Meinung

Alles fürs Klima: Fleischlos in den Abgrund

Wir befinden uns in einem Transformationsprozess, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat. Und während Annalena Baerbock um den Globus reist, um es mit möglichst vielen Ländern zu versauen, arbeiten Cem Özdemir (Die Grünen) und seine Komplizen an einem Fleischverbot.
Alles fürs Klima: Fleischlos in den AbgrundQuelle: www.globallookpress.com © Julian Stratenschulte/dpa

Tom J. Wellbrock

Fleischverbot? Da war doch was. Vor der Bundestagswahl 2013 waren es die Grünen, die sich mit der Forderung nach einem "Veggietag" mehr oder weniger lächerlich machten. Und als hätten sie es sich gemerkt und Rache geschworen, kommt das Thema der Fleischlosigkeit jetzt wieder auf den Tisch. Allerdings in einer Form, die einem die Haare zu Berge stehen lässt.

Gegen den Hunger, gegen den Klimaschock, gegen alles!

Im Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ist Folgendes zu finden:

"Sichere Ernährung ist eines der Grundbedürfnisse der Menschen und doch mehr als nur die reine Nahrungsaufnahme. Mit dem Essen können Genuss, Verbundenheit, Tradition und Miteinander verknüpft sein. Ernährung kann Mittel zur Selbstverwirklichung oder Teil einer Kultur und eines Lebensgefühls sein. Wie und was wir essen, hat aber auch weiterreichende Auswirkungen: Auf Umwelt, Artenvielfalt und Klima in Deutschland und weltweit, auf Tiere als unsere Mitwesen, auf die Agrar- und Ernährungswirtschaft und nicht zuletzt auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden."

Schon diese auf den ersten Blick womöglich harmlos erscheinenden Worte sollten sämtliche Alarmglocken schrillen lassen. Denn "wie und was wir essen", wird vermutlich künftig nicht mehr unsere Entscheidung sein. Wir lesen weiter:

"Unsere Ernährung stellt einen wichtigen Aspekt bei der Transformation zu einem ressourcen- und klimaschonenden sowie nachhaltigen Wirtschaften dar. Die Transformation des gesamten Ernährungssystems hin zu einer pflanzenbetonten Ernährungsweise ist die wichtigste Stellschraube im Ernährungsbereich, um unsere nationalen und internationalen Klima-Biodiversität, s- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Wie und was wir essen, wirkt sich auf das Klima und die Lebensbedingungen aller Lebewesen auf unserem Planeten aus. Wir müssen in den planetaren Belastungsgrenzen wirtschaften und leben, damit wir und nachfolgendeGenerationen auch weiter ein gesundes und qualitativ hochwertiges Leben auf der Erde führen können."

Und immer wieder geht es um das Klima, Biodiversität und Nachhaltigkeit. Wenn man es nur sauber genug verpackt, lässt sich jeder Dreck begründen. Der Pleiteticker formuliert es weniger subtil und schreibt:

"Vertretern der Lebensmittelbranche sind bereits konkrete Maßnahmen, mit denen die neuen Ernährungsziele erreicht werden sollen, bekannt. ' So soll der empfohlene Tagesbedarf Geflügel künftig bei weniger als ein Gramm liegen – und das, obwohl die DGE weißes Fleisch bisher zu Recht empfiehlt', äußerte sich Wiebke von Seggern, Leiterin Nachhaltigkeit beim Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) gegenüber der Lebensmittelzeitung (LZ). Eckhard Heuser vom Milchindustrie-Verband spricht gegenüber der LZ von 'angedachten 10 Gramm Fleisch pro Tag'. Und kommentiert: 'Das entspräche einer Currywurst im Monat!'"

Die Zahlen stammen laut LZ aus einem Erklärvideo, das die DGE Vertretern der Lebensmittelbranche während der Konsultationsphase zur Überarbeitung ihrer Empfehlungen zur Verfügung gestellt hat. Die neuen DGE-Empfehlungen sind Dreh- und Angelpunkt der geplanten Ernährungsstrategie des BMEL."

