Meinung

Weltgesundheitsgipfel 2023 – Lobbyisten-Treffen zur Neuausrichtung der WHO

In Berlin trafen sich die Lobbyisten von Pharmakonzernen und Stiftungen drei Tage zum sogenannten "Weltgesundheitsgipfel 2023". Dabei berieten sie über die "Neuausrichtung" der Weltgesundheitsorganisation als globales Machtgremium. Um unnötige Konkurrenz zu vermeiden, wollen sich die Pharma-Konzerne bei der Verteilung der Finanzen abstimmen.
Weltgesundheitsgipfel 2023 – Lobbyisten-Treffen zur Neuausrichtung der WHO© Facebook WHS2023

Von Felicitas Rabe

In diesen Tagen traf sich in Berlin vom 15. bis zum 17. Oktober beim dreitätigen Weltgesundheitsgipfel 2023 die Crème de la Crème der weltweiten Gesundheitsindustrie-Vertreter zum Thema "Ein entscheidendes Jahr für globale Gesundheitsmaßnahmen". Obwohl den internationalen Lobbyisten laut dem Veranstaltungsmotto "Globale Gesundheit und Wohlbefinden für alle" und damit angeblich unser aller Wohl am Herzen liegen, wird die hochkarätig besuchte Konferenz erstaunlich sparsam medial präsentiert. Scheinbar will man Gutes tun, aber dafür lieber im Verborgenen wirken.

Referenten von Google, Youtube und Financial Times zur Medienstrategie bei der globalen Machtübernahme der Weltgesundheitsorganisation

Dabei ist die mediale Strategie bei der "entscheidenden Neuausrichtung der Weltgesundheitsorganisation" sogar eines der zentralen Konferenzthemen. In der Referentenliste findet man neben den Chefs von medizinischen Fachzeitungen wie The Lancet auch Vertreter von Google und Youtube, die ihre neuen medialen Gesundheitsstrategien "zu unser aller Wohlbefinden" auf dem Weltgesundheitskongress präsentieren (und später vermarkten) dürfen.

Die Firma Google wird auf der Konferenz von dem deutschen Leiter der Google-Gesundheitsabteilung Götz Gottschalk und den US-amerikanischen Google-Gesundheitschefs Dr. Garth Graham und Dr. Ivor Horn vertreten. Seitens des medizinischen Fachblatts The Lancet und der Wirtschaftszeitung Financial Times sind laut Teilnehmerliste die Geschäftsführer Dr. Jessamy Bagenal und der Korrespondent Joe Miller für unser aller Wohl zuständig.

Konzern-Lobbyisten verhandeln über neue Kooperationen bei der WHO

Im Vorfeld wurde der Präsident des Weltgesundheitsgipfels Axel R. Pries gefragt, wie der Gesundheitsgipfel zur Lösung diverser Problemen beginnend beim "Klimawandel" bis hin zur "Demokratiebedrohung" beitrage. Wie aus seiner Antwort hervorgeht, ist die Weltgesundheitsorganisation offenbar gerade dabei, sich alle globalen politischen und wirtschaftlichen Themen unter ihre Zuständigkeit zu manövrieren und dafür eine neue Agenda anzupassen. Die neue Agenda soll schließlich von neu eingerichteten Kooperationspartnern umgesetzt werden.

Wortwörtlich erklärte Pries: "Der Weltgesundheitsgipfel bringt Interessenvertreter und Entscheidungsträger aus allen relevanten Bereichen der Politik, der Wissenschaft, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft in einer freundlichen Atmosphäre zusammen. Dies regt die Suche nach neuen Ansätzen für die anstehenden Herausforderungen an und schafft neue Allianzen für deren Umsetzung." Der Mediziner, der bis Ende 2022 als Dekan die Berliner Charité leitete, arbeitete zuvor von 1984 bis 2014 als Berater für Projekte der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde NIH (National Institute of Health). Dafür war er jedes Jahr für einen Monat an der Universität Arizona in Tucson zu Gast.  

