Meinung

Großbritannien "rettet" Kinder – während es Waffen schickt, um sie zu töten

Die neuesten Sanktionen aus London in Richtung Russland zielen darauf ab, die "Identität der Ukraine" zu bewahren. Hierbei richten sich die Sanktionen vor allem gegen diejenigen, die Kinder aus dem Kriegsgebiet evakuieren.
Großbritannien "rettet" Kinder – während es Waffen schickt, um sie zu tötenQuelle: Sputnik © Sergei Baturin

Von Rachel Marsden

Das Büro des britischen Außenministers James Cleverly veröffentlichte diese Woche eine Erklärung, in der man 14 neue Sanktionen ankündigte als Reaktion auf Russlands Versuche, "die nationale Identität der Ukraine zu zerstören".

Auf der Online-Version dieser Erklärung prangt das Bild eines riesigen Auges mit dem Schriftzug "Russische Offizielle sanktioniert" und erweckt den Eindruck, als wäre es ein Plakat der Agitationspropaganda aus der Zeit des Kalten Krieges. Dieser Gesamteindruck soll wahrscheinlich dazu dienen, einfältige Zeitgenossen von der Tatsache abzulenken, dass die "ukrainische Identität" in jenem Moment angegriffen wurde, als der Westen beschloss, dieses Land wie eine billige Hure für seine eigenen wirtschaftlichen und antirussischen Interessen zu missbrauchen, angefangen bei Farbrevolutionen, die mindestens zwei Jahrzehnte zurückreichen.

Diese neueste Ankündigung von Sanktionen folgte in seinem Duktus ganz der Raffinesse des kürzlich erfolgten öffentlichen Aufrufs des Leiters des britischen Auslandsgeheimdienstes an die russische Bevölkerung, ihr eigenes Land an die Briten zu verraten: "Ich lade Sie ein, das zu tun, was andere in den vergangenen 18 Monaten bereits getan haben, und sich uns anzuschließen – unsere Türen stehen immer offen", sagte der MI6-Chef Richard Moore während einer Rede in Prag. Nichts schreit mehr nach Kompetenz als eine Truppe von Spionen, die öffentlich Verräter rekrutieren muss.

Zugegeben, von allen westlichen Akteuren sind die Briten wohl die fanatischsten Russlandgegner. Berichten zufolge hat der ehemalige Premierminister Boris Johnson die Ukraine in den ersten Tagen des Konflikts davon abgehalten, ein Friedensabkommen mit Russland zu akzeptieren. Das Vereinigte Königreich ging auch viel weiter als alle anderen seiner westlichen Partner, indem es die grundlegenden Rechte seiner eigenen Journalisten und Bürger sanktioniert, die auf russischen Plattformen "Texte veröffentlichen oder Dienstleistungen in Buchhaltung, Unternehmens- und Managementberatung sowie Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung stellen".

Aber selbst wenn es um die Sanktionierung von Russen geht, ist das Vereinigte Königreich in seiner eigenen Tugendhaftigkeit ins Stolpern geraten. Auf der neuesten Sanktionsliste sind russische Beamte aufgeführt, denen nach Angaben der britischen Regierung "das Einfrieren von Vermögenswerten und Reiseverbote droht, nachdem sie sich an der Zwangsverschleppung ukrainischer Kinder und der Verbreitung hasserfüllter Propaganda beteiligt haben". Wenn man das liest, stellt man sich unweigerlich vor, wie ein paar Russen kleine Kinder aus ihren verschlafenen Vorstädten zerren und dabei schlechte Dinge über die Ukraine brüllen.

In Wirklichkeit wurde der stellvertretende Leiter des Gebiets Moskau, Wjatscheslaw Duchin, sanktioniert, der auf Instagram antwortete, dass er über keinerlei Vermögen im Vereinigten Königreich verfüge, und darauf hinwies, dass die aus Donezk und Lugansk stammenden Kinder Waisen seien. Der russische Außenminister Sergei Lawrow hatte zuvor erklärt, dass der Prozess der Kindertransporte transparent sei und dass es den Angehörigen freistehe, zu ihnen zu kommen und sie abzuholen.

