Nordamerika

"Big Brother beschützt Sie" – Bürgermeister Adams baut New York City zum "Polizeistaat" aus

Der Übereifer von Eric Adams, des Bürgermeisters von New York City, und die ihm dafür zur Verfügung stehenden Ressourcen könnten New York Stück für Stück in einen Polizeistaat verwandeln. Denn als Politiker der Demokratischen Partei setzt er auf die Ausweitung diverser Überwachungspraktiken durch das New Yorker Police Department. Bei den New Yorkern stößt das auf gemischte Gefühle.
"Big Brother beschützt Sie" – Bürgermeister Adams baut New York City zum "Polizeistaat" ausQuelle: www.globallookpress.com © Lev Radin

Der Politiker Eric Adams der Demokratischen Partei kandidierte vor zwei Jahren erstmals für das Amt des Bürgermeisters von New York City mit dem Versprechen, die Kriminalität in der größten Stadt der USA zu senken. Die Stadt galt zwar lange Zeit als die sicherste Metropole des Landes, wurde jedoch von einem pandemischen Anstieg der Gesetzlosigkeit heimgesucht. Nun, da er die Wahl im Sommer 2021 gewann, sein erstes Amtsjahr fast hinter sich hat und eine noch größere Rolle auf der nationalen Bühne anstrebt, muss der Bürgermeister erkennen, dass die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit eine der größten Herausforderungen für jeden Politiker ist. Die gleichen Probleme, vor denen er als Kandidat gewarnt hatte, muss er jetzt lösen.

Denn obwohl er die Arbeit des New York Police Department (NYPD), der größten Polizeibehörde der USA, im letzten Jahr mit mehr als fünf Milliarden Dollar an städtischen Mitteln und der Wiedereinführung einer umstrittenen Einheit zur Beschlagnahme illegaler Waffen unterstützt hat, ist die Kriminalität in New York City im vergangenen Jahr um 23,5 Prozent gestiegen. Zwar konnte Adams einen Rückgang von Schießereien und Morden vermelden, doch die Zahl der Straftaten und Ordnungswidrigkeiten stieg in fast jeder anderen erfassten Kategorie an. Dieser Anstieg geht einher mit einem allgemeinen Gefühl der Unsicherheit, das noch verstärkt wird durch psychisch kranke Menschen, die auf der Straße oder in der U-Bahn leben, und durch eine Reihe von Hassverbrechen sowie eine sensationslüsterne Berichterstattung der Medien über eine Stadt im Chaos.

So sind die New Yorker nach einer Reihe bekannt gewordener schwerster Verbrechen zu Recht verängstigt und fragen sich zunehmend, über welches Verbrechen wohl als nächstes in Boulevardblättern berichtet wird. Diese Angst, die im ganzen Land immer stärker zu spüren ist, ist nur allzu real. Traurigerweise sind viele der Überwachungssysteme, die von dem Bürgermeister, der wirkte, als Lösung verkauft werden, in Wirklichkeit ein Hirngespinst. Aber die Hoffnung, dass Überwachungsmethoden – wie etwa die Nutzung von Gesichtserkennungssoftware – eine Lösung für die unter der steigenden Kriminalitätsquote leidende Stadt sein wird, ist nicht nur Wunschdenken, sondern gefährlich.

So sieht Adams neuer "Plan" für die öffentliche Sicherheit der Stadt alles Mögliche vor, vom verstärkten Einsatz von Beamten in Zivil bis hin zu neuen Formen der Künstlichen Intelligenz. Viele der von Adams vorgeschlagenen polizeilichen Maßnahmen sind den New Yorkern vertraut; viele davon sind Strategien, die Adams selbst ablehnte, als er lange Zeit in leitenden Positionen beim NYPD tätig war und sich der Polizeireform verschrieben hatte. Doch auch wenn digitalisierte Technologien wie Gesichtserkennung und "KI zur Waffenerkennung" vermeintliche Sicherheit versprechen, so bergen sie dennoch die gleichen Missbrauchsrisiken, wie die früheren "analogen" Instrumente zur Verbrechensbekämpfung, gegen die er im Wahlkampf zuvor noch vehement protestierte.

Sein Plan birgt nicht nur die Gefahr, dass jüngste Errungenschaften im Bereich der Bürgerrechte – wie die Einschränkung der Untersuchungshaft und der Einzelhaft – wieder rückgängig gemacht werden. Sein stümperhafter Plan für New York City könnte gleichzeitig auch zu einem ruinösen Vorbild für das ganze Land werden. Und das zu einer Zeitpunkt, an dem die Vereinigten Staaten von Amerika ohnehin schon landesweit mit einer Zunahme an Schießereien zu kämpfen haben, die zum großen Teil durch die von der COVID-19-Pandemie verursachten gesellschaftlichen Verwerfungen angeheizt wurden. Millionen von US-Amerikanern sahen sich mit beispiellosen wirtschaftlichen, gesundheitlichen und sicherheitstechnischen Problemen konfrontiert, was sich tragischerweise oft auch in Gewalt niederschlug. Man nehme ein traumatisiertes Land, füge einen Rekordanstieg bei den Waffenverkäufen hinzu, und schon hat man ein Pulverfass.

