Die – unsichtbare – Hand Moskaus am Capitol Hill
Von Kirill Benediktow
Die betroffenen Kongressabgeordneten Eric Swalwell und Adam Schiff wurden umgehend zu einem Interview mit der MSNBC-Moderatorin Joy Reid eingeladen. Die dunkelhäutige Tochter von Immigranten aus Guyana ist in den US-Medien als verbiesterte Verächterin von Donald Trump bekannt (im Jahr 2019 veröffentlichte sie das Buch "The Man Who Sold America", woraufhin die demokratische Presse begann, sie als "Heldin des Anti-Trump-Widerstands" zu bezeichnen). Es überrascht nicht, dass sie Swalwell und Schiff als Erstes fragte, ob sie ihren Rauswurf aus dem Ausschuss nicht als Rache für den Versuch betrachten, gegen Trump ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten. Immerhin waren die beiden Demokraten engagierte Befürworter der Initiative, die 2020 und 2021 kläglich scheiterte. "Ich finde keinen anderen legitimen Grund, warum Sie nicht in diesem Ausschuss sein sollten als diesen", rief Reid aus. "Können Sie das?"
Die Kongressabgeordneten stimmten ihr ohne zu zögern zu. Selbstverständlich verbirgt sich hinter all den Intrigen auf dem Capitol Hill Trumps finsterer Schatten – wessen sonst? "Ich denke, dass McCarthy damit versucht, seinem Chef in Mar-a-Lago zu gefallen", sagte Schiff. "Doch abgesehen von dem, was er mir oder Eric antut, schadet McCarthy dem Geheimdienstausschuss, indem er diesen als politisches Spielzeug benutzt."
Hierzu muss man wissen, dass der Geheimdienstausschuss einer der wichtigsten Ausschüsse des US-Kongresses ist. Ihm untersteht der gesamte Geheimdienst des Landes, einschließlich der entsprechenden Abteilungen der Ministerien für Sicherheitsfragen und zivile Angelegenheiten. Gerade von hier aus, aus dem Geheimdienstausschuss, "sickern" professionell dosierte Informationen oder Desinformationen, die zur Bearbeitung der öffentlichen Meinung notwendig sind, an die Presse. Es genügt zu sagen, dass Adam Schiff seine Position seit dem Amtsantritt Trumps genutzt hat, um den Chef des Weißen Hauses der geheimen Absprachen mit Russland zu beschuldigen. Noch im März 2017 behauptete Schiff in einer MSNBC-Sendung, direkte Beweise einer Verschwörung zwischen Trump und den Russen während des Wahlkampfs gesehen zu haben – und von diesem Weg ist er nie mehr abgekommen.
Auch Swalwell enttäuschte nicht. Er sagte, Schiff sei ein "furchtloser Anführer während des Amtsenthebungsverfahrens" gewesen, und deshalb seien die Trumpisten über ihn, Swalwell selbst und Ilhan Omar hergefallen (diese radikale Linke wurde vom neuen Vorsitzenden aus dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten entlassen). Allerdings geht es um mehr als um die Begleichung persönlicher Rechnungen. "Die Rede ist davon, wer jetzt Zugang zu streng geheimen Informationen hat", hetzte Schiff. Die Moderatorin griff das sofort auf: Jetzt, nachdem solch unerschütterliche Kämpfer für die Demokratie wie Schiff und Swalwell dem Geheimdienstausschuss fernbleiben, wird dieser unter die Kontrolle der Republikaner kommen, und diese "könnten von Russland beeinflusst werden", zumal einige Kongressabgeordnete nicht mehr gewillt sind, weitere Mittel zur Finanzierung des Krieges in der Ukraine auszugeben.
"Dort gibt es Leute, von denen wir nicht genau sagen können, auf welcher Seite sie stehen", predigte Reid. "Personen, die sich auf die Seite der Russen gestellt haben. Im Geheimdienstausschuss! Ich weiß nicht, ob wir diesen Leuten Informationen zur nationalen Sicherheit anvertrauen können. Sie können diese Informationen an Donald Trump und Gott weiß wen noch weitergeben!"
