Meinung

Washington Post und Spiegel präsentieren neue Theorie zu Nord Stream-Sprengung

In der westlichen Presse ist zuletzt eine Serie von Artikeln erschienen, in denen die Nord Stream-Sprengung und weitere Terrorakte als Eigenmächtigkeit der ukrainischen Geheimdienste dargestellt werden. Sogar der Name eines ukrainischen Oberst fällt. Es ist wenig glaubhaft und hat alle Anzeichen einer orchestrierten Kampagne, findet RT-Kolumnist Wladimir Kornilow.
Washington Post und Spiegel präsentieren neue Theorie zu Nord Stream-SprengungQuelle: Gettyimages.ru © Michal Rojek

Von Wladimir Kornilow

In den westlichen Medien findet derzeit eine kuriose Informationskampagne statt. Gestern sorgte die Veröffentlichung der Ergebnisse einer gemeinsamen "Recherche" der amerikanischen Zeitung The Washington Post und der deutschen Wochenzeitschrift Der Spiegel über den ukrainischen Oberst Roman Tscherwinski, der die Nord Stream-Pipelines in die Luft gesprengt haben soll, für großes Aufsehen. Am selben Tag veröffentlichte die Sunday Times auf ihrer Webseite einen Artikel des selbst ernannten "Russland-Experten" Mark Galeotti über Reibereien zwischen ukrainischen und westlichen Geheimdiensten. Die Artikel scheinen unterschiedlich zu sein, aber sie können alle unter der Überschrift "Ukrainischer Sündenbock" zusammengefasst werden.

Viele haben gestern über die "Untersuchung" der Aktivitäten von Oberst Tscherwinski geschrieben, sodass ich nicht auf Einzelheiten eingehen werde. Ich möchte nur auf eine wichtige Tatsache hinweisen: Es wird versucht, die Verantwortung für die Explosion der Nord Stream-Gaspipelines einem ukrainischen Offizier zuzuschieben, der bereits in Untersuchungshaft sitzt. Er soll im Sommer vergangenen Jahres eine Sonderoperation gegen Russland sabotiert haben, was angeblich sogar zum Beschuss eines Flughafens in der Region Kirowograd und zu Opfern unter den Angehörigen der ukrainischen Streitkräfte geführt hat.

Ich kann mir sogar ungefähr vorstellen, wie die Suche nach einem Sündenbock für die Nord Stream-Explosionen aussah. Am 7. November veröffentlichte die Ukrainska Prawda ein Interview mit dem hinter Gittern sitzenden Tscherwinski und ein kluger Kopf hatte die Idee: Lasst uns ihm das US-Verbrechen anhängen! Ein paar Tage später popelten sich die Washington Post und der Spiegel eine "Recherche" aus der Nase, die sich angeblich auf eine Vielzahl von Quellen "in den ukrainischen und westlichen Sicherheitsdiensten" stützt, aber eine nicht minder beeindruckende Fülle von Ungereimtheiten enthält.

Die wichtigste davon ist die Chronologie. So stört Tscherwinski im Juli 2022 eine ukrainische Spezialoperation und wird des Machtmissbrauchs beschuldigt (SBU-Chef Maljuk nannte ihn sogar einen "Schurken, der auf eigene Faust gehandelt hat"). Und im September sprengt er in aller Stille die Nord Stream-Pipelines in die Luft! Ja, ich kann mir vorstellen, dass man ihm nach all dem, was passiert ist, vertrauen kann! Aber dann scheint er seine Glaubwürdigkeit eingebüßt zu haben, denn er wurde wegen vergangener Ereignisse verhaftet, dass sein "Verdienst" berücksichtigt wurde, der seine Selbstherrlichkeit ausgleichen müsste! So, so. Die Autoren dieser Hypothese halten ihre Leser offensichtlich für Idioten.

Und dann erscheint "zufällig" eine Veröffentlichung von Galeotti! Dieser "Kremlinologe" schreibt in seinem graphomanischen Stil, dass die amerikanischen und britischen Spionagedienste, die Kiew überwachen, angeblich sehr unzufrieden damit sind, dass der ukrainische SBU und der GUR eine zu unabhängige und riskante Politik verfolgen, die sich auf Terroranschläge innerhalb Russlands konzentriert. Und das, so heißt es, beunruhigt den Westen sehr, denn er ist sich bewusst, dass diese Terroranschläge in der russischen Gesellschaft genau das Gegenteil von dem bewirken können, was die Ukraine und der Westen sich erhoffen.

Der ziemlich oberflächliche Artikel enthält zudem Verweise auf anonyme "Quellen", die Galeotti, soweit ich weiß, selbst erfunden hat. Aber es ist bezeichnend, dass dies alles an einem Tag veröffentlicht wurde. Es gibt Anzeichen für eine koordinierte Kampagne, deren Ziel es ist, die Verantwortung für die aufsehenerregenden Terroranschläge gegen die russische Infrastruktur und gegen unsere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens allein auf die Ukraine zu schieben. Als ob die westlichen Sicherheitsdienste nicht mit von der Partie wären! Sehen Sie nur, wie ungehorsam und unkontrollierbar diese Ukrainer sind! Bald werden sie Oberst Tscherwinski auch das Kennedy-Attentat anhängen, wenn es sein muss. Er war damals noch nicht geboren? So what! Das wird dem Konsumenten der "Recherchen" in der westlichen Presse kaum auffallen und mit Sicherheit nicht verunsichern.

Es besteht kein Zweifel daran, dass ein einsamer Oberst, der bei seinen verpfuschten Operationen auf dem Territorium der Ukraine gescheitert ist, nicht in der Lage wäre, auf einer kleinen Jacht Gaspipelines auf dem Grund der Ostsee in die Luft zu jagen. Und das selbst dann, wenn die Geheimdienste der USA, der Niederlande und einiger europäischer Länder von seinen Vorbereitungen wussten, was sie schon vor langer Zeit zugegeben haben. Aber ein Sündenbock ist gefunden und die westliche Öffentlichkeit muss nur darauf achten, dass sie keine unnötigen Fragen stellt.

Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist am 12. November 2023 auf der Plattform "Exklusiv für RT" erschienen. 

Wladimir Kornilow ist russischer Politkommentator und Kolumnist 

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