Deutschland als Kriegspartei – Deutsche Panzer an die Ostfront!
von Thomas Röper
Das Mantra des deutschen Kanzlers Scholz der letzten Monate war eindeutig: "Bei Waffenlieferungen an die Ukraine wird es keine deutschen Alleingänge geben!"
Scholz hat nichts gegen Waffenlieferungen aller Art
Die Aussage war nicht etwa ein Ausdruck des Zauderns des Bundeskanzlers, wie die Medien irrtümlich meinten, sondern vollkommen ernst gemeint. Scholz hat nichts gegen die Lieferung jeder Art von Waffen für den Krieg gegen Russland, er will nur nicht der Erste sein, der das tut. Daher hat der französische Präsident Macron Scholz am Mittwoch den Gefallen getan, die Lieferung älterer französischer Spähpanzer vom Typ AMX-10 RC zu verkünden. Auch die USA haben kurz darauf die Lieferung von Bradley-Schützenpanzern an Kiew genehmigt. Daraufhin war für Scholz der Weg frei, am Freitag nach einem Telefonat mit US-Präsident Biden ebenfalls die Lieferung von Marder-Schützenpanzern an Kiew freizugeben.
Damit ist bereits klar, dass Scholz auch die Lieferung von Leopard-Panzern gestatten wird, sobald der erste NATO-Staat beginnt, Kampfpanzer westlicher Bauart an Kiew zu liefern. Dabei handelt es sich also nur um eine Frage der Zeit.
Deutschland liefert der Ukraine außerdem eine Patriot-Flugabwehrbatterie, was Scholz vor einigen Wochen noch vehement abgelehnt hat, als es um die Lieferung einer Patriot-Flugabwehrbatterie an Polen ging, die Polen in der Ukraine stationieren wollte. Aber es ist das gleiche Spiel wie bei den Panzern: Scholz wollte nur nicht der Erste sein, und nachdem die USA im Dezember die Lieferung von Patriot-Flugabwehrbatterien an die Ukraine gestattet hatten, hat Scholz nun zusammen mit den Marder-Panzern auch die Lieferung einer Patriot-Flugabwehrbatterie der Bundeswehr an Kiew freigegeben.
Gemäß Völkerrecht ist Deutschland im Krieg gegen Russland
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat schon am 16. März 2022 ein 12-seitiges Gutachten herausgegeben, in dem er der Frage nachgegangen ist, ab wann ein Staat Kriegspartei im russisch-ukrainischen Konflikt wird. Ich habe über das Gutachten ausführlich berichtet ‒ meinen Artikel finden Sie hier.
Im Kern stellte das Gutachten zwei Themenfelder fest, bei denen Deutschland aus völkerrechtlicher Sicht zu einer Kriegspartei werden kann. Waffenlieferungen machen Deutschland demnach nicht zu einer Kriegspartei, aber:
"Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen."
Da ukrainische Soldaten in Deutschland an NATO-Waffensystemen ausgebildet werden, ist dieser Punkt erfüllt. Sowohl die US-Armee bildet ukrainische Soldaten in Deutschland aus als auch die Bundeswehr. Auch für die Marder-Panzer und vielleicht sogar für die Patriot-Flugabwehrsysteme dürften die ukrainischen Soldaten in Deutschland ausgebildet werden.
Das zweite Themenfeld, bei dem Deutschland aus völkerrechtlicher Sicht zu einer Kriegspartei werden kann, ist die Übermittlung von Geheimdienstinformationen. Dazu heißt es in dem Gutachten:
"Hier sind die genauen Umstände entscheidend: Je substanzieller die Unterstützung wird und je abhängiger die unterstützte Partei, also die Ukraine in unserem Fall, davon ist, desto näher kommt man der roten Linie. Strategisch relevante Geheimdienstinformationen fallen dabei natürlich ins Gewicht. Ihrer Natur gemäß sind sie aber natürlich geheim und für die gegnerische Seite nicht oder nur schwer nachzuweisen."