Dabei haben die US-Behörden bereits jetzt eine beunruhigende Überwachungsbilanz vorzuweisen. Zu Beginn des Jahres sorgte das Finanzamt für landesweite Empörung, weil es US-Amerikaner zwang, ihre Steuerunterlagen bei Bedarf nur per Gesichtserkennung einzusehen. Doch mittlerweile setzt nicht nur mehr das Finanzamt auf diese dystopische Antwort gegenüber den in den Bundesstaaten vorherrschenden Probleme. Immer mehr Bundesbehörden setzten die Gesichtserkennung zur Überwachung der US-Amerikaner ein, darunter auch Gruppen wie der U.S. Fish and Wildlife Service oder die Nationalparks.

Teile des Entwurfs von Adams wirken nun aber schockierenderweise noch eher der Szenerie aus einer dystopischen Zeitmaschine. Im Jahr 1999 sah sich der damalige Bürgermeister Rudy Giuliani mit dem wachsenden Widerstand der New Yorker gegen "stop-and-frisk" konfrontiert. Das Stop-and-Frisk-Programm war eine Praxis des New Yorker Police Department, als Polizeibehörde Zivilisten und Verdächtige auf der Straße vorübergehend festzunehmen, zu befragen und manchmal nach Waffen und anderem zu durchsuchen. Kritik kam damals auch von Eric Adams, seinerzeit noch Polizeibeamter, der Giuliani zu Recht dafür kritisierte, dass er Hunderttausende junger "schwarzer" und "brauner" New Yorker gewaltsamen Schikanen durch die Polizei ausgesetzt hatte. 

Heute – 23 Jahre später – will der Bürgermeister Adams genau das tun, was er Jahre zuvor als Polizist noch kritisiert hatte: jene umstrittenen Zivileinheiten wieder einsetzen, die vor mehr als zwei Jahrzehnten aufgelöst worden waren, weil sie aggressive, ungesetzliche und oft sogar tödlich endende "Kontrollen" von schwarzen New Yorkern durchgeführt hatten. Doch während die Ausweitung von "stop-and-frisk" Tausende von New Yorkern betreffen wird, will Adams nun die Überwachung auf Millionen von Bürgern erweitern. Im Gespräch mit Politico prahlte der New Yorker Bürgermeister kürzlich damit, dass man mittels Gesichtserkennung "ein Bild von Ihrem Gesicht machen und in acht Sekunden alles sehen kann, was Sie in der Öffentlichkeit haben".

Aber auch er ging nicht auf die nachgewiesene Voreingenommenheit dieser Technologie gegenüber schwarzen oder braunen Mitbürgern ein. Denn die Gesichtserkennung hat sich nicht nur im Labor als fehleranfällig gegenüber Schwarzen und Latinos erwiesen, sondern seit ihrem Einsatz in der realen Welt der Praxis zu einer wachsenden Zahl von irrtümlichen Verhaftungen geführt. Noch schlimmer ist seine Forderung nach einer neuen Technologie zur Identifizierung von Verdächtigen, bei der eine sogenannte "Software zur Identifizierung von gefährlichen Personen und Waffenträgern" zum Einsatz kommt. Wieder einmal wird den New Yorkern erzählt, das Silicon Valley verfüge über eine Art Kristallkugel, mit der man Verbrechen vorhersagen könne, und wieder einmal sind solche Behauptungen falsch. Die Software zur "Waffenerkennung" ist nicht nur nutzlos, wenn jemand eine Waffe in seiner Jacke oder Tasche versteckt, sondern sie kann auch ganz alltägliche Gegenstände wie eine Brieftasche oder einen Stock mit einer Waffe verwechseln. 

Die sehr einseitige Betonung der Gewalt hat insbesondere Kritiker von Adams dazu veranlasst, ihn auch selbst maßgeblich für ein allgemein anhaltendes oder wachsendes Gefühl der Angst verantwortlich zu machen. Während sich der Bürgermeister der größten amerikanischen Stadt auf sein zweites Amtsjahr vorbereitet, muss er entscheiden, ob er den Kurs der Dauerüberwachung beibehalten will, indem er die Beamten zu aggressiveren Taktiken drängt, oder ob er sich nicht doch noch an seine einstigen Versprechen entsinnt und die polizeiliche Überwachung auf ein moderates Level zurückschraubt. Angesichts seiner jüngsten Äußerungen scheint das Letztere jedoch eher unwahrscheinlich zu sein. 

