Nordamerika

US-Marine trifft Vorbereitungen für Evakuierung von Streitkräften aus Osteuropa

Die US-Marine hat ihre militärischen und zivilen Kräfte in elf europäischen Ländern dazu aufgerufen, ihre Kontaktdaten im Family Accountability and Assessment System (NFAAS) zu aktualisieren. Das System ermöglicht den US-Behörden im Falle einer Katastrophe, Soldaten und Angestellte sowie deren Familien zügig evakuieren zu können.
US-Marine trifft Vorbereitungen für Evakuierung von Streitkräften aus OsteuropaQuelle: www.globallookpress.com © Klaus Ohlenschläger

Im Januar sorgte eine Meldung über die Evakuierung von Angehörigen des US-Personals in Kiew für Irritationen in der europäischen Bevölkerung. Kurz darauf boten auch Deutschland und andere NATO-Bündnisstaaten ihrem in der Ukraine stationierten Personal kostenfreie Evakuierungsoptionen auf freiwilliger Basis an. 

Die Maßnahmen erfolgten im Zuge mehrerer Warnungen des westlichen Militärbündnisses, denen zufolge der Ukraine zeitnah eine russische Invasion bevorstehe. Auf Fragen nach dem Ursprung dieser Erkenntnis wurde seitens westlicher Regierungen auf Hinweise nicht näher definierter Geheimdienstkreise verwiesen.  

Nun wurde eine interne Verwaltungsmitteilung der US-Marine öffentlich, in welcher die in elf europäischen Ländern stationierten US-Marinesoldaten, zivile Angestellte und deren Familien dazu aufgefordert werden, ihre Kontaktdaten im Navy Family Accountability and Assessment System (NFAAS) zu aktualisieren. Das System ermöglicht der verantwortlichen Führung der US-Marine im Falle einer Katastrophe festzustellen, wo sich dort registrierte Personen aufhalten, um diese gegeben Falls evakuieren zu können.   

Jedoch wurde in der am 4. Februar veröffentlichten Mitteilung betont, dass es sich bei dem Vorgang um eine reine Überprüfung der Kontaktdaten handle und die forcierte Aktualisierung kein Hinweis auf ein bevorstehendes Ereignis in Osteuropa sei:

"NFAAS liefert allen Ebenen der Befehlskette der Marine wertvolle Informationen, die es den Befehlshabern ermöglichen, strategische Entscheidungen zu treffen, um die Gesundheit und Sicherheit unseres Personals zu gewährleisten. Dies ist kein Hinweis oder eine Vorhersage zu zukünftigen Ereignissen, sondern eine umsichtige Maßnahme, um sicherzustellen, dass die Systeme korrekte Geo- und Rückrufdaten unseres Personals in ganz Osteuropa melden."

Die Aufforderung richtet sich an alle US-Militärangehörigen der US Navy, die auf US-Stützpunkten in unmittelbarer Nähe zur Ukraine stationiert sind. So erfolgte die Meldung an US-Liegenschaften in Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Moldawien, Polen, Rumänien, der Slowakei, Ungarn, der Ukraine und Weißrussland. Es ist davon auszugehen, dass die Meldeaufforderung auch an die anderen in der Region stationierten US-Teilstreitkräfte, Marines, die Luftwaffe und die Armee ging. 

In der Verwaltungsmitteilung wird das US-Europakommando der Marine, U.S. Naval Forces Europe, aufgefordert, sich darauf vorzubereiten, "die Rechenschaftsberichte auf das National Tracking System (NTS) umzustellen, falls das U.S. European Command (EUCOM)", das US-Europakommando aller Teilstreitkräfte, "das System für die Rechenschaftspflicht des Personals im Einsatzgebiet aktiviert". Das Tracking-System (NTS) wird zur Einrichtung einer Datenbank für Evakuierungsoperationen von Nichtkombattanten verwendet. Dies deutet darauf hin, dass der Schritt der US-Marine ein Versuch ist, notwendige Vorkehrungen für einen zeitnahen potenziellen Evakuierungsbefehl zu treffen.

Die umsichtigen Evakuierungsvorbereitungen gehen vermutlich auf die im Zuge der chaotischen Evakuierung von US-Personal aus Afghanistan gesammelten Erkenntnisse zurück, um bei einer möglichen Eskalation der Ukraine-Krise vorbereitet zu sein. Ein erst kürzlich veröffentlichter Untersuchungsbericht der US-Armee beschäftigt sich mit der vielfach kritisierten Evakuierung von US-Bürgern aus Afghanistan im Jahr 2021, bei welcher Hunderte von Amerikanern und Zehntausende von Afghanen zurückgelassen werden mussten. Diesem Fall wollen die USA offenkundig durch bessere Vorbereitungen in Osteuropa zuvorkommen. 

Die US-Beamten sind scheinbar davon überzeugt, dass die Zeit für diplomatische Bemühungen zur Verhinderung einer russischen Invasion in der Ukraine knapp wird. Am Wochenende erklärten Beamte des Weißen Hauses im Rahmen einer Pressekonferenz, das russische Militär verfüge über etwa 70 Prozent der Kräfte, die es für eine Invasion in die Ukraine benötigen würde. Präsident Joe Biden sagte am Montag, für amerikanische Zivilisten in der Ukraine sei es ratsam, das Land zu verlassen:

"Ich würde es hassen, wenn sie in ein Kreuzfeuer geraten, falls sie tatsächlich einmarschieren sollten."

Seit einigen Wochen melden die NATO-Partner, Russland sei dabei, eine Invasion der Ukraine vorzubereiten – Anschuldigungen, die der Kreml dementiert. Seit Anfang des Jahres ist der Ukraine-Konflikt zunehmend eskaliert. Im Rahmen dessen aktivierte die NATO ihre schnelle Einsatzgruppe, auch Speerspitze genannt, und versetzte Tausende Soldaten der NATO-Bündnispartner in Alarmbereitschaft. 

Mehr zum Thema - Verstärkung der NATO-Ostflanke: US-Militär verlegt Soldaten aus Vilseck nach Rumänien   

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