Meinung

Unfassbare Heuchelei der Ukraine: Kiew tritt Andenken an den Befreier der Stadt mit Füßen

Wenn es opportun ist (etwa bei einem Gedenken in Auschwitz), versucht die Ukraine, den Sieg im Zweiten Weltkrieg mit Geschichtsfälschung für sich zu vereinnahmen. Tatsächlich hat sie sich seit 2014 in die Tradition von Hitler-Kollaborateuren gestellt. Das Andenken von Antifaschisten tritt sie – regelmäßig und am Freitag wieder – mit Füßen.

Von Marina Achmedowa

Im Jahr 2020 war der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij in Polen zu Besuch gewesen, um den Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau zu würdigen. Der Präsident Polens Andrzej Duda hatte als Erster das Wort ergriffen und herumgeeiert, ohne ein Wort über die Rote Armee zu verlieren. Doch gerade diese hatte das Lager befreit. Duda hatte behauptet: "Soldaten der Ukrainischen Front haben 7.000 Gefangene befreit ..." Der gehorsame Selenskij war gefolgt und hatte die Rote Armee nicht erwähnt, auch er hatte in einem bewussten Täuschungsversuch nur von der 1. Ukrainischen Front gesprochen. Selenskij hatte erklärt, die Ukrainer und die Polen würden niemals die Soldaten des Stoßtrupps der 100. Lwower Division vergessen, die in das Lager gestürmt waren und es zusammen mit anderen Soldaten der 1. Ukrainischen Front befreit hatten.

Doch die 100. Lwower Division hatte ihren Namen nicht bekommen, weil sie aus Einwohnern Lwows gebildet worden wäre (das war sie nicht), sondern weil sie sich in den Kämpfen um die Befreiung dieser Stadt ausgezeichnet hatte. Auch die 1. Ukrainische Front trägt den Namen nicht, weil sie aus Ukrainern bestanden hätte (tatsächlich war im Jahr 1945 rund ein Viertel der Soldaten und Offiziere dieser taktischen Vereinigung ukrainischer Abstammung gewesen – d. Red.). Sie war lange vor der Befreiung der Ukraine im Gebiet Woronesch gebildet worden und hieß daher zunächst nach dem Ort ihrer Aktivitäten "Woronescher Front". 1943, als sich die Kampfhandlungen in die Ukraine verlagert hatten, war sie umbenannt worden, was den Ort der Kampfhandlungen dokumentieren sollte und nichts anderes. Darin hatten Russen, Weißrussen, Ukrainer, Georgier, Armenier und Vertreter anderer Nationalitäten der Sowjetunion gemeinsam gegen die Faschisten gekämpft.

Sowohl Selenskij als auch Duda wissen das. Sie zählen aber auf den schlecht gebildeten durchschnittlichen Europäer. Was sollte derjenige denken, wenn er von Selenskij über die "1. Ukrainische Front" und die "Lwower Division" hört? Dass in beiden ausschließlich Ukrainer gedient hatten. Dass sie es waren, die den Sieg im Krieg errungen hatten. Und dass Russen mit alldem gar nichts zu tun gehabt hätten.

Hier und dort ziehen Ukrainer die Fahne der 1. Ukrainischen Front aus der Tasche und schwenken sie in der Hoffnung, dass Europäer, durch das Fahnenschwenken geblendet, vergessen, wer das blutige Judenpogrom in Lwow verübt hatte. Und dass sich Polen nicht weiter mit den Aktivitäten der UPA befassen, deren Verbrechen im Rahmen des Wolyn-Massakers sich in diesem Jahr zum 80. Mal jähren. Und dass wir alle vergessen, dass die Post-Maidan-Ukraine das Andenken an die Soldaten der Antihitlerkoalition längst über Bord geworfen und sich bewusst in die Tradition jener gestellt hat, die den Antifaschisten in den Rücken geschossen hatten, während diese erst auf dem Weg waren, Auschwitz zu befreien.

Der Leser glaubt es nicht? Nun, heute (der Artikel erschien im Original am Freitag – d. Red.) wurde in Kiew das Denkmal für General Nikolai Fjodorowitsch Watutin abgerissen und sein Grab geschändet. Watutin (16. Dezember 1901 – 15. April 1944) war Befehlshaber ebenjener Woronescher Front gewesen, auch nach ihrer Umbenennung in die "1. Ukrainische Front" bis zu seinem Tod von der Hand ukrainischer Nationalisten. Dazwischen hatte er es noch geschafft, Kiew von der deutschen Besatzung zu befreien.

Die Logik der Ukraine ist unfassbar. Vielleicht lohnt es sich nicht, nach ihr zu suchen. Sie rechnen damit, dass ein einfacher Europäer, sobald Selenskij irgendwo in Europa wieder mit der Fahne der 1. Ukrainischen Front wedelt, diese zwei Tatsachen nicht in Verbindung zu bringen vermag: die 1. Ukrainische Front, die laut Lügen der modernen ukrainischen Propaganda ausschließlich aus tapferen Ukrainern bestanden haben soll, und das zerstörte Denkmal für Watutin, den Befehlshaber exakt dieser Front, sein geschändetes Grab. Ermordet von denjenigen, die die Maidan-Ukraine in den Status nationaler Helden erhoben hat.

Leider kann es durchaus passieren, dass Selenskijs Kalkül aufgeht: Der durchschnittliche Europäer unternimmt auch jetzt keinerlei intellektuelle Anstrengung, wenn er Schlussfolgerungen über die Ereignisse in Russland und der Ukraine zieht.

Watutin war seinen ihm von ukrainischen Nationalisten zugefügten Schussverletzungen in einem Kiewer Krankenhaus erlegen. Das abgerissene Denkmal hatte sich über seinem Grab erhoben. Die Ukraine riss heute nicht nur ein Denkmal, sondern einen Grabstein ein. Hieraus ergibt sich eine weitere Frage:

Selenskijs Großvater, Semjon Iwanowitsch Selenskij, hatte im Zweiten Weltkrieg als Kommandant eines Mörserzugs und später als Kommandant einer Schützenkompanie in der Roten Armee gekämpft. Er war, genau wie Watutin, Offizier der Roten Armee gewesen. Begraben ist er in Kriwoi Rog. Weshalb also geht Selenskij nicht gleich heute zu seines Großvaters Grab und reißt dort den Grabstein ein?

Hinweis der Redaktion: Mit der Fahne der 1. Ukrainischen Front kann Selenskij auch nur im Ausland wedeln. In der Ukraine stehen alle Symbole der Roten Armee und der Sowjetunion seit 2015 unter Strafe, und Menschen werden von Nationalisten verprügelt, wenn sie am 9. Mai auch nur einen sowjetischen Orden mitführen. 

Übersetzt aus dem Russischen.

Marina Achmedowa ist Schriftstellerin, Journalistin und Mitglied des Menschenrechtsrates der Russischen Föderation. Sie schreibt für die Zeitschrift "Der Experte" und seit Neuestem auch für RT. Man kann ihr auch auf ihrem Telegram-Kanal folgen.

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