Meinung

"Null Bedauern, gar nichts" – Habeck im "Zeit"-Interview, was fehlte war der Bravo-Starschnitt

Robert Habeck wurde interviewt. Beim Betrachten der Zeilen beeindruckt die Selbstverliebtheit und Selbstzufriedenheit des Ministers. Ein Land wird mutwillig demontiert und zerstört, der Mithauptverantwortliche darf sich unbeeindruckt davon mitteilen und wird mit professionellen Fotos im Artikel unangenehm hofiert.
"Null Bedauern, gar nichts" – Habeck im "Zeit"-Interview, was fehlte war der Bravo-StarschnittQuelle: www.globallookpress.com © Britta Pedersen

Von Bernhard Loyen

Die aktuelle Bundesregierung wird in Erinnerung bleiben, dabei in mehrheitlich bedauerlicher und vor allem verachtenswerter Hinsicht. Ein ehemals stabiles Land erlebt den schleichenden Prozess einer mutwilligen Demontage und Zerstörung – explizit forciert in die Wege geleitet durch die amtierende Ampelkoalition. Besonders hervorheben möchten sich dabei für die kommenden Geschichtsbücher, neben einem unmotivierten, vergesslichen und schläfrig wirkenden Kanzler der SPD, zwei Parteimitglieder von Bündnis 90/Die Grünen. Annalena Baerbock als diplomatischer Rhetorik- und Strategieausfall des Jahrhunderts sowie Wirtschaftsminister "Kesse-Lippe" Habeck. Dieser gab der Wochenzeitung Die Zeit ein Interview (Bezahlschranke).

Dieses belegt erneut nachdrücklich die mehr als unangebrachte Arroganz und Abgehobenheit eines ehemals uneitlen Gockels, der es jedoch mittlerweile mehr als genießt, von professionellen Fotografen umgarnt und umschmeichelt zu werden. Mehr als über die inszenierten Fotos entlarvt sich Habeck durch seine schnoddrigen Aussagen.

Gleich zu Beginn erinnert der Zeit-Autor Giovanni di Lorenzo an eine gemeinsame Interviewsituation von vor fünf Jahren, um das erste Habeck-Gedankenwelt-Zitat zu platzieren:

"Es ist mir im Grunde egal, was die Menschen denken. Hauptsache, wir einigen uns auf politische Projekte, die uns verbinden und mit denen wir die Zukunft in die Hand nehmen. Die Gedanken dürfen gern frei bleiben."

So Herr Habeck im Jahre 2018, decodiert für die Gegenwart lautet die Gedankenvorgabe des heutigen Ministers, die Menschen vulgo Zuarbeiter dürfen schon eigenständig denken, umgesetzt wird am Ende aber rein das, was der Habeck haben und bekommen will. Man befinde sich laut Habeck in einem Abschnitt, "bezogen auf die Aufgaben, die Deutschland in den nächsten fünf bis zehn Jahren vor sich hat: mittendrin". Er erkenne für sich, dass trotz politischer Querelen zwischen Regierung und Opposition, "in der Bevölkerung ein ganz großer Gestaltungswille da ist". "Gestaltungswille", so umschreibt in bester orwellscher Manier ein Machtpolitiker willkürliche politische Vorgaben und Drangsalierungen, über die der Bürger das hart erarbeitete Dasein komplett umgestalten muss, mehrheitlich zuungunsten der individuellen Biografie.

Der Zeit-Autor wagt zu widersprechen, um zu erinnern, "so viel Unzufriedenheit, so viel Sorge und Enttäuschung" herrsche im Land, das mal "ein Muster war für Effizienz", in dem "so wenig funktioniert". Habeck antwortet, grafisch vollendet durch die Zeit-Redaktion:

Deutschland, Bürger, seid dankbar! Robert und seine Looser-Gang namens Ampelregierung sind jetzt da, um die lahmen Schluffis im Land endlich aufzuwecken. Es sei doch "mit den Händen zu greifen, was für eine Herausforderung diese Transformation darstellt", so Habeck flehend. Ja, aber wird diese Transformation von den Normalbürgern am Fuße des Elfenbeinturms überhaupt akzeptiert?, lautet die zage Rückfrage. Habeck gnädig in der Antwort, auch die CDU würde die "Performance der Regierung" zeitnah verinnerlichen, denn:

"Ja, ich bin optimistisch, dass wir einigungsfähig sind. Weil das Land in der Vergangenheit immer wieder gezeigt hat, dass es sich neu erfindet, dass wir Krisen meistern können. Und ich bin als Demokrat optimistisch, dass am Ende für Lösungen abgestimmt wird und nicht für die Verhinderung von Lösungen."

