. Dafür gebe es sehr wohl Indizien, so Schmitz. Die Kläger hätten dies mit "tonnenweise offiziellen Daten" untermauert. In fast ganz Europa grassiere seit Monaten eine Übersterblichkeit. Den Zusammenhang mit den Impfungen könne niemand ausschließen, dieser liege vielmehr sogar nahe. Auch sei bewiesen, dass Menschen durch die Impfung gestorben oder schwer erkrankt sind. "Das Gericht hat unseren Vortrag ignoriert und die Menschenwürde mit Füßen getreten."
Mehr zum Thema – Pfizer-Dokumente: Was Konzern und Behörden über Risiken der mRNA-Präparate wussten
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