"Was wir im Jahr 2023 – meinem Aaron-Judge-Jahr – wirklich angehen werden, sind Präzisionsressourcen", sagte Adams laut Medienberichten kürzlich bei einer Bürgerfragestunde in der "City Hall" der Stadt. Ohne viele Einzelheiten zu nennen, kündigte der Bürgermeister weiter an, er werde Techniken einsetzen, um gängige kriminelle Muster genauer zu erkennen und Täterprofile zu erstellen. Dafür werde er – wenn nötig – auch "gegen den Strom schwimmen", um lebenswichtige Dienste – wie Unterkünfte und Bildung – bereitzustellen, bevor das Verhalten zu Gewaltverbrechen eskaliert. "Ich spreche über Prävention, aber ich bin auch ehrlich. Ich muss diese Waffen sofort von der Straße holen. Und das ist für viele Menschen, die Demokraten sind und sich selbst für fortschrittlich halten, kein angenehmes Gespräch", so Adams. "Ich glaube, ich bin fortschrittlicher als die Hälfte dieser Leute. Aber ich weiß, dass öffentliche Sicherheit und Gerechtigkeit zusammengehören müssen."

Der neue Bürgermeister bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen Verbündeten und Kritikern der Polizei – er verteidigt die Polizei leidenschaftlich, stellt aber auch die Polizeikultur infrage. Er erinnert sich oft an seine eigene Misshandlung durch Polizeibeamte in den 1970er Jahren und an die Jahre, in denen er während seiner 22-jährigen Dienstzeit bei der Polizei Veränderungen forderte. Als Bürgermeister hat er bereits Beamte ermahnt, die seiner Meinung nach ihre Zeit mit dem Telefonieren verschwenden. Von seiner einstigen Skepsis ist heute jedoch nur noch wenig zu sehen. Angesichts der mannigfachen Forderungen von Adams nach noch mehr Überwachung warnten Kritiker im Laufe des Jahres wiederholt davor, dass er dabei sei, New York in einen Polizeistaat zu verwandeln. Doch die Warnungen wurden bislang oft überhört, weil die Sorgen um die Kriminalität überwogen. 

"Wir hatten einfach diesen Zustand der Gesetzlosigkeit, der sich abspielte, und das mussten wir stabilisieren", sagte Adams gegenüber Politico. "Es verblüfft mich, wie wenig wir uns die Technologie zu Eigen gemacht haben, und das liegt zum Teil daran, dass viele unserer gewählten Vertreter Angst haben. Bei jeder Technologie denken sie: 'Oh, das ist ein Schreckgespenst. Das ist Big Brother, der dich beobachtet.' Nein, Big Brother beschützt Dich", sagte Adams und reagierte damit auf die von Kritikern zuvor geäußerten Bedenken, wonach der Einsatz dieser Technologien zu einem allgegenwärtigen Überwachungsstaat führen könne. Stattdessen versprach er:

"Wir werden auch die neuesten Technologien einsetzen, um Probleme zu erkennen, Hinweisen nachzugehen und Beweise zu sammeln. Von der Gesichtserkennungstechnologie bis hin zu neuen Instrumenten, mit denen Waffenträger erkannt werden können, werden wir jede verfügbare Methode nutzen, um die Sicherheit unserer Bürger zu gewährleisten."

Seinem Vorgänger Bill de Blasio hatte Adams damals noch vorgeworfen, dass die New Yorker das Gefühl hätten, in einem "Zustand der Gesetzlosigkeit" zu leben, und dass es seine Priorität sei, die Situation zu "stabilisieren". Wie die Herrschenden in George Orwells Klassiker einer Dystopie "1984" ist offenbar auch Adams der Meinung, dass die New Yorker lernen werden, "Big Brother zu lieben". Vielmehr scheint jedoch das Gegenteil der Fall zu sein. Und so stoßen die Initiativen des Bürgermeisters bei den Menschen und Bürgerrechtsorganisationen zunehmend auf Skepsis. 

"Dies sind Technologien, die in jedermanns Händen abschreckend wirken würden. Das NYPD hat eine jahrzehntelange Geschichte des Missbrauchs seiner Überwachungsmaßnahmen, um schwarze New Yorker, muslimische New Yorker, politische Proteste und jeden Aspekt von Dissens ins Visier zu nehmen", erinnerte Albert Fox Cahn, Leiter des "Surveillance Technology Oversight Project", einer Organisation, die das bekämpft, was sie als polizeiliche Übervorteilung betrachtet, gegenüber Politico: 

"Einer Behörde mit einer so erschreckenden Bilanz des Überwachungsmissbrauchs noch mehr Macht zu geben – und das zu einer Zeit, in der sie mit schwindender Aufsicht konfrontiert ist – ist ein Rezept für eine Katastrophe."

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