Syrien-Pläne der USA offenbaren: Bekämpfung von Terroristen soll erschwert werden
von Nebojsa Malic
Russland und die syrische Regierung "sind darauf aus, einen militärischen Sieg in ganz Syrien zu erringen". Dies erklärte James Jeffrey, US-Botschafter und Sonderbeauftragter des US-Außenministeriums für Syrien und den Anti-IS-Kampf, am Dienstag gegenüber Journalisten bei einer Pressekonferenz in Brüssel. Er stellte dem gegenüber:
Unser Ziel ist es, ihnen dies durch eine Vielzahl von diplomatischen, militärischen und anderen Aktionen sehr schwer zu machen.
Um die Methoden zu veranschaulichen, die dafür in Frage kommen, zitierte Jeffrey die Drohung der USA, "militärisch auf eine sehr brutale Art und Weise" auf alle Angriffe mit Chemiewaffen zu reagieren. Diese bezeichnete er als "eine bevorzugte Taktik des syrischen Regimes bei der Erzielung seiner Fortschritte". Dies ist faktisch falsch, denn die angeblichen Angriffe erfolgen immer nach Siegen der syrischen Armee und dienen als Vorwand für diverse Interventionen der USA.
Jeffrey bemerkte ferner, dass es in Teilen Syriens Truppen der USA und der US-geführten Koalition gibt. Offiziell sind sie dort, um gegen die Terrormiliz Islamischer Staat zu kämpfen. In Wirklichkeit aber "bewachen" sie dort die Ölfelder. Bezeichnenderweise nannte Jeffrey die US-Militärpräsenz "eine Komplikation" für die syrische Regierung.
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Jeffrey und der US-Botschafter in der Türkei David Satterfield suchten Brüssel auf – nach dem Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan dort. Sie wollten dort erörtern, wie die USA und die NATO Ankara dabei helfen können, seine domestizierten Terrormilizen in ihrer letzten verbleibenden Hochburg – der syrischen Provinz Idlib – zu schützen.
Satterfield beschrieb Idlib als eine Provinz mit "mehr als drei Millionen unschuldigen Zivilisten, von denen die Mehrheit Frauen und Kinder sind". Er verurteilte die angebliche russische Aggression, die dem Ziel diene, diese Zivilisten zu vertreiben. Wie Jeffrey auf die Frage eines CNN-Reporters, ob die NATO die Entsendung von Bodentruppen in Erwägung ziehe, die Situation beschrieb, ist pikant:
Ich denke, Bodentruppen kann man vergessen. Die Türkei hat gekonnt bewiesen, dass sie und ihre Oppositionskräfte mehr als fähig sind, sich aus eigener Kraft zu behaupten.
Dies ist sowohl erschreckend ignorant als auch wahnwitzig. Schließlich war es die syrische Armee, die die von der Türkei unterstützten Militanten erfolgreich bekämpft hatte. Dies bestätigt auch der Waffenstillstand, dem Ankara letzte Woche in Moskau zustimmte. Illustrierend dazu eine Landkarte der umkämpften Gebiete in Idlib:
Zusammenfassung der Operation der syrischen Armee in der Idlib-Region nach Schlüsseldaten bis zum von #Russland und #Türkei ausgehandelten Waffenstillstandsabkommen (Phase 1: 6. Mai – 31. August 2019 ; Phase 2: 19. Dezember 2019 – 6. März 2020)
Résumé par dates clés de l’opération de l'armée syrienne dans la région d'#Idlib jusqu'à l'accord de cessez-le-feu négocié par la #Russie et la #Turquie (phase 1 : 6 mai - 31 août 2019 ; phase 2 : 19 déc 2019 - 6 mars 2020) pic.twitter.com/FcNWUThWBa
— Syria Intelligence (@syriaintel) March 8, 2020
Die wahre Offenbarung ist, dass die Terrormilizen als "Opposition der Türkei" bezeichnet werden. Stellen Sie dies der Analyse gegenüber, die Oberst Myles Caggins, Sprecher des militärischen Arms der Anti-IS-Koalition, vor nur drei Wochen gegenüber Sky News zum Besten gab:
Die Provinz Idlib scheint ein Magnet für terroristische Gruppierungen zu sein. Vor allem, weil sie in vielerlei Hinsicht ein kontrollfreier Raum ist. Es gibt dort eine Vielzahl von Gruppen. Alle sind sie eine Plage, eine Bedrohung und eine Gefahr für Hunderttausende von Zivilisten, die gerade versuchen, den Winter zu überstehen.
Bedenken Sie, dass Jeffrey als Sondergesandter Washingtons in der Koalition gegen den IS fungiert. Dies ist ein berüchtigtes Schrödinger-Wesen, das entweder nicht mehr existiert, falls US-Präsident Donald Trump versucht, den Sieg gegen das selbsternannte Kalifat für den Westen zu beanspruchen – oder aber, nach präferierter Sichtweise des US-Außenministeriums und des Pentagons, kurz davor steht, ein Wiederaufleben in großem Stil aufs Parkett zu legen. Letzteres würde natürlich eine US-Militärpräsenz bis in alle Ewigkeit erfordern.
Unnötig zu erwähnen, dass dieses hartnäckige Beharren auf einer veralteten Politik der Erfüllung von Trumps Versprechen, die US-Truppen aus den "endlosen Kriegen" im Nahen Osten abzuziehen, nicht allzu dienlich ist.
Weder Jeffrey noch Satterfield noch irgendeiner der Journalisten, die ihnen Fragen stellten, erwähnten auch nur einmal die Existenz von Hai‘At Tahrir al-Sham. Hierbei handelt es sich um die jüngste Inkarnation der berüchtigten Al-Nusra, ihrerseits eine Al-Qaida-Zweigorganisation, deren Kämpfer die Milizen in Idlib dominieren. Hört man Jeffrey und Satterfield zu, könnte man meinen, dass Hai‘At Tahrir al-Sham gar nicht existiert!
Jeffrey und Satterfield geben offen zu, dass ein glatter Sieg Syriens über diese Terroristen der "internationalen Gemeinschaft" – wie sie die USA und ihre Verbündeten zu nennen pflegen – ein Druckmittel nehmen würde. Dieses nutzen sie aber jedes Mal, wenn sie auf einem Regimewechsel in Damaskus bestehen. Unglaublich ironiegeladen, wenn man bedenkt, dass der einzige (und auch nur nach US-innenpolitischer Sichtweise – Anm. d. Redaktion) legale Vorwand, unter dem die USA unter offener Verletzung des Völkerrechts Truppen in Syrien stationiert haben, eine Genehmigung des Kongresses ist, militärische Gewalt zu nutzen. Und zwar gegen... Al-Qaida.
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Übersetzt aus dem Englischen. Nebojsa Malic ist ein serbisch-US-amerikanischer Journalist, Blogger und Übersetzer, der in den Jahren 2000 bis 2015 eine regelmäßige Kolumne für Antiwar.com schrieb und jetzt als leitender Autor bei RT International tätig ist. Seinen englischsprachigen Twitterkanal kann man unter @NebojsaMalic lesen und abonnieren.
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