Im Tunnel der Eskalation
Von Andrei Rudaljow
Gewissenlose europäische "Verantwortliche", also Personen mit Positionen, Epauletten und Schulterklappen (oder was immer sie sonst noch haben) treiben ihre Gesellschaft in den Tunnel des Krieges als angeblich einzigen realen Ausweg. Das also ist das europäische Projekt für die nahe Zukunft, um alle angehäuften Probleme auf einen Schlag zu lösen.
Wenn das alles so läuft, wird der Krieg durch ihr rituelles Gehabe zu einer gesamteuropäischen Größe, ohne die sie sich selbst nicht mehr wahrnehmen können. Denn sie haben nichts anderes mehr zu bieten, und hiermit wird es vielleicht noch klappen. Sonst geht alles unter. Einige niederträchtige Menschen sind aus ihren Löchern gekrochen und träumen davon, dass die ganze Welt zur Hölle geht. Diese Menschen – oder Unmenschen? – kamen selbst aus dieser Finsternis hervorgekrochen. Was haben sie zu verlieren? Für sie ist unser Blut wie Wasser, und ein Völkermord an unserem Volk scheint ihnen lächerlich zu sein.
Vor unseren Augen verwandelt sich die europäische Politik in einen Karneval des Krieges, in einen Todesreigen. Und es ist nicht mehr ganz klar, ob sie sich Masken von Kannibalen aufgesetzt oder im Gegenteil die Masken des Anstands nur abgeworfen haben und nun ihr wahres Gesicht zeigen. Und wir verschwinden. Der französische Präsident Macron reißt sich von der Kette los und ist bereit, seine Mitbürger auf die Schlachtbank zu schicken, um selbst Ruhm und Ehre zu erlangen. Und solche geknechteten Menschen stehen dort jetzt Schlange und proben Schlachtrufe. So funktioniert ihre Selbsthypnose, die sich wie eine Pandemie mit primärer Hirnschädigung ausbreitet.
Deutschland kommt nicht weit danach. Aber dort ist alles vernünftig, pragmatisch und diszipliniert: Die bereits vorbereiteten ukrainischen "Verbrauchsgüter" werden noch einige Zeit reichen, diese Zeit muss also für denselben Zweck genutzt werden – zur Vorbereitung auf den Krieg. Nun, Sie verstehen, es ist ein Tunnelblick: Sie wollen gar nichts anderes mehr sehen oder hören, ihr Verstand ist längst ausgeschaltet, wie bei den Anhängern einer totalitären Sekte.
Und das also ist das Deutschland, das – wie uns versichert wurde – längst Buße getan hat und die Konsequenzen aus den im zwanzigsten Jahrhundert angerichteten Gräueln gezogen hätte und alles daran setzt, damit sich das nicht wiederholt. Aber selbst die angeblich Reumütigen haben heute schon wieder nur noch den Krieg in ihren Worten und Gedanken. Jetzt ist klar, welche Schlussfolgerungen sie damals gezogen hatten.
Der deutsche Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius forderte sein Land auf, sich auf einen Krieg mit Russland vorzubereiten. Und legte sogar einen Zeitraum von fünf Jahren dafür fest, wieder einmal. Der Herr hat eine Obsession.
Obwohl vom Krieg nur in Möglichkeitsform gesprochen wird, wird zugleich durch endloses Gerede alles getan, um jeden anderen Ausweg unmöglich zu machen. So wird die Realität modelliert.
Pistorius ruft zur Kriegsbereitschaft auf, beteuert aber gleichzeitig immer wieder, dass Deutschland nicht vorhabe, in den Ukraine-Konflikt hineingezogen zu werden. Wie das? Ach so, es geht doch nur um die Verteidigung gegen den ewigen "Aggressor" dort im Osten. Das klingt wie in der Mitte des letzten Jahrhunderts, oder etwa nicht?
Auch hier bedient sich der deutsche Verteidigungsminister des typisch deutschen Pragmatismus und versichert, dass die Unterstützung des Selenskij-Regimes eben billiger sei, als einen russischen Sieg zu dulden. Alles richtig, all das ist billiger als die entscheidende Rolle unseres Landes bei der sogenannten Wiedervereinigung Deutschlands zu würdigen, als die billigen russischen Energieträger für das Wachstum der deutschen Wirtschaft zu nutzen und als die guten Beziehungen zu unserem Land, die über Jahrzehnte aufgebaut wurden, zu schätzen und zu bewahren. Letzteres ist alles nichts wert, all das kann man leicht für eine fixe Idee streichen. Worin besteht diese fixe Idee? Geht es dabei etwa um eine Revanche, um derentwillen sie jetzt die deutsche Kriegsmaschinerie, die schon für zwei Weltkriege verantwortlich war, wieder in Gang setzen?