In seinen Begrüßungsworten machte der deutsche Bundeskanzler dann klar, was man auf diesem Gipfel erarbeiten wollte: Pandemievorsorge, internationale Koordination, schlanke Prozesse, Zugang zu Daten, Zugang zu Impfstoffen – alle diese Themen erforderten eine engere internationale Zusammenarbeit. Deshalb begrüße Scholz sehr die Arbeit "mit unseren internationalen Partnern an einem Pandemieabkommen im Rahmen der WHO". 

Dass dies de facto ab kommendem Mai die Weichenstellung für eine Globalherrschaft der Weltgesundheitsorganisation bedeutet, machte Scholz dabei lieber nicht unmissverständlich klar. Die geplante Globalherrschaft der WHO offensiv zu vertreten, scheint den Lobbyisten trotz aller noblen Absichten irgendwie unangenehm zu sein. Dafür schlug Scholz selbst als Nichtmediziner aber schon in seiner Willkommensrede neue Anwendungsgebiete für die seit der Coronapandemie zugelassene gentechnische Anwendung der mRNA-Technologie vor:  

"Die mRNA-Technologie kann beispielsweise auch unsere Bemühungen zur Bekämpfung anderer Krankheiten wie Malaria oder verschiedener Krebsarten beschleunigen", behauptet Scholz zu wissen.

Bevölkerungswachstum als drängendes, von der WHO zu lösendes Problem

Auch der französische Präsident erläuterte in seiner Begrüßung, warum angeblich keine Regierung die kommenden gesundheitlichen Bedrohungen alleine bewältigen könne. Dabei stellte er neben den anderen Themen insbesondere auch noch das Bevölkerungswachstum als drängendes Problem dar, das man gemeinsam unter der Führung der  Weltgesundheitsorganisation lösen könne und müsse : "Wenn wir die gesundheitlichen Herausforderungen wirksam angehen wollen, müssen wir unsere Zusammenarbeit bei anderen drängenden globalen Problemen wie Klimawandel, Konflikten, Bevölkerungswachstum und Urbanisierung verstärken."

Laut dem Willkommensgruß durch den Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Tedros Adhanom Ghebreyesus sei in einer Zeit der stagnierenden Wirtschaft "jetzt ... genau der richtige Zeitpunkt, um strategische Investitionen in die Gesundheit zu tätigen – Investitionen in das Humankapital – ... Dafür brauche man "die Zusammenarbeit mehrerer Interessengruppen, wie sie auf dem Weltgesundheitsgipfel gefördert werden". Mittels des internationalen WHO-Pandemievertrags würde man auch dafür sorgen, dass keine Konkurrenzen entstehen.

Laut Ankündigung der Organisatoren gehören in diesem Jahr zu den zentralen Themen des Gipfels unter anderem die drei Themenfelder:

  • Lehren aus COVID-19 für künftige Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion
  • Nutzung der Macht der digitalen Technologien für die globale Gesundheit
  • Geberkonferenz der Globalen Finanzierungsfazilität (GFF)

Neue Arten der Finanzierung: Nicht nur politisch, auch technisch und finanziell will "man" bei künftigen Pandemien besser vorbereitet sein

Zum Thema "Lehren aus COVID-19 für künftige Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion" steht in der Programmbeschreibung: COVID-19 habe auf drastische Weise die tödlichen und kostspieligen Auswirkungen von Pandemien aufgezeigt. Für zukünftige Pandemien wolle man "politisch, technisch und finanziell besser auf die existenzielle Bedrohung durch künftige Pandemien vorbereitet sein". Bei dem geplanten WHO-Pandemieabkommen ginge es daher schwerpunktmäßig um "Gerechtigkeit und Zugang". 

"Die Verhandlungen über ein Pandemie-Abkommen – mit Schwerpunkt auf Gerechtigkeit und Zugang – sowie die Überarbeitung der Internationalen Gesundheitsvorschriften werden entscheidende Schritte in diesem Prozess sein. Erhebliche Investitionen und neue Arten der Finanzierung sind erforderlich", lautet die Beschreibung des Programmpunkts "Künftige Pandemieprävention".

