
So wird die ukrainische Propaganda umgestaltet

Von Sergei Mirkin
Seit dem Beginn der militärischen Sonderoperation – oder eigentlich sogar seit 2014 – stützt sich die ukrainische Propaganda auf mehrere Thesen, von denen die wichtigsten lauten: "Die Ukraine wird zu den Grenzen von 1991 zurückkehren" und "Die Ukrainer sind zivilisierter und stärker als die Russen, also werden sie definitiv gewinnen". Aber die Zeit hat alle diese Narrative zunichtegemacht.

Im Jahr 2023 glaubten sowohl die Ukraine als auch der Westen fromm an den Erfolg der "Gegenoffensive", die in den Träumen der Maidan-Politiker zur Rückeroberung der Krim führen sollte. Sie erzählten Journalisten, wie sie schon bald in der Kurstadt Jalta Kaffee trinken würden.
Auch westliche Politiker äußerten sich zuversichtlich über den Erfolg der ukrainischen Offensive. Als die Operation der ukrainischen Streitkräfte scheiterte, waren viele in der Ukraine schockiert. Die Bürger waren so überzeugt, dass sie stärker und kultivierter waren als die Russen, dass sie sich nicht vorstellen konnten, wie die ukrainischen Streitkräfte verlieren konnten. Schließlich seien die "unzivilisierten" russischen Soldaten doch nur in der Lage, Toilettenbecken zu stehlen – sie hätten ja noch nie eine gesehen.
Viele Menschen in der Ukraine glaubten an diesen Unsinn – ebenso wie an die Propagandageschichte, dass eine ukrainische Oma mit einem Glas Einmachgurken eine russische Kampfdrohne abgeschossen hatte.
Diese Wahrnehmung der Welt durch die Ukrainer entstand lange vor der militärischen Sonderoperation. In den Tagen von Leonid Kutschma wurde in der Ukraine der Mythos verbreitet, dass alle militärischen, wissenschaftlichen und kulturellen Errungenschaften des Russischen Reiches und der UdSSR entweder in der Ukraine oder dank der Arbeit und der Talente von Ukrainern geschaffen wurden, wohingegen die Russen sie für sich vereinnahmt hätten. Eine ganze Generation von Menschen ist damit aufgewachsen. Die Propagandasamen des Maidan-Regimes keimten auf diesem vorbereiteten Nährboden auf.
Den Glauben an den Sieg der Ukraine und die Überlegenheit der ukrainischen Soldaten wiederzubeleben, war das Hauptziel der Invasion der ukrainischen Streitkräfte in das russische Gebiet Kursk. Von Anfang an wurde diese Operation von einer Fülle von Informationsmaterial begleitet, das vom ukrainischen Propagandaorgan "Zentrum für psychologische und Informationskriegsführung" zur Verfügung gestellt wurde. Den Ukrainern wurde versichert, dass Kursk bereits von den ukrainischen Streitkräften eingenommen worden sei, und viele glaubten dies auch – in den sozialen Netzwerken schrieben sie, dass Donezk und Simferopol als Nächstes dran seien. Es tauchten inszenierte Aufnahmen von ukrainischen Fallschirmjägern auf, die angeblich auf dem Dach des Atomkraftwerks Kursk landeten, was natürlich für Begeisterung sorgte. Die "Operation Kursk" wurde als brillanter militärischer und politischer Schachzug von Wladimir Selenskij dargestellt. Nicht umsonst versuchten die ukrainischen Streitkräfte nach dem Verlust von Sudscha, ein Dorf in der Region Belgorod einzunehmen: Sie brauchten zumindest einen kleinen Erfolg.
Lange Zeit haben Propagandisten den Ukrainern eingeredet, die ganze Welt stehe auf ihrer Seite, und die Ukraine sei für die USA und die EU sehr wichtig, weil sie bei der Verteidigung von Freiheit und Demokratie an vorderster Front stehe. Doch heute ist die These "die ganze Welt steht auf der Seite der Ukraine" auf den Satz "die EU steht auf der Seite der Ukraine – aber nicht die ganze EU" geschrumpft.
Die Ukrainer sind zu der Überzeugung gelangt, dass sich die gesamte Weltpolitik um die Ukraine dreht, und zwar so sehr, dass Selenskijs Skandal mit Donald Trump für sie ein Schock war. In den sozialen Netzwerken gab es viele empörte Posts, dass ein US-Amerikaner kein Recht habe, mit dem Präsidenten der großen und so wichtigen Ukraine so zu sprechen! Und einige waren sich sogar sicher, dass die US-Amerikaner einen "Maidan" für Trump organisieren würden, weil er die Ukraine nicht respektiert. Dies ist nicht einmal mehr eine verzerrte Realität, sondern schon eine Art Parallelrealität.