Dass die USA die Ukraine nicht nur mit Geheimdienstinformationen in Echtzeit versorgen und der Ukraine bei der Auswahl von Angriffszielen helfen, sondern sogar aktiv in die militärischen Planungen der Ukraine eingebunden sind, ist bekannt. Die USA sind damit aus völkerrechtlicher Sicht in jedem Fall Kriegspartei gegen Russland.
Der BND liefert Daten an die Ukraine
Anfang Oktober 2022 wurde bekannt, dass auch der BND die Ukraine mit Geheimdienstinformationen versorgt. Darüber berichtete die Zeit, in deren Artikel man Folgendes erfahren konnte:
"Die Analysen und Aufklärungsergebnisse, darunter Geodaten, können in die Kriegsplanung einfließen und der ukrainischen Armee dabei helfen, Kampfkraft und Moral russischer Einheiten einzuschätzen oder ihre Stellungen zu überprüfen. Die Daten-Lieferungen sind der geheimdienstliche Teil der Zeitenwende.
Die Informationen stammen vom Bundesnachrichtendienst (BND). Sie speisen sich aus Satellitenbildern, abgefangenen Funksprüchen und Mobiltelefongesprächen."
Außerdem will der BND überprüft haben, ob dieses Vorgehen eine deutsche Kriegsbeteiligung bedeutet:
"Um sicherzugehen, gab der BND im Mai eine Prüfung der 'rechtlichen Zulässigkeit von Übermittlung targeting-fähiger Informationen an die Ukraine' in Auftrag. Ergebnis: Die Daten-Weitergabe sei gesetzeskonform und bedeute völkerrechtlich keinen Kriegseintritt Deutschlands."
Das Gutachten, dass der BND in Auftrag gegeben hat, würde ich gern mal sehen, denn offensichtlich kommt es zu einem anderen Ergebnis als das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Wie aktiv der BND bei der Übermittlung der Informationen ist, haben wir auch erfahren:
"Andererseits hören und sehen die Deutschen in der Ukraine Details über die russische Armee, die den Ukrainern manchmal entgehen – Satellitenaufnahmen eines russischen Flugfeldes etwa, bei dem der BND die genaue Lage und Zahl der Flugzeuge erfassen konnte. Oder Hinweise auf ein russisches Munitionsdepot. Aber weil die Daten oft mit der Verzögerung von bis zu mehreren Tagen übermittelt werden, seien sie 'nicht unmittelbar' für die Planung und Steuerung tödlicher Angriffe nutzbar, heißt es in Berlin. Manchmal teilt der BND Satellitenbilder, manchmal nur Textberichte über das, was zu sehen ist. Eine der Auflagen lautet, nur Aufnahmen aus der Ukraine selbst zu übermitteln, keine aus Russland. Insgesamt haben die Deutschen bislang weit mehr als hundert Hinweise geschickt, im Schnitt mehr als einen pro Tag."
Ist Deutschland Kriegspartei?
Dass der BND damit zu weit geht, stand auch in dem Artikel:
"Scholz geht mit der neuen Praxis ein erhebliches Risiko ein. Er bewegt sich entlang einer politischen Kontaktlinie, deren genauer Verlauf nicht bekannt ist – allein der russische Präsident entscheidet, wann er sie für überschritten hält. (…) Intern haben sich die Deutschen von Anfang an keine Illusionen gemacht, dass der diskrete Informationsfluss verborgen bleibt. Das ukrainische Militär sei zu sehr von russischen Informanten durchdrungen, als dass sich eine so wichtige Operation verheimlichen ließe. Die Russen, heißt es in Berlin, wüssten längst Bescheid."
Im Klartext bedeutet das, dass die deutsche Regierung bewusst volles Risiko fährt und sich de facto an dem Krieg gegen Russland beteiligt hat. Da sind die Lieferungen von Panzern gegen Russland nur konsequent.
Ob das allerdings eine gute Idee ist, steht auf einem anderen Blatt.
Thomas Röper ist Herausgeber und Blogbetreiber der Webseite Anti-Spiegel. Dieser Artikel wurde zuerst am 7. Januar auf Anti-Spiegel veröffentlicht.
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