Meinung

Koalitionsvertrag: Wie geht’s weiter im Ukraine-Krieg?

CDU und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Der Text widmet sich auch dem Ukraine-Krieg. Für die nächste Legislaturperiode haben sich die Koalitionäre vorgenommen, den Krieg fest in Europa zu verankern und den Konflikt zu eskalieren.
Koalitionsvertrag: Wie geht’s weiter im Ukraine-Krieg?Quelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Frank Ossenbrink

Von Gert Ewen Ungar

Die Koalitionäre haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Im Folgenden geht es um die Außenpolitik der künftigen Bundesregierung, wie sie im Koalitionsvertrag skizziert wird. Unter der Überschrift "Verantwortungsvolle Außenpolitik, geeintes Europa, sicheres Deutschland" umreißen CDU und SPD, worauf sich die Deutschen und Europa unter einer künftigen kleinen großen Koalition einstellen müssen. 

Einleitend heißt es da:

"Das Ziel unserer Außen- und Sicherheitspolitik ist die Bewahrung eines Friedens in Freiheit und Sicherheit."

Das klingt gut und gibt Anlass zur Hoffnung. Allerdings macht das, was sich dann anschließt, klar, dass die künftige Bundesregierung nicht bereit ist, dem Bekenntnis zum Frieden auch politische Taten folgen zu lassen, die in der Lage wären, Frieden und Sicherheit wirklich herzustellen und zu festigen. Im Gegenteil, der Teil zum Ukraine-Konflikt macht deutlich, dass die Koalitionäre alles daran setzen werden, den Krieg zu verlängern und die Konfrontation zwischen Deutschland und Russland weiter zu eskalieren. 

Anlass für diese Annahme ist die Übernahme zentraler Positionen aus Selenskijs sogenanntem Friedensplan in den Koalitionsvertrag. Damit wird ein Frieden faktisch dauerhaft verhindert, denn was Selenskijs "Friedensplan" als Bedingung für Verhandlungen vorsieht, kommt de facto einer bedingungslosen Kapitulation Russlands gleich. Nur auf dieser Grundlage ist beispielsweise vorstellbar, dass ein Tribunal zur Aburteilung russischer Verbrechen eingesetzt wird. Genau diese Forderung steht im Koalitionsvertrag. 

"Wir unterstützen die Einrichtung eines Sondertribunals, um das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine angemessen zu verfolgen und zu ahnden."

Die Koalitionäre wollen nicht nur keinen Frieden, sie tun alles dafür, ihn zu verhindern. Dazu gehört auch, dass sie sich weiterhin dazu bekennen, die Ukraine in die NATO aufnehmen zu wollen. Das Festhalten Deutschlands am Kriegsgrund ist für die nächste Legislaturperiode festgeschrieben. SPD und CDU halten auch daran fest, dass die Ukraine durch Waffenlieferungen und durch finanzielle Unterstützung gegenüber Russland in "eine Position der Stärke" versetzt werden soll.

Die Floskel von der Position der Stärke ist eine Chiffre für den Sieg über Russland. CDU und SPD wollen einen langen, verlustreichen Krieg auf Kosten der Ukraine. Dass Kiew den Verlauf des Krieges zu seinen Gunsten wenden kann oder gar über Russland siegt, gilt als ausgeschlossen. 

Die Außenpolitik der künftigen Bundesregierung ist daher weder verantwortungsvoll noch dient sie dem Frieden. Im Gegenteil, sie ist im Kern auf Provokation Russlands ausgerichtet. Russland wird zum Feind erklärt. 

"Die größte und direkteste Bedrohung geht dabei von Russland aus", steht im Koalitionsvertrag. Die Möglichkeit, Streitigkeiten durch Gespräche zu lösen, ist nicht vorgesehen. Das Wort Diplomatie kommt in dem über 140 Seiten starken Dokument nicht ein einziges Mal vor. Russland ist immerhin einmal genannt: als Bedrohung. Dass die deutsche Einheit vor allem ein Geschenk Russlands an die Deutschen war und der in den letzten Dekaden geschaffene Wohlstand auf die energiepolitische Kooperation mit der Russischen Föderation zurückgeht, verschweigt der Koalitionsvertrag. Dankbarkeit fällt nicht unter die deutschen Tugenden. 

Dafür will die künftige Bundesregierung Mittel und Wege finden, das eingefrorene russische Vermögen der Ukraine zur Finanzierung des Krieges zur Verfügung zu stellen. Die Koalitionäre halten das vermutlich in gleichem Maß für moralisch gerechtfertigt, wie sie die Ukraine für eine Demokratie und Russland für den Feind halten.

Klar ist: Die künftige Bundesregierung wird alles daran setzen, den Krieg fest und dauerhaft in Europa zu verankern. Begleitet wird diese auf Eskalation angelegte Außenpolitik von massiven Aufrüstungsplänen, bei Ausschluss jeglicher Diplomatie, wohlgemerkt. Damit tragen Merz und Klingbeil als Verantwortliche für die im Koalitionsvertrag verankerten Verabredungen dazu bei, dass die Gefahr eines großen Krieges in Europa massiv steigt. 

Gleichzeitig will die künftige Bundesregierung den konfrontativen Kurs gegenüber China aufrechterhalten. Deutschland wird in der nächsten Legislaturperiode im Indopazifik weiter eskalieren, versprechen CDU und SPD. Deutschland will China mit "Selbstbewusstsein und eigener Stärke" gegenübertreten. Das Führen von Zweifrontenkriegen scheint man unter den Koalitionären für eine deutsche Kernkompetenz zu halten. Vermutlich denkt man im Willy-Brandt- und im Konrad-Adenauer-Haus "Dieses Mal geht's bestimmt gut aus, schließlich stehen wir dieses Mal auf der richtigen Seite." Dass dem nicht so ist, ist allerdings im Koalitionsvertrag deutlich zu erkennen. Seinem außenpolitischen Teil wohnt der unbedingte Wille zur Eskalation inne. 

Der außenpolitische Teil des Koalitionsvertrages ist eine deutsche Kriegserklärung an den Frieden. Er verdeutlicht den Willen deutscher Politik, dort weiterzumachen, wo sie 1945 gezwungen wurde, aufzuhören. Dass es Deutschland dieses Mal schafft, sich selbst zu korrigieren, ist jedoch nicht zu erwarten. Man glaubt an die eigene Stärke und überhöht sich selbst moralisch. Das zur Wiedervereinigung gegebene Versprechen, dass von Deutschland nur noch Frieden ausgeht, ist längst vergessen. 

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