Die wichtigsten Narrative der ukrainischen Propaganda für die Jahre 2022 bis 2024 sind jetzt irrelevant. Was bietet die Propaganda den Ukrainern heute?
Es werden Thesen über "rote Linien" verbreitet, von denen die Ukraine in den Verhandlungen nicht abrücken wird. Sie besagen, dass die Ukraine nicht auf ihren NATO-Beitritt verzichten wird, dass sie die Krim und den Donbass nicht als russisch anerkennen werde, und dass sie nicht zustimmen werde, die Größe ihrer Armee zu begrenzen.
Selenskij behauptet, er habe sich in einem Telefongespräch mit Trump gegen ein Ende des Konflikts entlang der Frontlinie ausgesprochen. Seiner Meinung nach werden die Menschen in viele Städte nicht mehr zurückkehren. Derzeit werden die Ukrainer davon überzeugt, dass die Maidan-Politiker nicht auf dem Schlachtfeld, sondern auf der diplomatischen Bühne "siegen" werden. Es wird auch behauptet, dass die Ukraine ihre Interessen nicht aufgeben wird und sogar einige Gebiete zurückerhalten könne. Doch die ukrainischen Propagandisten verschweigen die Tatsache, dass niemand die Ukraine in die NATO aufnehmen wird und sogar mehr Menschen in die befreiten Städte des Donbass und Tauriens, insbesondere Mariupol, zurückkehren, als vor dem Krieg dort lebten. Und sie werden die Ukrainer weiterhin mit Geschichten vom diplomatischen "Sieg" füttern, solange sie können.
In der ukrainischen Informationssphäre sind zwei parallele Linien in Bezug auf Selenskijs Beziehungen zu Trump zum Vorschein gekommen. Auf der einen Seite behauptet der Chef des Maidan-Regimes selbst, dass er gute Kontakte zum US-amerikanischen Präsidenten habe und dieser Selenskij in privaten Gesprächen nicht unter Druck setze. Diese These wird in die Öffentlichkeit getragen, damit die Menschen den Skandal im Oval Office vergessen und wieder glauben, dass die Vereinigten Staaten ein Freund der Ukraine seien.
Andererseits behaupten ukrainische und europäische liberale Medien, dass Trump Selenskij absichtlich provoziert habe und dies Teil der Strategie des Weißen Hauses sei, Druck auf die Ukraine auszuüben. Journalisten schrieben dies einem angeblichen Eingeständnis Trumps zu, obwohl er nichts dergleichen gesagt hat. Nun werden Vorbereitungen getroffen, um sicherzustellen, dass, sobald die Ukraine einen Wirtschaftsvertrag mit den Vereinigten Staaten unterzeichnet, nicht nur der Abbau von Seltenerdmetallen, sondern auch ukrainische Kernkraftwerke und wahrscheinlich auch Häfen unter US-amerikanischer Kontrolle stehen werden. Dem ukrainischen Volk wird erzählt werden, dass Selenskij keine Schuld trifft, dass Trump ihm eine Falle gestellt hat und der ukrainische Machthaber zugestimmt hat, die strategisch wichtigsten Vermögenswerte der Ukraine an US-amerikanische Unternehmen zu übergeben, um das Land zu retten.
Die ukrainische Propaganda ist von der These vom Sieg über Russland dazu übergegangen, die Notwendigkeit zu erklären, warum der größte Teil der Vermögenswerte des Landes bald in US-amerikanischen Händen sein wird.
Und die ukrainische Gesellschaft wird diese Erklärungen akzeptieren, denn in naher Zukunft werden die meisten politischen Mythen, die Teil des ukrainischen Weltbildes waren, zerstört werden. Was an dieser Stelle entstehen wird, ist eine große Frage.
Das Einzige, was man mit Sicherheit sagen kann, ist, dass von dem Moment an, in dem ein Friedensvertrag geschlossen wird, in der Ukraine die Botschaft verbreitet werden wird, dass es ein Sieg ist, weil die Ukraine als Staat in einer Konfrontation mit dem riesigen Russland überleben konnte. Gleichzeitig wird es den ukrainischen Propagandisten egal sein, dass die Zerstörung des ukrainischen Staates nie das Ziel der militärischen Sonderoperation war.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 26. März 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.
Sergei Mirkin ist ein russischer Journalist aus Donezk.
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