Meinung

Litauen zerrt Deutschland in die militärische Konfrontation mit Russland

Zur Stärkung des militärischen Potenzials der NATO an den Grenzen Russlands wird Litauen eine deutsche Brigade beherbergen. Unter den Experten ist man sich einig, dass die NATO auf dem Gebiet des Baltikums einen Militäreinsatz gegen Russland und Weißrussland vorbereitet.
Litauen zerrt Deutschland in die militärische Konfrontation mit RusslandQuelle: www.globallookpress.com © Christian Spicker via www.imago-images.de

Von Andrej Restschikow

Eine Einigung über die Stationierung einer deutschen Brigade in Litauen wurde zwischen Vilnius und Berlin erzielt. Sie wird Teil der NATO Response Force (NRF, deutsch: NATO-Reaktionsstreitmacht) sein. Unter den Experten ist man sich einig, dass die NATO auf dem Gebiet des Baltikums einen Militäreinsatz gegen Russland und Weißrussland vorbereitet. Auf welche Art und Weise könnte Moskau diesen Bedrohungen entgegentreten?

Litauen und Deutschland haben sich auf die Stationierung einer Bundeswehrbrigade auf dem Gebiet der baltischen Republik geeinigt. Aus den Gesprächen mit Olaf Scholz, dem deutschen Bundeskanzler, resultiert die Aussage des litauischen Präsidenten Gitanas Nausėda, dass der Prozess "schrittweise" erfolgen müsse.

"Die ständige Präsenz der alliierten Truppen auf litauischem Territorium hat für uns absolute Priorität. Von unserer Seite wird alles getan, um die Voraussetzungen für die Stationierung der deutschen Brigade bereits im Jahr 2026 zu schaffen", sagte Nausėda.

Die Regierungschefs unterzeichneten im vergangenen Sommer im Rahmen des NATO-Gipfels in Madrid ein Memorandum über die Beteiligung der Bundeswehrbrigade an der Gewährleistung der litauischen Sicherheit. Nach Angaben von TASS ist die Brigade für Litauen vorgesehen, es ist aber noch nicht klar, ob sie in vollem Umfang zum Einsatz kommen wird. Berlin wäre bereit, die Hälfte der Truppenstärke und der Ausrüstung der Brigade einzusetzen, während die andere Hälfte in der Bundesrepublik bleiben würde, um in einer kritischen Situation innerhalb von zehn Tagen verlegt werden zu können.

Im vergangenen Sommer berichteten die US-amerikanischen Medien, Deutschland habe den Vorschlag erhalten, die Zahl der NATO-Truppen in Litauen zu erhöhen und eine spezielle Einheit (als Teil der NRF/NATO-Reaktionsstreitmacht) im Land zu schaffen. Zu der Zeit plante Deutschland, das militärische Kontingent im Rahmen der Bündnismission in Litauen auf 3.000 Soldaten aufzustocken. Zugleich drängt Litauen seine NATO-Partner aktiv dazu, die militärische Präsenz auf seinem Territorium zu erhöhen.

Inzwischen stellen die litauischen Behörden den lokalen Maßstäben entsprechend enorme Mittel – mehr als 110 Millionen Euro – für die Entwicklung der militärischen Infrastruktur bereit. Das Projekt im Rahmen der Vorbereitung zur Stationierung der NATO High Readiness Joint Task Force wird durchgeführt. Es sollen zehn Gebäude entstehen, in denen Kasernen, eine Kantine, eine Fahrzeugwerkstatt, Hubschrauberlandeplätze und ein Multifunktionskomplex
untergebracht werden. Es wird geplant, mit den Arbeiten bis 2026 abzuschließen.

Auf dem Territorium des Landes befinden sich bereits rund 1.600 NATO-Soldaten, darunter Vertreter aus Belgien, der Tschechischen Republik, Luxemburg, den Niederlanden und Norwegen. Vor Kurzem kündigte Verteidigungsminister Arvydas Anušauskas den Ausbau der Militärlager in Rukla und Pabradė für bis zu 4.000 Soldaten in Vilnius, in Westlitauen und in Šiauliai für bis zu 2.500 Soldaten an.

Dass die Basis für die Ausbildung und die Verlegung von Rotationseinheiten bereits fertiggestellt ist, es ist ein immobiles (permanentes) Militärlager errichtet worden, ist ebenfalls bekannt. Gleichzeitig werden noch drei weitere temporäre und zwei permanente Lager gebaut. Im November schätzte der nationale Sicherheitsberater von Nausėda, Kęstutis Budrys, dass das Land bis 2027 vollständig auf die dauerhafte Stationierung einer NATO-Brigade in seinem Territorium vorbereitet sein wird.

"Die Stationierung deutscher Truppen in Vilnius wird als eine Art historische Tradition wahrgenommen. Für Litauen ist das aber eine Fehlpolitik, die nicht gut ausgehen wird. Aus militärischer Sicht ist das Territorium der Republik nicht zu verteidigen, und zwar weder mit noch ohne die deutsche Brigade", bemerkt der Präsident der Russischen Gesellschaft für Baltische Studien (BaltStudies), Nikolai Meschewitsch.

Der Gesprächspartner erinnerte an die Verwirklichung eines autoritären Regimes in Litauen seit 2008. "In dem Land ist jegliche Demokratie endgültig zunichtegemacht worden. Unter diesen Umständen wendet sich Litauen traditionell an seine militärischen Verbündeten. Das Land hat sich dreimal der Macht Deutschlands unterworfen – in den Jahren 1915, 1938 und 1941, als faschistische Truppen in Litauen einmarschierten und die 'Befreier' mit Blumen empfangen wurden", mahnte Meschewitsch.