Das besagte Video ließ sich nicht finden (falls die Leser hier mehr Informationen haben, würde ich mich über eine Mail freuen). Und aus den "angedachten 10 Gramm Fleisch pro Tag" wird vermutlich ein Kompromiss werden, so ist das ja immer. Dennoch ist die Richtung klar: Hier soll die Ernährung bis ins Detail vorgeschrieben und kontrolliert werden.

Für die Armen und Hungrigen

Insbesondere Menschen mit geringen Einkommen leiden unter den gestiegenen Lebensmittelpreisen in erheblichem Ausmaß. Doch diese höheren Preise fallen nicht vom Himmel, sondern sind das Ergebnis einer desaströsen Politik. Die Armutssituation in Deutschland ist seit Jahren skandalös, heute ist jedes fünfte Kind "armutsgefährdet", was letztlich der Armut gleichkommt. Kürzlich war die Kindergrundsicherung in aller Munde, die jedoch durch den Finanzminister Christian Lindner (FDP) eine Absage erhielt. Es sei dafür einfach kein Geld da, sagte der Minister, der dafür verantwortlich zeichnet, 100 Milliarden Euro in den Krieg zu investieren.

Doch zum Thema gesunde Ernährung reicht ohnehin ein Blick auf die Macht der Lebensmittelindustrie, die alles Mögliche im Sinn hat, aber ganz sicher nicht die Gesundheit ihrer Konsumenten. Bislang sah die Politik allerdings kaum Anlässe, etwas gegen die Macht krankmachender Lebensmittel zu unternehmen.

Dem gegenüber steht das wohlige Geschwafel des Eckpunktepapiers:

"Der leichte und gerechte Zugang zu einer nachhaltigen und gesunden Ernährung soll allen Bevölkerungsgruppen ermöglicht werden. Insbesondere armutsgefährdete Kinder und Jugendliche und solche aus bildungsfernen Haushalten verzehren häufiger Lebensmittel, die für eine ausgewogene Ernährung ungünstig sind. Preissteigerungen bei Lebensmitteln treffen u. a. Familien mit geringem Einkommen aufgrund des höheren Konsumanteils am Einkommen besonders. Um Ernährungsarmut entgegen zu wirken, sollen deshalb die aktuell erheblichen Preissteigerungen bei Lebensmitteln in den Blick genommen werden. Hierbei kommen insbesondere sozialpolitische Maßnahmen in Betracht. Auch der Gemeinschaftsverpflegung kommt eine wesentliche Rolle zu. Nachhaltige und gesunde Ernährungsweise ist in besonderem Maße auch von Umgebungsfaktoren wie Exposition und Ernährungsverhalten in der Gesamtgesellschaft abhängig. Je besser diese Umgebungsfaktoren gestaltet sind, desto weniger hängt nachhaltige und gesunde Ernährung von den individuellen Ressourcen ab, ob finanziell oder nichtmonetär."

Was nach Sorge und Fürsorge klingt, dürfte eher mit einer kollektiven Bevormundung erklärbar sein. Das wird deutlich, wenn man den folgenden Absatz liest:

"In Deutschland liegt der Fleischkonsum deutlich über dem ernährungsphysiologisch empfohlenen. Zudem benötigt die Erzeugung tierischer Lebensmittel teilweise ein Mehrfaches der darin enthaltenen Energie in Form von Futterpflanzen und ist mit hohen Treibhausgasemissionen und Umweltbelastungen verbunden. Dies geht mit einem hohen Einsatz begrenzter Ressourcen wie Wasser, fossiler Energien und Böden (landwirtschaftlicher Flächen) einher, die künftig auch verstärkt für den Ausbau natürlicher CO₂-Senken benötigt werden, und es trägt erheblich zum Rückgang der biologischen Vielfalt bei. Gleichzeitig erschließt jedoch eine an die natürlichen Bedingungen angepasste Tierhaltung wertvolle Dauergrünlandflächen für die menschliche Ernährung. Sie kann ein sinnvoller Teil einer ökologisch angepassten Kreislaufwirtschaft durch Zurverfügungstellung organischer Dünger sein. Ziel ist es insoweit, eine pflanzenbetonte Ernährung mit einem hohen Anteil an möglichst unverarbeitetem Gemüse und Obst sowie ballaststoffreichen Getreideprodukten und Hülsenfrüchten und Nüssen einfacher zugänglich zu machen. Gleichermaßen soll die Reduzierung des Konsums tierischer Lebensmittel auf ein nachhaltiges und gesundheitsförderndes Maß unterstützt werden."