Möglicherweise ist Joy Reid nicht im Bilde, dass ehemalige US-Präsidenten das Recht haben, nachrichtendienstliche Informationen zu erhalten, unabhängig davon, was dunkelhäutige liberale Medienmoderatoren davon halten.
Die beiden Kongressabgeordneten unterließen es jedoch, sie zu korrigieren, im Gegenteil – Swalwell griff den Gedanken sofort auf und entwickelte diesen sogar ziemlich kreativ weiter. Er bestätigte, dass er und Schiff sehr besorgt darüber seien, dass einige Republikaner "eine Sympathie oder einen Wunsch haben ... die Anordnungen Putins zu befolgen, und nicht die Amerikas", und dass "mehr und mehr Leute auf ihren (Republikaner-)Konferenzen gegen die Finanzierung der Ukraine oder die Unterstützung der Ukraine stimmen".
Im Allgemeinen geschehen auf dem Capitol Hill beängstigende Dinge, wenn man den verbannten Kongressabgeordneten zuhört: Eines der wichtigsten Komitees des Kongresses geriet unter die Kontrolle Moskaus, und die Putin-Sympathisanten sind dabei, den Hahn zuzudrehen, aus dem es Gold auf Kiew regnet.
Kann das alles wirklich wahr sein? Leider nein.
Schiff und Swalwell wurden nicht deshalb aus dem Geheimdienstausschuss abberufen, weil ihre Anwesenheit dort dem Kreml missfiel. Die beiden "Kämpfer für die Demokratie" haben Leichen im Keller.
Noch im Juni 2022, lange vor den Zwischenwahlen, als die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus erlangten, schwor Kevin McCarthy auf Fox News, dass im Falle seiner Wahl zum Parlamentspräsidenten weder Schiff noch Swalwell weiterhin dem Geheimdienstausschuss angehören würden. Schiff log der Nation vier Jahre lang [ins Gesicht] über Trumps geheime Absprachen mit den Russen und ist daher nicht vertrauenswürdig. "Schaut euch diesen Adam Schiff an – er sollte nicht im Geheimdienstausschuss sitzen, wenn er offen und absichtlich ein falsches Dossier verwendet hat, die Öffentlichkeit belogen hat ... und behauptet, er wolle dies auch weiterhin tun", sagte McCarthy. Er beschuldigte Schiff für das beschämende Versagen der USA in Afghanistan. "Weshalb ist Afghanistan so schnell zusammengebrochen? War der Geheimdienstausschuss unter Adam Schiff auf die Amtsenthebung fokussiert und nicht auf die Sicherheit der Vereinigten Staaten? Warum überqueren Menschen, die auf der Liste der Terroristen stehen, unsere Grenze? Was wird dagegen unternommen?"
Die Antwort ist – nichts. Die Kongressabgeordneten haben keine Zeit, sie suchen die "Hand Moskaus".
Was Swalwell angeht, ist es sogar noch schlimmer: Er hatte eine (nicht nur geschäftliche) Beziehung zu einer gewissen Christine Fang, die von den US-Medien offen als "chinesische Spionin" bezeichnet wird.
Der Skandal um Swalwell und Fang entflammte Ende 2020, als die Webseite Axios eine Recherche über die Aktivitäten des chinesischen Geheimdienstes im Golden State veröffentlichte. Dabei stellte sich heraus, dass die Chinesen mehrere vielversprechende kalifornische Politiker, darunter auch Swalwell, sorgfältig umworben hatten. Fang sammelte Geld für Swalwells Wahlkampagne, und als er zum Kongressabgeordneten wurde, arrangierte sie in seinem Büro einen Bekannten als Praktikanten. Die Journalisten verdächtigten Fang, mit Swalwell eine Affäre gehabt zu haben, aber es gab keine direkten Beweise. Um genau zu sein, die Beweise fanden sich schon, doch sie wurden als geheim deklariert. Ein Bericht über die "komplizierten und intimen Einzelheiten" der Beziehung zwischen Swalwell und Christine Fang wurde von den US-Geheimdiensten bereits im Jahr 2021 erstellt, jedoch wurde er nie veröffentlicht. Darüber hinaus, ungeachtet des Skandals, setzten sich sowohl die damalige Vorsitzende des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi als auch Adam Schiff für Swalwell ein und verhinderten, dass die Republikaner ihn aus dem Geheimdienstausschuss entfernten.
