Die Europäische Union: Verliererin im Ukraine-Konflikt – egal wie er ausgeht
Von Gert Ewen Ungar
Glaubt man westlichen Medien, dann ist die Ukraine auf dem Weg, einen Krieg gegen Russland zu gewinnen. Nicht nur die jungen Republiken im Donbass seien, auch die Krim sei bald wieder ein Teil der Ukraine. Was man dafür brauche, seien vor allem Waffenlieferungen und finanzielle Unterstützung. Soweit die Mär, die offenbar von den Verantwortlichen in der EU geglaubt wird.
Hört man dagegen auf Militärexperten, dann sollte sich die Ukraine besser zügig an den Verhandlungstisch bewegen und auch einen "Diktatfrieden" akzeptieren. Bereits im November äußerte sich der Stabschef der US-Armee Mark Milley in diesem Sinne. Der Krieg sei militärisch nicht zu gewinnen, stellte er fest. Solche Stimmen mehren sich. Russland hat das Potential, militärisch weiter zu eskalieren. Selbst der NATO-Generalsekretär sieht die NATO in einem Dilemma, denn durch die Ausweitungen der Waffenlieferungen droht sie selbst, eindeutig Konfliktpartei zu werden, und mit jeder weiteren Intensivierung droht daher auch, dass der Konflikt außer Kontrolle gerät. Das wäre für Europa fatal.
Schaut man auf die ökonomischen Indikatoren, dann sieht es noch düsterer aus. Das BIP der Ukraine ist im vergangenen Jahr um über 30 Prozent eingebrochen. Die militärische Antwort Russlands nach dem Terroranschlag auf die Krim-Brücke hinterlässt nun der Ukraine eine zerstörte Infrastruktur im Energiebereich. Aufgrund der umfassenden Waffenlieferungen des Westens, vor allem per Bahn abgewickelt, wurde auch das Schienennetz bereits schwer beschädigt. Hinzu kommt, dass bereits rund 20 Prozent der ukrainischen Bevölkerung das Land verlassen haben. Sie stehen für die Wirtschaft nicht zur Verfügung. Die Ukraine ist ökonomisch am Ende. Sie ist vollständig auf ausländische Geldgeber angewiesen. Die Ukraine sitzt zudem in der Schuldenfalle und wird nicht in der Lage sein, die von der EU zur Verfügung gestellten Gelder zurückzuzahlen.
Für die EU bedeutet das: Die der Ukraine gewährten Kredite werden die Haushalte der EU-Staaten als zusätzliche Schulden belasten, denn die EU-Kommission hat zur Finanzierung des Krieges gemeinsame Anleihen ausgegeben, für die alle EU-Staaten nun gemeinsam haften. Dieses Geld wurde und wird weiterhin der Ukraine zur Verfügung gestellt. Das ist die bittere ökonomische Realität. Die Ukraine ist ruiniert und die EU trägt die Last.
Die Idee, die Ukraine könne einen Sieg über Russland erringen, wenn noch mehr Waffen geliefert würden, ist Träumerei. Waffenlieferungen verlängern lediglich diesen Krieg. Die Ukrainer selbst werden für eine längst verlorene Sache verheizt. Die Beteuerungen deutscher Politiker (und vor allem deutscher Politikerinnen), mit Waffenlieferungen würde Deutschland nicht zur Kriegspartei, denn es gebe dafür klare völkerrechtliche Regeln, ist bestenfalls naiv oder einfach eine absichtsvolle Täuschung. Diese Regeln gibt es nicht.
Wenn Russland für sich zu dem Ergebnis kommt, die NATO sei in den Krieg eingetreten, dann beschreibt genau das der Status Quo: Die NATO liefert Waffen, die NATO liefert Daten, die NATO steuert, was auf dem Gefechtsfeld passiert. Was die NATO, die EU und Deutschland aktuell am stärksten davor schützt, Kriegspartei zu sein, ist vermutlich die russische Sprachregelung, nach der sich Russland mit der Ukraine eben nicht in einem Krieg befindet.