Vielleicht geht das Vereinigte Königreich davon aus, dass es für die "ukrainische Identität" besser wäre, wenn man diese Kinder den Gewehrkugeln und Raketen aussetzen würde. Oder wenn sie vielleicht einfach irgendwohin gebracht würden, etwa in ein Fitnessstudio oder so – ach, Moment, ich überprüfe meine Notizen: Die Fitnessstudios sind geschlossen, weil sie sich in einem aktiven Konfliktgebiet befinden. Vielleicht hätte sich das Vereinigte Königreich freiwillig bereit erklären können, in diesem Konfliktgebiet ein Zentrum zu etablieren, wo man sich um all diese Kinder hätte kümmern können, während man dem Drang widerstanden hätte, dieses Zentrum gleichzeitig auch als Versteck und Lagerstätte für Waffen und Munition zu verwenden. Zugegeben, keine leichte Aufgabe und eine ziemliche Herausforderung. 

Wjatscheslaw Duchin schrieb auf Instagram auch, dass er zwar schon einmal in London gewesen sei, es aber nicht vermissen würde. Er war offensichtlich nicht lange genug dort, um die lebendige Vielfalt dieser Metropole zu schätzen. Mittlerweile gibt es unter den Taschendieben, Betrunkenen und Vandalen in London weitaus mehr Vielfalt als bei den Vereinten Nationen. "Passt ja auf, dass eure Brücken nicht einstürzen", scherzte Duchin. Vielleicht bezog er sich auf die bröckelnde britische Infrastruktur, die von den britischen Steuergeldern hätte profitieren können, die jetzt in die Ukraine gepumpt werden, selbst wenn es bislang keine Belege dafür gibt, dass die Ukraine ihr grassierendes Korruptionsproblem gelöst hat.

"Viele verschleppte Kinder werden in ein Netzwerk von Lagern zur Umerziehung auf der illegal annektierten Krim und auf das russische Festland umgesiedelt, wo sie einer auf Russland ausgerichteten akademischen, kulturellen, patriotischen und militärischen Ausbildung ausgesetzt sind", schreibt das britische Außenministerium. Würde man sich in London besser fühlen, wenn diese Kinder Kurse über Geschlechtsidentität und über die Auswahl von Pronomen durchlaufen?

Das russische Schulsystem wurde bisher noch nicht von einer Revolution mit Regenbogenfarben westlicher Prägung vergiftet. Vielleicht wird die russische Kulturministerin Olga Ljubimowa dies zur Kenntnis nehmen, wenn man bedenkt, dass das Vereinigte Königreich gerade auch gegen sie Sanktionen verhängt hat. Auf der Liste steht auch der russische Journalist Timofei Sergeitsew, der jetzt nicht mehr die Gelegenheit haben wird, persönlich im Londoner Kaufhaus Harrods einzukaufen, wo er unterwegs am helllichten Tag Zeuge von Drogengeschäften werden kann oder einem Überfall mit einer Machete auszuweichen muss.

"Die neuen Sanktionen ziehen diejenigen zur Rechenschaft, die Putins Regime stützen, einschließlich derjenigen, die gern die Zerstörung der Ukraine, die Auflösung ihrer nationalen Identität und die Auslöschung ihrer Zukunft sehen würden", sagte der britische Außenminister James Cleverly.

In einem Videoauftritt bei der Verleihung des Golden Globe Anfang dieses Jahres beschrieb der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij diese neue ukrainische nationale Identität und Zukunft, und sprach dabei diejenigen an, die sich "vereint haben für die Unterstützung des freien ukrainischen Volkes in unserem gemeinsamen Kampf für Freiheit, Demokratie, für das Recht zu leben, zu lieben, zu gebären, egal wer man ist, woher man kommt und mit wem man zusammen ist".

Russland, anders als in echten Demokratien, läuft hingegen Gefahr, biologischen Männern das Recht zu entziehen, Kinder zu gebären. Kein Wunder, dass Großbritannien dermaßen wütend auf Russland ist.

Aus dem Englischen.

Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin eines unabhängig produzierten französischsprachigen Programms, das auf Sputnik France ausgestrahlt wird. Ihre Webseite findet man auf rachelmarsden.com.

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