Das Habecksche Heizungsgesetz hätte aber doch "Teile der Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt – vielleicht auch in die Arme der Populisten getrieben", so die nächste anmaßende Behauptung. Diese Phase "steckt mir natürlich auch noch in den Knochen", so der Wohlstandsschlächter der Stunde. Nach vielen Irritationen und überwundenen Hürden wäre es nun final "ja auch gut so". Es sei ihm, Habeck, wichtig, dass "das Gespür für die gesellschaftliche Veränderung nicht verloren gehen darf". Er "glaube, wenn wir in ein paar Jahren zurückblicken, wird man sagen, gut, dass wir es – die Klimaschutzziele – angegangen haben.

Wichtig sei es "in einer Demokratie", politische und gesellschaftliche Mehrheiten zu besitzen, erklärt das Mitglied einer Partei, das über ein 14,8 Prozent Ergebnis bei 76,6 Prozent Wahlbeteiligung im Jahre 2021, zum verantwortungsvollen Ministerposten kam:

"Man muss aus dem Zentrum der Gesellschaft heraus immer wieder erklären, erklären, erklären, für die Mehrheiten werben, sie herstellen, Bündnisse schmieden."

Das "Zentrum der Gesellschaft" stellen dabei decodiert Wohlfühltermine bei den Print- und Fernsehmedien, abgeschottete und geschützte Wahlkampfveranstaltungen und interne Partei- und Ministeriumsgespräche ohne zu erwartenden Widerspruch von folgsamen Zuarbeitern. Es folgt der begehrte finale Teilzuschnitt des rein imaginären Bravo-Starschnitts in der limitierten Sammelausgabe der Zeit:

Der Interviewpunkt zur zurückliegenden Dauerkritik an seiner Person, an "Habecks Heiz-Hammer", offenbart dann neben vielen überflüssigen Phrasen und bekannten Erklär-Satzbaukästen die reine und gleichzeitig erschreckende Seelenoffenbarung des Kinderbuchautors Robert Habeck. Ob so ein "Dauerfeuer" Auswirkungen auf das Leben gehabt hätte, möchte Herr di Lorenzo wissen:

"Ja, aber anders, als man vermuten würde. Das, was ich im Moment mache, ist das Beste, was ich in meinem bisherigen politischen Leben gemacht habe. Es bedeutet mir richtig viel, und ich bin stolz darauf.

Ich habe immer viel gearbeitet, aber noch nie so viel wie in den letzten zwei Jahren. Ich weiß, wofür ich das tue. Es gibt null Hadern, null Zaudern, null Bedauern, gar nichts. Ich bin ganz verschmolzen mit der Aufgabe, die ich im Moment habe."

Ungezählte Traditionsfirmen und Lebensbiografien zu zerstören, bedeutet ihm also "richtig viel" und erfüllt mit Stolz? "Simply the best, better than all the rest", hieß es bei der kürzlich verstorbenen Tina Turner. Ihm wäre klar gewesen, dass "es nicht nur Applaus geben würde. Andererseits sind manche Dinge auch leichter gegangen, als ich es mir vorgestellt habe". Es ist sicherlich ein beeindruckender Moment zu realisieren, hey – ich habe Macht und die koste ich mal jetzt so richtig aus, weil alle auch noch mitmachen (müssen). Das einzige Problem, wären da nicht diese nervigen Menschen, Bürger, also Wähler. Der Gegenwind wäre nicht das Problem, "es ist auch nicht das, was mir in den Knochen steckt", sondern:

"Was mir in den Knochen steckt, ist, dass ich diesen Moment der gesellschaftlichen Veränderung zu spät gesehen habe. Nach dem ersten Jahr des russischen Kriegs gegen die Ukraine und der Energiekrise, wo alles so irre schnell gehen musste, wo es bei Entscheidungen auf Tage ankam … darüber habe ich viel nachgedacht, denn das sollte mir eigentlich nicht passieren."