All diejenigen, die diese Sprachregelung verhöhnen, sollten sich überlegen, ob nicht dies gerade ihren eigenen Schutz vor weiterer Eskalation darstellt, der von Russland allerdings zu jedem beliebigen Zeitpunkt zurückgenommen werden kann. Russlands Sprachregelung, nicht von einem Krieg zu sprechen, ist damit auch ein Schutz Europas vor sich selbst, vor der Konsequenz der offenbarten Unfähigkeit der EU und der EU-Staaten zur Diplomatie. Die EU ist noch nicht im Krieg – aber nur von Russlands Gnaden. Der Kriegseintritt der EU hängt somit unter anderem an einer ganz schlichten, offiziellen russischen Sprachregelung.
Die EU jedoch interessiert sich für all das nicht, interessiert sich nicht mehr für Diplomatie, interessiert sich nicht für militärische Expertise, interessiert sich auch nicht für wirtschaftliche Konsequenzen, sondern sichert der Ukraine volle und vor allem bedingungslose Unterstützung zu. Es sei die Ukraine, die festlege, ab welchem Zeitpunkt sie Verhandlungen mit Russland aufnehmen wolle. Die EU setzt nicht nur alles auf einen Sieg der Ukraine, sondern begibt sich faktisch freiwillig in eine diplomatische Sackgasse. Sie gibt ohne Not die Möglichkeit der eigenen politischen Mitsprache über den Konflikt und der mäßigenden Einflussnahme auf die Ukraine auf. Dabei ist ein militärischer Sieg der Ukraine mehr als nur unwahrscheinlich, er ist unmöglich. Die EU aber hat dafür keinen Plan B.
Die EU handelt daher fahrlässig – und die Konsequenzen sind absehbar. Fahrlässig handelt sie auch mit der Verabredung zu einer intensivierten Zusammenarbeit mit der NATO, die heute beschlossen wurde. Es ist absehbar, dass die EU damit ihre Souveränität aufgibt und sich militärisch und wirtschaftlich noch stärker in Abhängigkeit von den USA begibt. Das ist gleich in mehrerer Hinsicht fatal, denn neben dem Konflikt in der Ukraine planen die USA die globale Ausweitung ihrer Konfrontation verstärkt gegen China.
NATO + EU = WEFUrsula von der Leyen verkündet nichts anderes, als die Maßnahmen und Ziele des WEF umzusetzen.Russland und China dienen als Vorwand.Die "neue" Zusammenarbeit zwischen NATO und EU ist nichts anderes als das Feigenblatt für die WEF-Weltregierung! pic.twitter.com/5uul3NwmM8
— Wahrheit kann weh tun! (@TruthReposter) January 10, 2023
In ihrer Verlautbarung zur Intensivierung dieser Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO machte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen deutlich, dass ein Ziel dessen die Einhegung Chinas sei. Die EU eröffnet ohne Not eine zweite Front, die sie absehbar weiter schwächen wird.
Absehbar ist auch, dass die EU dadurch weiter an Eigenständigkeit verlieren wird. Schon durch den Verzicht auf russisches Gas hat sich die EU in eine umfassende Abhängigkeit von US-amerikanischen Flüssiggas-Lieferungen begeben. Durch den höheren Preis des LNG wird für alle erkennbar bereits die Wettbewerbsfähigkeit der EU geschwächt. Gleichzeitig verfügen die USA damit über ein weiteres politisches Druckmittel, das sie im Gegensatz zu Russland auch skrupellos einsetzen werden – da kann man sich sicher sein. LNG gibt es nur für politisches Wohlverhalten.
Die EU-Granden interessiert all das nicht. Dabei ist Verhältnis zu den USA nicht unbelastet. Mit dem Inflation Reduction Act setzt die Administration Biden den von Trump eingeschlagenen Weg des "America First" unbeirrt fort. Mit ihm hatten die Vereinigten Staaten der EU faktisch schon den Wirtschaftskrieg erklärt, denn er benachteiligt "grüne" Technologie aus der EU zugunsten derjenigen von Produzenten in den USA.
Dass Nord Stream den USA schon immer ein Dorn im Auge war, ist auch kein Geheimnis. Dass die Sprengung der Pipeline im Interesse der USA ist, ebenfalls nicht. Die EU wird dadurch ökonomisch geschwächt und die Abhängigkeit von den USA vertieft. Der Blick auf das transatlantische Bündnis ist daher vonseiten der EU und auch Deutschlands verklärend, um nicht zu sagen: naiv. Die USA haben die transatlantische "Partnerschaft" längst einseitig aufgekündigt und in ein transatlantisches Verhältnis der Abhängigkeit Europas transformiert. Ziel der USA war und ist dabei die Schwächung des Konkurrenten EU als Wirtschaftsbündnis.
