Meinung

Europa verlangte Sanktionen von Trump – und bekam sie

Der Realitätsverlust der EU-Eliten scheint keine Grenzen zu kennen. Ohne Rücksicht auf die Interessen der Mehrheit stürzen die Globalisten die europäischen Länder geradezu wahnhaft in immer schärfere Konfrontationen: nicht nur mit Russland und China, sondern auch mit den USA.
Europa verlangte Sanktionen von Trump – und bekam sieQuelle: Sputnik © РИА Новости / Изображение сгенерировано ИИ

Von Pjotr Akopow

Die Beziehungen zwischen den USA und der Europäischen Union nehmen zunehmend schizophrene Züge an: Einerseits wird gefordert, als Einheitsfront neue Sanktionen gegen Russland zu verhängen, um es zu Friedensverhandlungen zu zwingen, andererseits kommt es zu gegenseitigen Drohungen und Ankündigungen, sich mit der jeweils anderen Seite auseinanderzusetzen. Und all dies geschieht gleichzeitig, was das wichtigste Indiz für eine Bewusstseinsspaltung darstellt. Zunächst einmal betrifft es die EU, die ihre Einsätze auf ein Maximum erhöht hat. Und zwar sowohl im Spiel gegen Russland als auch in den Beziehungen zu den USA.

Nach der unlängst erfolgten Verhängung des 17. Sanktionspakets gegen Russland und der anschließenden Enttäuschung darüber, dass die USA Moskau nicht mit neuen Restriktionen drohen, beschäftigt sich die EU bereits mit neuen Sanktionsmaßnahmen – dieses Mal geht es um ein Verbot der Nord-Stream-Gaspipeline. Diese Idee wird nicht nur von der EU-Führung unterstützt, sondern auch von Bundeskanzler Friedrich Merz – zwar noch nicht öffentlich, aber es gibt bereits Meldungen, dass er jeglicher Diskussion über mögliche Vorteile einer Wiederinbetriebnahme dieser Gaspipeline ablehnend gegenübersteht (und solche Äußerungen sind bereits auf der Ebene der Regierungschefs der deutschen Bundesländer und sogar von Parteikollegen des Kanzlers zu hören). Um das Projekt der Nord-Stream-Pipeline endgültig zu "begraben", könnte die EU Sanktionen gegen den Pipelinebetreiber und die mit ihm verbundenen Unternehmen verhängen, um selbst die theoretische Möglichkeit einer Wiederaufnahme der Gaslieferungen aus Russland auszuschließen. Auf den ersten Blick scheinen davon nur die USA zu profitieren, die russisches Gas durch ihre eigenen Flüssiggaslieferungen ersetzen. Aber genau das ist der Punkt: Denn die Gerüchte über die eventuelle Übernahme der Nord-Stream-Gaspipeline durch die USA sind nicht nur bloße Spekulationen, sondern eine durchaus realistische Option in Donald Trumps Plan zur Neugestaltung der Beziehungen der USA zu Europa und Russland.

Das heißt, die EU schadet nicht nur ihren eigenen Interessen, sondern gleichzeitig auch denen Trumps. In wessen Interesse handelt sie dann? Darauf gibt es keine klare Antwort, denn gleichzeitig setzt sie auch noch darauf, dass Washington bald von Moskau desillusioniert sein wird und "höllische Sanktionen" gegen Russland verhängt, die 500-prozentige Zölle für Abnehmer russischer Energieressourcen vorsehen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde Anfang April von Senator Lindsey Graham (der in Russland auf der Liste der Terroristen und Extremisten steht) ausgearbeitet, und die Trump-Administration deutete an, dass sie die Verabschiedung dieses Gesetzes nicht verhindern könne, da bereits 80 US-Senatoren ihre Zustimmung bekundet hätten und somit in der Lage wären, das vom US-Präsidenten eingelegte Veto zu überwinden.