Habeck erkennt laut Interview bei den Menschen "eine große Krisenerschöpfung, nach all dem, was die Menschen in den letzten Jahren strapaziert hat – die Pandemie, der Krieg zurück in Europa, die Inflation". Soso, und der Erschöpfungszustand der drei genannten Extreme resultierte doch gleich aus welchen Gründen und wessen Agieren? "Das war eine Antwort wie von Angela Merkel", so der Zeit-Redakteur zu Habecks Beantwortung zum Thema "Pressekampagnen". Habeck wörtlich:

"Das nehme ich in diesem Fall als Kompliment."

Früher habe er für sich gesprochen, "jetzt spreche ich für Deutschland". Ob er "Wähler einer in Teilen extremistischen Partei nicht automatisch für Extremisten halten" würde, lautet dann die nächste Frage. Habeck erklärt:

"So ist es. Alles, was ich von der AfD weiß, halte ich für falsch, teilweise für verschwörungstheoretisch, für demokratiefeindlich, teils für faschistisch. Mit den Menschen, die diese Partei wählen, kann ich trotzdem reden. Die werden hinterher nicht die Grünen wählen, die werden vermutlich auch niemals sagen, Robert Habeck ist ein prima Politiker. Das erwarte ich auch gar nicht. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass es richtig ist, miteinander zu sprechen."

Ja, weil am Ende doch das politische Berlin die vollständige Demontierung des Landes bestimmt? Vielleicht einfach mal bessere, lebensnahe und weniger zerstörerische Politik für die Menschen im Land machen, Herr Habeck. 

So werden Punkt um Punkt allseits bekannte, aktuelle Themenfelder abgearbeitet. Herr Habeck ist zufrieden mit sich, widerspricht viel, um zum Thema "Ohnmacht im Amt" zu Protokoll zu geben:

"Die Macht überwiegt eindeutig, aber noch einmal: Die Macht ist ein Arbeitsauftrag … Ohnmacht ist das falsche Wort, weil ich ja durchaus Möglichkeiten habe, Dinge zu ändern." 

Es wäre noch so vieles zu zitieren, um die erschreckende Gedankenwelt eines mehr als überforderten Ministers zu offenbaren, ein letztes Beispiel: Der Zeit-Autor verweist auf die Tatsache, dass "allein 2022 125 Milliarden Euro mehr Direktinvestitionen aus Deutschland abgeflossen sind, als im gleichen Zeitraum hier im Land investiert wurden". Habeck kontert spontan:

"Allein die Zahl der Unternehmen, von denen wir wissen, dass sie in den nächsten drei Jahren über 100 Millionen Euro investieren wollen in Deutschland, ist groß. Gut zwei Dutzend Firmen wollen einen Gesamtwert von 80 Milliarden Euro investieren."

Werden oder wollen? Sind dabei steuerfinanzierte Millionen-Subventionen im Spiel? Groß ist ein dehnbarer Begriff. Drei, fünf oder zwölf Mal "über 100 Millionen Euro"? Der Punkt, die wahre Effektivität der "zwei Dutzend Firmen" und daraus resultierender Wunschdynamiken, wird sich dann in wie vielen Jahren zeigen? "Wir müssen an der Wettbewerbsfähigkeit arbeiten, hart arbeiten, und wir haben kollektiv in der Vergangenheit weggeschaut", so Habeck vollkommen ungeniert, denn da wäre "eine klaffende Lücke an Fachkräften". 

Da ist es, das verräterische "wir" – gleich zweimal. Die Deutschen sind also selbst schuld am Niedergang ihres Landes, nicht die fatale Politik der 2010er Jahre, in der gnadenlosen und niederträchtigen Fortsetzung einer forcierten Zerstörung durch die Ampelregierung. Der Volksmund spricht: "Der Teufel braucht der Diener vier: Dummheit, Bosheit, Macht und Gier", diese Diener lauten in der Gegenwart … – bitte je nach Bedarf individuell ergänzen.

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