Hinzu kommt, dass es innerhalb Europas bereits ein weiteres, erstarkendes Bündnis mit den USA gibt, das sich gegen die Interessen der EU als Ganzes richtet. Polen, die baltischen Staaten und die Ukraine setzten alles auf eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit den USA. Insbesondere Polen, aber auch die baltischen Staaten, scheren regelmäßig und keineswegs zufällig aus der von der EU-Kommissionspräsidentin vielbeschworenen Einigkeit der EU aus und preschen vor, insbesondere, was die Eskalation des Ukraine-Konflikts angeht. Aktuell setzt Polen Deutschland im Hinblick auf die Lieferung von Leopard-Panzern unter Druck. Auch von der polnischen Forderung nach Reparationsleistungen Deutschlands profitierten vor allem die USA, weil es den Zusammenhalt innerhalb der EU weiter schwächt.
Hintergrund ist, dass die USA an Einfluss in Osteuropa gewinnen und dafür die EU durch Spaltung schwächen wollen. Die Drei-Meeres-Initiative ist ein Staatenbündnis und umfasst neben Polen und den baltischen Staaten noch die Ukraine, Bulgarien, Kroatien, Rumänien und Österreich. Als Deutschland 2018 Mitglied werden wollte, wurde ihm eine Partnerschaft ohne Stimmrecht angeboten. Die Ukraine wurde 2022 dagegen unmittelbar – in einer Videokonferenz – aufgenommen. Die USA haben zur Finanzierung dieser Initiative beigetragen und sind dort ein wichtiger Partner. Mit der Initiative soll die Zusammenarbeit der Länder im Hinblick auf Politik, Infrastruktur, Sicherheit und im Energiebereich verbessert und gestärkt werden.
Geplant war von dieser Initiative schon während des Betriebs der noch intakten Stränge von Nord Stream 1 die künftige Diversifizierung der Gaslieferungen unter Umgehung von Russland und Deutschland. Zwar beteuern die beteiligten Länder, es handele sich nicht um eine Konkurrenz-Organisation zur EU, was allerdings wenig glaubhaft klingt. Denn warum es eines weiteren europäischen Staatenbündnisses unter Beteiligung der USA für eine intensivere Zusammenarbeit von überwiegend in der EU vereinten Ländern bedarf, ist schlicht nicht schlüssig erklärbar.
So wird immer deutlicher, dass neben Deutschland die EU die große Verliererin des Ukraine-Konflikts werden wird.
Wirtschaftlich wird die Ukraine die EU vor große Herausforderungen stellen. Die von der EU gegeben Integrations-Versprechen gegenüber der Ukraine werden die EU ökonomisch massiv belasten. Gleichzeitig lässt sich die EU zum eigenen Nachteil immer weiter auch noch in einen völlig unnötigen Konflikt mit China einbinden. Dabei ist China für die EU ein bedeutender Markt, Rohstoff-Lieferant und Technologie-Partner. Gleichzeitig ist klar, dass die USA auch dabei die Absicht haben, die EU zu spalten. Diplomatisch unwillig und bestenfalls ungeschickt und ohne über ein Ausstiegsszenario zu verfügen, eskaliert die EU zudem den Ukraine-Konflikt immer weiter. Die EU-Granden glauben offenbar, sie könnten die Kosten am Ende Russland aufbürden, wobei das Ziel eines militärischen Sieges der Ukraine nicht realistisch ist. Die Kriegskosten werden von der EU und ihren Mitgliedsstaaten zu tragen sein.
Das bedingungslose Festhalten am transatlantischen Bündnis sowie die ebenfalls bedingungslose Unterstützung der Ukraine bei gleichzeitiger Ausblendung des schwelenden Konflikts mit den USA, die versuchen, die EU als Konkurrentin auszuschalten und zu schwächen – all das wird die EU zur großen Verliererin in diesem Konflikt machen. Sie wird geopolitisch marginalisiert, innerlich zerstritten und wirtschaftlich geschwächt aus dem Konflikt hervorgehen.
Mehr zum Thema – Niedergang der Ukraine – Die wahre Jahresbilanz des Wladimir Selenskij
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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.