Seinen Worten nach wird das Aufkommen der deutschen Brigade in Litauen eine Bedrohung für Russland darstellen, allerdings ist diese Bedrohung "im Rahmen des allgemeinen Systems der Bedrohungen auf dem europäischen Kriegsschauplatz nicht die erste, nicht die bedeutendste und komplexere".

"Dennoch investiert dieser Bittsteller-Staat, auch von seinen Ärzten und Lehrern die Mittel kassierend, in die Aggression gegen Russland und Weißrussland", so Meschewitsch.

"Dabei hat es die deutsche Gesellschaft nicht nötig, sich durch Provokateure wie Selenskij, Nausėda und andere osteuropäische [Lumpen] in eine Konfrontation mit Russland hineinziehen zu lassen. Allerdings handelt Deutschland im Fahrwasser der Außenpolitik seines Verbündeten Washington", erklärt Alexander Kamkin, Direktor des Zentrums für Deutschlandstudien am Institut für Europa der Russischen Akademie der Wissenschaften.

Nach seiner Aussage verstärkt die NATO tatkräftig ihre militärische Präsenz in den osteuropäischen Staaten. "Es handelt sich um eine deutliche Erhöhung der militärischen Kapazitäten in Polen und der baltischen Region. Eine Brigade ist in der Größenordnung der europäischen Armeen eine ernst zu nehmende Einheit. Sie umfasst je nach Konfiguration etwa 4.000 bis 5.000 Mann und etwa 250 Panzer", hob der Experte hervor.
Kamkin zufolge könnte die deutsche Brigade nicht einfach zur Demonstration der europäischen Solidarität, sondern für "verschiedene Operationen zur Eindämmung Russlands" eingesetzt werden. "Die Präsenz der deutschen Brigade in Litauen ist ein weiterer unkonstruktiver Schritt in der Eskalation der Spannungen an unserer Grenze", ist sich der Politikwissenschaftler sicher.

Zudem fügte er hinzu, es gebe Anzeichen einer Tendenz zur Remilitarisierung der deutschen Militärmaschinerie. Kamkin schließt nicht aus, dass die an die Ukraine gelieferten Patriot-SAMs, Leopard-Panzer und Gepard-Flugabwehrraketenwerfer nicht von ukrainischen Soldaten, sondern von Bürgern aus Deutschland und anderen Staaten bedient werden: "Zur Beherrschung dieser Maschinerie reicht eine zwei- bis dreimonatige Ausbildung offensichtlich nicht aus, sodass es sich um ehemalige oder aktive Soldaten handeln könnte", so der Experte.

"Der Prozess der Remilitarisierung der Bundesrepublik Deutschland ist durch die Vereinigten Staaten gesegnet. Bis vor Kurzem hat Deutschland einen Kurs des Pazifismus verfolgt; selbst im Grundgesetz steht geschrieben, dass vom Territorium der Bundesrepublik Deutschland zu keiner Zeit eine Kriegsgefahr ausgehen darf. Doch die Waffenlieferungen an die Ukraine, die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte, die Entsendung deutscher Soldaten in andere Länder zur Ausbildung – all das deutet darauf hin, dass Deutschland in eine bewaffnete Konfrontation mit Russland hineingezogen wird", ist sich der Gesprächspartner sicher.

Bei der Hälfte der deutschen Bevölkerung rufen diese Prozesse gewisse Phantomschmerzen über den Zweiten Weltkrieg hervor. Die andere Hälfte unterstütze die Ukraine und folge der offiziellen Position der Regierung und der Medien, fügt Kamkin hinzu.

"Die einen ziehen die Uniformen ihrer Großväter aus den Truhen, während die anderen auf die Straße gehen und einen friedlichen Dialog fordern bezüglich des wahnsinnigen Versuchs, Deutschland in eine militärische Konfrontation zu verwickeln", so der Experte.

"Mit einem Horizont von fünf bis sieben Jahren wird ein dritter Kriegsschauplatz für uns vorbereitet. Die NATO beabsichtigt, der militärischen Spezialoperation entgegnen zu können, um danach die Situation im Südkaukasus, also dem zweiten Kriegsschauplatz, in den Krieg zu treiben, um die aktive Erschließung der nordwestlichen strategischen Richtung Russlands in die Tat umzusetzen. Dabei könnten im Baltikum bis zu 250.000 Soldaten der schnellen Eingreiftruppe der NATO (NRF) im Baltikum zum Einsatz kommen. Bereits jetzt sind diese Kräfte auf 40.000 aufgestockt worden", erinnert Alexander Artamonow, Militärexperte und Doktor der Sozialwissenschaften an der Katholischen Universität Frankreichs.

Vor der militärischen Spezialoperation Russlands in der Ukraine waren die NATO-Streitkräfte im Baltikum auf Rotationsbasis präsent, "jetzt aber sind sie dauerhaft dort". "Eine US-Panzerbrigade ist ins Baltikum verlegt worden. Gerade erst sind an der Grenze zu Belarus, der sogenannten Suwalki-Lücke, mehrtägige NATO-Manöver abgehalten worden, angeblich um diesen Korridor vor den russischen Streitkräften zu schützen", ergänzt der Militäranalyst.

In dieser Hinsicht bereitet sich Russland auf eine mögliche Bedrohung durch die baltischen Staaten und Deutschland vor. "Es werden Panzerarmeen wieder aufgestellt, die es in Wirklichkeit schon lange nicht mehr gibt. Ferner stellen wir die Militärbezirke Leningrad und Moskau wieder her, die bis zum Jahr 2010 im Militärbezirk West zusammengelegt waren, und wir erweitern die Zuständigkeiten der Baltischen Flotte", so Artamonow.

Zuerst erschienen bei RIA News. Übersetzt aus dem Russischen.

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