Stellen Sie sich das einmal vor: Ein Kongressabgeordneter mit engen Verbindungen zum chinesischen Geheimdienst saß trotz aller Enthüllungen in der Presse weiterhin in dem wichtigsten Kongressausschuss, wo Informationen von allen US-Geheimdiensten zusammenfließen. Und gedeckt wurde er von einem Mann, der den Amerikanern vier Jahre lang von Trumps mythischer "Verschwörung" mit dem Kreml erzählte.
"Lasst es mich ganz direkt sagen: Wenn ihr den Bericht gesehen hättet, den ich vom FBI erhalten habe, würdet ihr Swalwell keinen Sitz in irgendeinem Ausschuss geben", sagte Kevin McCarthy vor Reportern.
Aber eines ist klar: Weder Schiff noch Swalwell können es akzeptieren, wegen wiederholter Lügen und Zusammenarbeit mit dem chinesischen Geheimdienst der Kommission enthoben zu werden. Es ist wohl vorteilhafter, das Ganze so aussehen zu lassen, als ob sie von "Putin-Sympathisanten" beseitigt worden wären.
Zur besseren Überzeugung hat sich ein Pärchen aus Kalifornien bereit erklärt, eine gemeinsame Erklärung mit Ilhan Omar aus dem berüchtigten "Squad" abzugeben, die bis vor Kurzem dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten angehörte. Die Republikaner wollen sie nun loswerden – zu groß ist der Schaden, den diese fanatische Antisemitin aus Somalia den traditionell freundschaftlichen Beziehungen Washingtons zu Israel zufügt. Doch auch hier können die Demokraten nicht ehrlich sein und versuchen, die Wähler davon zu überzeugen, dass es eine Art "Verschwörung" bzw. geheime Absprachen zwischen McCarthy und den Trumpisten gebe, die der neue Vorsitzende als Gegenleistung für die Unterstützung derjenigen republikanischen Parteimitglieder eingegangen sei, die zunächst gegen seine Kandidatur waren.
In dieser ganzen Phantasmagorie steckt ein Körnchen Wahrheit: Die Elefanten wollen sich tatsächlich an den Eseln für die Absetzung zweier ihrer Parteifreunde aus den Kongressausschüssen im Jahr 2021 rächen. Damals verloren der Republikaner Paul Gosar aus Arizona und die Republikanerin Marjorie Taylor Green aus Georgia ihre Ämter unter massivem Druck der Demokraten. Sie sind beide begeisterte Anhänger von Präsident Trump und skeptisch gegenüber Washingtons Unterstützung für das Kiewer Regime ("Die Ukraine ist uns kein Verbündeter. Russland ist nicht unser Feind. Wir müssen unsere Probleme mit den traumatisierenden Schulden, der Inflation und der Einwanderung lösen. Nichts davon ist Putins Schuld", erklärte Gosar im Mai 2022). Zu dem Zeitpunkt waren die Demokraten von ihrer Straffreiheit überzeugt und bereiteten sich ernsthaft auf eine jahrelange Dominanz ihrer Partei vor. Nun ist die Zeit gekommen, die Rechnung zu bezahlen, was die Esel, wie alle Linken, nicht gerne tun. Aus diesem Grund bemühen sie sich so sehr, die berüchtigte "Hand Moskaus" in den dunklen Hinterzimmern des Kongresses zu finden, doch stattdessen stoßen sie entweder auf chinesische Agenten oder ihre eigenen amerikanischen Profi-Lügner.
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Übersetzt aus dem Russischen.
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