Baerbock im "Guardian": Russland ist schuld, dass Deutschland mehr Verantwortung übernehmen muss
Von Gert Ewen Ungar
Die deutsche Außenministerin hat im britischen Guardian einen Meinungsbeitrag veröffentlicht. Sie bekräftigt dabei einmal mehr ihre verkürzte, ahistorische Sicht auf den Ukraine-Konflikt und macht damit deutlich, dass Deutschland für die Suche nach einer diplomatischen Lösung ausfällt. Im Gegenteil wird Deutschland wieder zu einer Gefahr für den Frieden in Europa, denn Baerbock denkt ausschließlich in der Logik der Block-Konfrontation, von Gut und Böse, strebt nach Dominanz und beansprucht eine deutsche Führung im westlichen Bündnis. Es sitzt ein Kind im deutschen Außenministerium.
Deutschland ist aufgrund seiner kompromisslosen Haltung und der Weigerung, den eigenen Anteil an der Entwicklung hin zum Krieg einzugestehen, inzwischen außerhalb des westlichen Bündnisses isoliert. Baerbock hat keinerlei außenpolitische Erfolge vorzuweisen.
Aber auch im westlichen Bündnis werden die Stimmen lauter, die am Sinn der bedingungslosen militärischen und finanziellen Unterstützung der Ukraine zweifeln. Baerbock hält mit den immer gleichen Phrasen daran fest. Wer die Äußerungen der deutschen Außenministerin verfolgt, weiß, Baerbock tut alles für einen langen Krieg mit hohen Kosten an Material und Menschenleben für die Ukraine. Baerbock ist kindlich-grausam.
Trotz der desaströsen Wirtschaftsdaten, die auf eine systemische Krise Deutschlands hindeuten, ist Baerbock voll des Eigenlobs. Man habe sich aus der Abhängigkeit von Russland befreit.
"Noch vor zwei Jahren gelangten über Nord Stream 1 und andere Pipelines Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland nach Deutschland. Russische fossile Brennstoffe machten einen großen Teil unseres Energieverbrauchs aus. Heute haben wir dies auf null reduziert."
Dass dieser Verzicht auf günstige russische Energieträger für den Wirtschaftsstandort Deutschland weitreichende Konsequenzen hat, ist Baerbock schlicht schnuppe.
Mit Stolz erfüllt Baerbock auch, dass Deutschland der Ukraine schwere Waffen liefert. Waffen in Krisengebiete zu liefern, war früher undenkbar, schreibt sie, jetzt nicht mehr. Das ist toll, ein Fortschritt. Das schreibt sie zwar nicht, aber es folgt aus dem, was sie zuvor mitteilt.
In einem kurzen wilden Ritt durch die Nachkriegsgeschichte teilt sie die deutsche Außenpolitik in mehrere Phasen ein. In einer ersten Phase sei es darum gegangen, nach dem Krieg verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Dem folgte eine zweite Phase der "Scheckbuch-Diplomatie", behauptet Baerbock. Dann in einer dritten Phase stand die Unterstützung robuster Einsätze im Mittelpunkt der deutschen Außenpolitik. Baerbock nennt explizit den Überfall der NATO auf Jugoslawien. Man habe in Deutschland verstanden, "nie wieder Krieg" müsse mit "nie wieder Auschwitz und nie wieder Genozid" zuzulassen ausbalanciert werden. Die Zustimmung der Deutschen zum Überfall auf Jugoslawien war vom damaligen grünen Außenminister und Vize-Kanzler Joschka Fischer mit der Lüge erkauft worden, Serben würden einen Genozid an Albanern begehen.
Baerbocks Abriss der Geschichte deutscher Außenpolitik liest sich nicht wie das Werk von Deutschlands Chefdiplomatin, kenntnisreich und mit tiefem Einblick. Was Baerbock schreibt, liest sich wie der Aufsatz eines Schülers in der Mittelschule, der im Unterricht ab und zu nicht richtig aufgepasst hat. Es ist zum Fremdschämen peinlich.
Der russische Einmarsch habe eine vierte Phase eingeleitet, behauptet Baerbock. Sicherheit kann es für Deutschland nur in Konfrontation zu Russland geben, geht aus dem hervor, was Baerbock schreibt. Es sei trotz aller Bemühungen nicht gelungen, eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur mit Russland aufzubauen, behauptet sie.
"Abgesehen von all unseren Bemühungen, eine europäische Sicherheitsarchitektur mit Russland aufzubauen, hat auch unsere wirtschaftliche und politische Interaktion das russische Regime nicht zur Demokratie bewegt."