Da es grundsätzlich darum gehe, zukünftig "existenzielle Risiken zu bekämpfen, muss die Agenda für die Pandemievorsorge über den Gesundheitssektor hinausgehen". Aktuell gehe es um breite Beteiligung der Interessengruppen und eine Absicherung der Finanzierung dieser Vorsorge-Agenda.

Redner auf dem Gesundheitsgipfel – vor allem aus der Pharmaindustrie und einschlägigen Stiftungen

Tatsächlich spiegelt die umfangreiche Rednerliste die breite Beteiligung der Interessengruppen, die sich bei der strategischen Neuausrichtung der Weltgesundheitsorganisation "um unser aller Wohl sorgen und bemühen". So sind neben führenden Vertretern der großen Pharmaindustrien, wie beispielsweise GlaxoSmithKline (GSK), Pfizer, BioNTech, Bayer AG, Wellcome-Stiftung oder Boehringer Ingelheim, auch die Vertreter wichtiger philanthropischer Stiftungen und Gesundheitsorganisationen bei der Sorge um unsere Gesundheit quasi selbstlos engagiert.

Wie zum Beispiel der Repräsentant vom Roten Kreuz für Kolumbien und Venezuela, Javier Francisco González Bello, sowie natürlich jeweils gleich mehrere Vertreter der Gavi-Impfallianz, der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health, der Bill & Melinda Gates Foundation und der Rockefeller Foundation, um nur ein paar der angeblich allesamt "selbstlosen Gesundheitsaktivisten" zu nennen. Wobei das Rote Kreuz während der Pandemiezeit in auffälliger Weise kaum irgendwo öffentlich in Erscheinung getreten war.

Und neben dem unvermeidlichen Prof. Dr. Christian Drosten von der Berliner Charité darf natürlich auch der deutsche Gesundheitskomiker Eckart von Hirschhausen nicht fehlen. Der Fernsehdoktor ist scheinbar in derartig vielen Themen und Spezialgebieten bewandert und um unser Wohl besorgt, dass einem schon schwindlig wird von so großem Einsatz.

Am Abschlusstag der Konferenz war Hirschhausen neben anderen einer der Referenten in der Veranstaltung "Der Weg zur COP 28: Maßnahmen für Klimawandel und Gesundheit." Dort sprach der als Gründer der Organisation "Healthy Planet" (Gesunder Planet) vorgestellte Fernsehdoktor unter anderem gemeinsam mit dem stellvertretendem Präsidenten der Rockefeller Stiftung Dr. Naveen Rao und der belgischen Ministerin für Klima und Green Deal Zakia Khattabi. Der Workshop-Beschreibung kann man entnehmen, dass "beispielsweise die wirtschaftlichen Argumente für Klimamaßnahmen deutlich machten", wie groß der Nutzen für die Gesundheit sei.

Dass die Vertreter von superreichen Aktionären der Pharmaindustrie und der Stiftungen von Milliardären sich traditionell angeblich um die Verbesserung des Wohlergehens und der Gesundheit der Weltbevölkerung bemühen, dafür gibt es ja weltweit inzwischen ausreichend Belege und Erfahrungen, insbesondere in den Ländern des globalen Südens. Insofern dürfen wir Menschen doch sicher großes Vertrauen haben, dass wir zukünftig noch schneller mit "passender Gentechnik" behandelt werden. Und sicher wird auch eine noch bessere KI-Technik zur Verfügung stehen, um uns alle zu kontrollieren oder vor Ansteckung zu schützen, genau wie beim letzten Mal. Und wie beim letzten Mal werden alle diese Maßnahmen nur Gutes bewirken – insbesondere, wo doch wieder dieselben Organisationen und bekannten Persönlichkeiten beteiligt und um unser Wohl besorgt sind.

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