Meinung

Göring-Eckardts Selbstverklärung: Die Demokratie bin ich

In einem Interview mit den "Tagesthemen" erläutert die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Katrin Göring-Eckardt, ihren Demokratie-Begriff. Er ist autoritär, elitär und grenzt weite Teile der Bevölkerung aus. Dass man ihr mit Ablehnung begegnet, wundert daher nicht.
Göring-Eckardts Selbstverklärung: Die Demokratie bin ichQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/M. Popow

Von Gert Ewen Ungar

Es ist eine merkwürdige Frage, die Tagesthemen-Moderatorin Michail Paweletz der Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) stellt. Es geht um Menschen in Ostdeutschland und ihr Verhältnis zur Demokratie.

"Gibt es in Ostdeutschland vielleicht eine andere Vorstellung von Demokratie, dass diese dazu da ist, den Willen des Volkes umzusetzen? Im Gegensatz zu dem pluralistischen Ansatz, unterschiedliche Meinungen und Interessen im Land auszugleichen."

Man wundert sich über diese Frage, denn natürlich ist Demokratie dazu da, den Willen des Volkes umzusetzen. Das sagt schon der Begriff. Demokratie bedeutet Volksherrschaft. Das ist keine spezifisch ostdeutsche Demokratie-Theorie, sondern ihr historischer Ursprung. Und Demokratie ist gleichzeitig das, was die unterschiedlichen Meinungen und Interessen ausgleicht, es gibt keinen Widerspruch. Die Frage ist seltsam.

Seltsam ist auch die Antwort Göring-Eckardts. Sie entlarvt die Frage obendrein als abgesprochen. 

"Ich denke, es geht um Ausgleich. Das ist die entscheidende Frage. Das ist die Aufgabe von Politik. Manchmal wird Politik ja so verstanden, dass man das Problem einer Person bitteschön zu lösen hätte. Ich habe darüber mit vielen diskutiert und gesagt: 'Nein, das ist nicht die Aufgabe von Politik. Ihr könnt euer Problem adressieren.' (...) Ich glaube, es geht in der Demokratie wirklich darum, Mehrheiten zu betrachten. Aber es geht eben auch darum, Minderheiten zu schützen. Und die leben natürlich in Ost und West ganz genauso. Und das auszutarieren und hinzubekommen, das ist der Job, den wir als Politikerinnen haben."

Göring-Eckardt pflegt hier einen elitären Demokratiebegriff und legt das grundlegende Problem grüner Politik offen. Von allen möglichen unterschiedlichen Spielarten der Demokratie entscheidet sich Göring-Eckardt für diejenige, die autoritären Systemen am nächsten kommt. Es ist die repräsentative Demokratie, bei der der gewählte Abgeordnete und die Regierung den Wählern nicht weiter rechenschaftspflichtig sind. Das ist bezeichnend.

Auch die Außenministerin machte in einem Statement zur Ukraine deutlich, dass sie an der Unterstützung der Ukraine festhalten werde, "egal, was meine deutschen Wähler denken." Die Grünen stehen für einen autoritären Politikstil inmitten demokratischer Strukturen.

Sicherlich, das gab und gibt es auch in anderen Parteien. Wolfgang Schäuble (CDU) nutzte die Demokratie zum Etablieren autoritärer Strukturen in der EU, die ausschließlich deutschem Machtstreben dienen. Schäuble drang auf die brachiale Durchsetzung unsolidarischer Maßnahmen. Und auch in der SPD gibt es Persönlichkeiten, die andere Positionen einfach niederschreien. Der Kanzler gehört ebenso zu diesem wenig sympathischen Personenkreis wie die Vorsitzende Saskia Esken.

Dass aber eine Partei als Ganzes für die Überwindung der Demokratie mit demokratischen Mitteln steht, ist neu. Die Grünen wollen genau das, macht Göring-Eckardt deutlich. Wer gegen uns ist, ist kein Demokrat. Das, was wir tun, ist Demokratie, alles andere nicht. Der politische Dialog ist nach den Vorstellungen Göring-Eckardts vor allem eines: eine Einbahnstraße. Er predigt den Bürgern von der Kanzel der politischen Institutionen herab. Kritik daran ist unzulässig. Demokratie ist ein grünes Elitenprojekt. 