Man reibt sich verwundert die Augen angesichts dieser Verleugnung der Fakten und der Abläufe, der Unterkomplexität und des klischeehaften Blickes auf Russland. Wie kann jemand wie Baerbock Außenministerin werden? Es fehlt ihr an allem, was das Amt fordert.
Und noch einmal zur Erinnerung an die Abläufe. Die NATO hat sich nach Osten ausgedehnt, nicht Russland nach Westen. Die USA haben die Abkommen zur Rüstungskontrolle aufgekündigt, nicht Russland. Die EU hat die Ukraine mit dem EU-Assoziierungsabkommen vor eine Entweder-Oder-Entscheidung gestellt: entweder wirtschaftlich mit Russland oder mit uns. Noch im Dezember 2021 bat Russland schriftlich bei der NATO und in Washington um Sicherheitsgarantien. Die Forderung wurde zurückgewiesen. Man verwies zynisch auf die Freiheit der Bündniswahl und vergaß, dass diese durch den Zusatz eingeschränkt wird, dass kein Land seine Sicherheit auf Kosten der Sicherheit eines anderen Landes erhöhen darf.
Der Krieg hätte verhindert werden können, wenn man ihn denn hätte verhindern wollen. Baerbock unterschlägt das alles und macht damit deutlich, dass Deutschland zwar in sich selbst, in seinen moralischen Anspruch und die eigene Hybris verliebt ist, dass aus diesem Grund aber auch aus Deutschland für lange Zeit nichts Vernünftiges zu erwarten ist. Keine Diskussionsbereitschaft, keine Bereitschaft zum Kompromiss und zur Diplomatie. Das Niveau von Baerbock unterbietet wirklich alles.
Putin bleibe eine Bedrohung für Europa, behauptet Baerbock dreist und übersieht dabei, dass ein Großteil der Bedrohung inzwischen wieder von Deutschland ausgeht, das auf einen Sieg der Ukraine setzt, Waffen liefert und Gespräche ablehnt. Deutschland ist Kriegstreiber und Baerbock hat daran einen maßgeblichen Anteil.
Weil aber die Analyse schon falsch und unterkomplex ist, erweist sich der Lösungsansatz ebenfalls als unrichtig. Baerbock leitet aus ihren Aussagen ab, Deutschland sei dazu schicksalhaft gedrängt, das westliche Bündnis zu führen.
"Der russische Angriffskrieg markiert einen Bruch in der Welt. Für mein Land hat es ein neues Kapitel aufgeschlagen und definiert neu, wie wir Frieden, Freiheit und Nachhaltigkeit in dieser Welt fördern wollen: als Partner, der seine Führungsrolle annimmt."
Und sie will sich aus der Abhängigkeit lösen ‒ von Russland, von China und damit die Abhängigkeit Deutschlands von den USA weiter vertiefen. Sie wird alles daran setzen, die deutsche Wirtschaft weiter zu schwächen. Es ist eine von Baerbocks Kernkompetenzen, keine Zusammenhänge herstellen zu können, nicht systemisch denken zu können. Um den Mangel weiterhin positiv zu formulieren, auch als Außenministerin, hat sich Baerbock ihre kindlich-naive Art erhalten. Nur ist sie damit im Außenministerium leider völlig falsch. Sie schadet Deutschland, Europa und der Welt. Außenpolitik ist kein Kinderspielplatz.
Es ist absehbar, dass dieser Kurs für Deutschland ganz bitter enden wird. Es zeigt, dass es falsch ist, wichtige Posten nach anderen Kriterien zu besetzen als ausschließlich nach Qualifikation. Baerbock ist ein Totalausfall. Sie hat auf diesem Posten nichts verloren. Jeder in der Welt sieht das, sie beweist es täglich mündlich und jetzt auch schriftlich. Es fehlt ihr in einer umfassenden Weise an Bildung und Wissen. Sie kann daher nur Schaden anrichten und das tut sie auch. Sie hat das Potenzial, Europa in Schutt und Asche zu legen.
Frieden in Europa wird es auf die Weise, die Baerbock skizziert, nicht geben. Es gibt keinen Frieden in der Dauerkonfrontation zu Russland. Frieden in Europa kann es nur geben, wenn die Sicherheit aller Staaten garantiert ist. Frieden kann es nur geben, wenn die EU und Deutschland wieder zum Geist der Charta von Paris zurückkehren.
Baerbock fährt einen Kurs, der Deutschland wieder genau so in die Geschichte eingehen lässt wie nach 1918 und 1945. Es wäre an der Zeit, dass Deutschland aus seiner Geschichte lernt. Es gibt keine rein militärischen Lösungen.
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