Dass es sich hierbei um ein Spiel handelt, liegt auf der Hand: Ohne "grünes Licht" aus dem Weißen Haus wird niemand dieses Gesetz verabschieden, und Trump ist offensichtlich nicht bereit, solche "Atombombe" explodieren zu lassen. Denn der Gesetzentwurf ist ebenso absurd wie ineffektiv – die USA könnten ihn gar nicht umsetzen, da er sowohl China und Indien als auch Japan und Israel betreffen würde. Das würde jedoch bedeuten, dass gegen diese Länder ein faktisches Exportverbot in die USA verhängt würde, und das noch dazu inmitten eines von Trump ausgelösten Zollkrieges. Absoluter Wahnsinn! Genau deshalb betrachtet niemand den Gesetzentwurf von Graham anders als einen Versuch der Atlantiker, Russland zu erpressen.

Dabei handelt es sich um ziemlich lautstarke Erpressung: Am Donnerstag erklärte der Vorsitzende der republikanischen Mehrheit im US-Senat, John Thune, dass der US-Senat (in Zusammenarbeit mit der Trump-Regierung) zusätzliche Sanktionen prüfen werde, "um Putin zu Verhandlungen zu zwingen", sollte Russland nicht zu ernsthaften diplomatischen Bemühungen bereit sein. Und die Senatorin der US-Demokraten, Jeanne Shaheen, erklärte sogar, dass die Beratungen über diesen Gesetzentwurf nächste Woche beginnen würden.

Europa könnte zufrieden sein: Wenn Trump selbst seine Taktik in den Beziehungen zu Putin nicht ändern will, werden ihn vielleicht die Maßnahmen des US-Kongresses dazu bewegen. Wahrscheinlich glaubt jemand in der Europäischen Union wirklich an die Stärke des Bündnisses zwischen amerikanischen und europäischen Atlantikern, doch die Realität lässt sie nicht in Träumereien schwelgen.

Denn am Freitag erklärte Donald Trump: "Die Europäische Union verspottet uns". Nein, diese Worte bezogen sich nicht auf die Forderungen nach neuen Sanktionen gegen Russland: Es ging um das Hauptthema für den US-Präsidenten – nämlich um die Zölle. Laut Trump führen die Verhandlungen mit der EU – "die in erster Linie zum Zwecke des Profits vom Handel mit den USA erschaffen wurden" – zu keinem Ergebnis. Die EU habe sich als sehr schwieriger Verhandlungspartner erwiesen, und das Handelsdefizit von 250 Milliarden US-Dollar mit ihr sei für die USA nicht akzeptabel. Deshalb schlug Trump vor, bereits ab dem 1. Juni 50 Prozent Zölle auf Waren aus der Europäischen Union zu erheben.

Mit anderen Worten: In einer Situation, in der der Handelskrieg mit China zwecks Verhandlungen pausiert wurde, ist Trump an der zweitwichtigsten Handelsfront – der europäischen – in die Offensive gegangen. Es liegt auf der Hand, dass die Verhängung von Zöllen in Höhe von 50 Prozent zu einem Zusammenbruch des Handels zwischen den beiden Seiten des Atlantiks führen würde, von dem sowohl die USA als auch die EU betroffen wären. Zweifellos würden beide Seiten letztendlich zu einer Einigung kommen – zwar nicht auf Anhieb, sondern nachdem sie sich gegenseitig auf die Nerven gegangen sind – aber sie würden einen Weg finden, den gegenseitigen Handel aufrechtzuerhalten und ihre Wirtschaften vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Wichtig ist hier jedoch noch etwas anderes.

In den Beziehungen zu Europa ist Trump zu plumper Erpressung und Druck bereit. Denn er weiß, dass dies im Verhältnis zur EU funktionieren wird: Die Alte Welt ist auf die Neue Welt angewiesen (auch in Sicherheitsfragen) und wird zu Zugeständnissen gezwungen sein.

Trump ist ein Realist, aber Europa will die Realität nicht akzeptieren und versucht weiterhin, an zwei Fronten zu kämpfen. Dabei verliert es aus den Augen, wie solche Konflikte für Europa normalerweise enden.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 24. Mai 2025 zuerst bei RIA Nowosti erschienen.

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