Das zeigt sich auch an den Politikfeldern, in denen sich die Bundestagsvizepräsidentin persönlich engagiert. Göring-Eckardt plädiert für Waffenlieferungen an die Ukraine, macht sich für Zuwanderung und die Aufnahme von Flüchtlingen stark, darüber hinaus ist ihr Long-COVID ein wichtiges Anliegen. 

Damit erklärt sich aber auch, woher der Hass kommt, der Göring-Eckardt, Baerbock und Co. bei öffentlichen Auftritten entgegenschlägt und dessen Herkunft sich Göring-Eckardt so gar nicht erklären kann. Die Bundestagsvizepräsidentin und die Grünen stehen für eine Verlängerung des Krieges in der Ukraine. Unter den Grünen wurde Deutschland zu einem der zentralen Kriegstreiber. In ihrer Argumentation für Waffenlieferungen greift Göring-Eckardt auf antirussische, rassistische Klischees zurück. Russen vergewaltigen und töten, glaubt sie und legitimiert damit die aggressive deutsche Kriegspolitik, der täglich Hunderte von ukrainischen Soldaten zum Opfer fallen.

Dieser Rassismus steht für Göring-Eckardt erschreckenderweise nicht infrage. Ihr Russenbild unterscheidet sich nicht von dem, das Heinrich Himmler in seiner Propagandafibel "Der Untermensch" gezeichnet hat. Rassismus aber verdient keine Akzeptanz, sondern breiten gesellschaftlichen Widerspruch. 

Das Thema Long-COVID geht an der Lebenswirklichkeit der übergroßen Mehrheit der Deutschen vorbei, es gibt wahrlich Drängenderes. Es ist gesellschaftlich wenig relevant.

Die Parteinahme für Flüchtlinge und Zuwanderung wiederum verstärkt die Spaltung der Gesellschaft. Man muss schon ganz weit weg von den Belangen der Zivilgesellschaft sein, um zu glauben, die Ablehnung von Flüchtlingen und Zuwanderung wurzele ausschließlich in Rassismus und Fremdenhass. Göring-Eckardt ist ganz weit weg und greift genau zu dieser Begründung. Sie stiehlt sich damit zudem aus der politischen Verantwortung für die katastrophale Situation, in der sich Deutschland befindet.

Dabei wäre eine offene, echte politische Diskussion gerade zum Thema Zuwanderung und Migration dringender notwendig denn je. Deutschland ist in seinem aktuellen Zustand gar nicht in der Lage, eine große Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern aufzunehmen, ohne dass es zu gesellschaftlichen Verwerfungen kommt. Es fehlt an Wohnungen, an funktionierender Infrastruktur, die wirtschaftliche Dynamik ist mehr als mau und die Perspektive für einen immer größer werdenden Teil der deutschen Gesellschaft düster. Göring-Eckardt will dies alles nicht zur Kenntnis nehmen. Sie greift stattdessen zur Nazi-Keule. 

"Da gibt es 15 Prozent der Menschen, die massiv ausländerfeindlich sind, die Minderheiten nicht akzeptieren, die antisemitisch denken und die denken, sie könnten das in Handeln umwandeln."

Was sie dann ergänzt, lässt erschrecken: 

"Deswegen muss auf der anderen Seite die Demokratie auch klar sein in der Abgrenzung, aber auch im Einnehmen von anderen Perspektiven, als sie gewohnheitsmäßig da sind. Ich glaube in der Tat, es sind Menschen zurückzugewinnen. Wahrscheinlich nicht alle, aber auch für die, die für die Demokratie erreichbar sind, müssen wir klare Kante den anderen gegenüber zeigen."

Übersetzt heißt das: Demokratie ist das, was wir machen. Wer dabei nicht mitmacht, uns nicht gutheißt, ist kein Demokrat und wird ausgegrenzt. Kritik ist Hetze, Widerspruch ist Hass. Die vom autoritären Geist beseelten Grünen verweigern den politischen Dialog, sind ohne jede Empathie gegenüber den Sorgen und Nöten der Bürger und folgen kompromisslos der Durchsetzung ihrer Agenda auf Kosten des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Die Demokratie, das bin ich, glaubt Göring-Eckardt und ebnet damit wieder ein gutes Stück Weg in den autoritären Staat.

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