Es ist schade, dass Pistorius diesen Punkt nicht weiter ausführt – im Gegensatz zu Scholz, der seiner Nation leicht und selbstverständlich Vergebung gewährte.
Aber vielleicht müssen wir die Logik von Pistorius und auch offiziellen Vertretern anderer europäischer Länder so verstehen, wie das abwechselnde Vollführen schamanischer Rituale, dem Publikum dabei die Idee eines möglicherweise bevorstehenden Krieges gegen Russland aufhalsend. Zum Beispiel, weil das Ausmaß ihrer "Nichteinmischung" in den Konflikt ein so ungeheuerliches Ausmaß erreicht, dass Russland einfach reagieren muss. Deshalb also bereiten sie sich schon jetzt auf den gemeinsamen Ruf vor: "Hey, wofür sind wir denn da?"
Oder sie planen möglicherweise, unser Land durch allmählich gesteigerte Eskalation innerhalb von fünf Jahren zu zermürben, wobei sie sich hinter dem Artikel 5 der NATO-Charta als Feigenblatt verstecken und stürzen sich dann in Scharen auf unser Land, um es zu vernichten und aufzuteilen, wie sie es sich erträumen. Das heißt, sie wenden einen einfachen Trick an: Sie geben ihre Wünsche als die Absichten der Gegenseite aus.
Aber wie ist ein Krieg mit Russland möglich, wenn es über Atomwaffen verfügt? Jemand sollte Pistorius diese Frage stellen. Oder glaubt er, dass Russlands nukleare Triade nur Teil einer Virtuelle Realität ist, die man in Klammern gesetzt einfach wieder ausblenden kann? Es gibt so viele Fragen, aber sie alle treffen auf einen Sumpf der Absurdität, in dem die Alte Welt gerade selbstmörderisch versinkt. Stürzt sie freiwillig oder nicht? Es hat jedoch keinen Sinn, über den Willen zu sprechen, wenn jemand nicht mehr weiß, was er tut und was er sagt.
Zur echten Realitäten passen bestens die wiederbelebten Karikaturen der Kukryniksy, des sowjetischen Künstlertrios Kuprijanow, Krylow und Sokolow. Motive für Karikaturen gibt es genug: Die Vereinigten Staaten treiben ihre Horden mit ihrer Rhetorik über die von dort ausgehende "Bedrohung" gen Osten oder die NATO schaut mal in den Spiegel und erkennt die Gesichtszüge des deutschen Führers.
Unlängst fiel mir zufällig eine sowjetische Broschüre "Prolog zum Krieg" aus der Schulbuchserie der frühen 1960er Jahre in die Hände. Dort wird bereits im Vorwort auf die jüngere Geschichte eingegangen: Über die Bestrebungen und den Drang nach Wiederbelebung des damaligen "westdeutschen Militarismus" für einen neuen Feldzug nach Osten und über die Tatsache, dass "die derzeitigen Machthaber des Westens die geistigen Erben derer sind, die die Menschheit in den Abgrund des Zweiten Weltkriegs gestürzt haben". Und heute tun diese törichten Erben alles, damit diese Geschichte in naher Zukunft wieder zur Realität wird.
Es ist noch gar nicht so lange her, als wir uns alle fragten: Wie konnte sich ein sooo aufgeklärtes und zivilisiertes Europa plötzlich in einen unersättlichen und wilden Werwolf verwandeln? Und das ist es: Genau wie jetzt trieb sich Europa damals in den Wahnsinn, mit genau den gleichen Stimmen, der gleichen Rhetorik und den gleichen Handlungen.
Danach haben wir jedoch alles getan, was wir konnten, um uns einzureden, dass dieses Bild wohl falsch sei. Wir haben die Augen vor offensichtlichen Dingen verschlossen, wir haben geträumt und gehofft. Doch nun holen uns Leute wie Pistorius in die Realität zurück, in ihre Realität. In eine Realität, die dunkel und unterirdisch, die kannibalisch ist. Und es stellt sich heraus, dass wieder einmal alle Hoffnung auf Russland lastet.
Übersetzt aus dem Russischen.
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