Das hat eine andere Qualität als der Veggietag im Jahr 2013, der nicht mehrheitsfähig war.

Immer das richtige Argument

Der Schrecken des Klimawandels hat sich weitgehend kollektiv in das gesellschaftliche Hirn eingebrannt. Die teilweise als völlig angstgestört zu bezeichnenden Aktivisten der "Letzten Generation" sind nur der radikalste Ausdruck dieses Einbrennens. Deren Angst ist größer, auch wegen ihres Alters und der nicht abgeschlossenen geistigen Entwicklung, die sie noch vollziehen. Aber sie sitzt in vielen Köpfen und Herzen, auch wenn die sich deswegen nicht auf der Straße festkleben.

Das Prinzip ist das gleiche wie bei Corona oder dem Ukraine-Krieg: Wer sich den unumstößlichen Vorgaben der "richtigen" Argumente nicht unterordnet, wird zum Feind erklärt. Der Klimawandel hat den Vorteil, sich auf Szenarien berufen zu können, die in recht weiter zeitlichen Ferne liegen. Die der Politik folgenden und konformen Modellrechnungen sind unterm Strich nicht viel wert, insbesondere bei einem so komplexen Thema wie dem Klima. Doch es hat sich religionsgleich der Glaube etabliert, dass es schon stimmt, was uns da erzählt wird. Und die "Klimakleber" sind das perfekte Medium, um diesen Glauben zu verfestigen. Sicher auch deshalb wird vieles von dem, was die Klimafetischisten tun, eher gnädig behandelt, transportieren sie doch die Botschaften, aus denen Angst entsteht, die in den Köpfen fest installiert werden kann.

Wir sind an einem Punkt, an dem der Klimawandel für nahezu jede Tat als Begründung herangezogen werden kann. Corona war ein temporäres Ereignis, der Ukraine-Krieg lässt sich dank der Kriegstreiber noch eine Weile hinziehen, ist aber ebenfalls ein vorübergehendes Ereignis. Aber das Klima, ja, das Klima, das ist ein Dauerbrenner, auf dessen Grundlage alles Mögliche beschlossen werden kann.

Bei all dem, auch bei der "Ernährungsberatung" der Bundesregierung, geht es nicht um die Verbesserung des Lebens, das wird klar, wenn man sich anschaut, wie tief wir bereits jetzt im Graben des wirtschaftlichen und sozialen Untergangs stecken. Armut, das Wohnungsdesaster, privatisierte Renten, ein auf Rendite getrimmtes Gesundheitssystem (das krank macht), ein strunzdummes Bildungssystem, das Schüler und Lehrer gleichermaßen in den Wahnsinn treibt, eine faktische Kriegswirtschaft, die die Finanzen des Landes dominiert, eine stiefelleckende Hörigkeit gegenüber den Vereinigten Staaten, Korruption, Filz, Bestechung, Lobbyismus, marode Brücken, schmutzige Klos und ein Wirtschaftsminister, der die Bevölkerung dazu zwingt, diese Klos zu putzen, nachdem er sie verunreinigt hat – all das steht für einen kollektiven Abstieg Deutschlands.

Wer allen Ernstes glaubt, dass diese Bundesregierung den Plan hat, gesunde Ernährung zu fördern, den Hunger auf der Welt zu beenden und den Planeten mit grünen Wiesen zu bepflastern, der glaubt vermutlich auch, dass Annalena Baerbock eine ausgezeichnete Diplomatin ist. 

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen

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