Nordamerika

New York Times: Ex-Geheimagent bezeugt, dass 1963 mit drei Kugeln auf Kennedy geschossen wurde

60 Jahre nach dem Mord an John F. Kennedy bricht Ex-Geheimdienstagent Paul Landis sein Schweigen. Landis fuhr damals direkt hinter Kennedys Limousine. Nach seiner Darstellung gab es drei Schüsse. Lee Oswalds Schuss habe den Präsidenten nicht umgebracht, das Projektil habe sich im Rückenpolster des Wagens befunden. Der Chefkorrespondent des Weißen Hauses veröffentlichte die Darstellung in der "New York Times".
New York Times: Ex-Geheimagent bezeugt, dass 1963 mit drei Kugeln auf Kennedy  geschossen wurdeQuelle: www.globallookpress.com © Tampa Bay Times / ZUMAPRESS.com

Von Felicitas Rabe

Der 88-jährige Ex-Geheimagent Paul Landis war vor 60 Jahren, am 22. November 1963 nur wenige Meter von dem Wagen entfernt, in dem der frühere US-Präsident John F. Kennedy ermordet wurde. Im hohen Alter berichtet er eine Version vom Mord des ehemaligen US-Präsidenten in Dallas, die nicht mit dem offiziellen Bericht der Warrant-Kommission übereinstimmt.  

Der Journalist und Chefkorrespondent des Weißen Hauses für die New York Times, Peter Baker, hat mit dem früheren Geheimdienstagenten Paul Landis gesprochen und einen umfangreichen Bericht geschrieben. In dem Gespräch habe Landis seine Geschichte zum ersten Mal derart ausführlich wiedergegeben, so Baker. Am Samstag, dem 9. September, veröffentlichte die New York Times diese ungewöhnliche Darstellung des Verbrechens. Sie widerspricht der offiziellen Version der Warrant-Kommission in mindestens einem entscheidenden Punkt: Demnach wurden drei Kugeln auf John F. Kennedy abgefeuert.

Der Journalist beschreibt den betagten Zeugen Paul Landis als geistig klar. Er sei nach dem Mord an Kennedy traumatisiert gewesen und habe seine Arbeit für den Geheimdienst sechs Monate später aufgegeben. Mehrfach sei er umgezogen und habe sein Geld jahrzehntelang mit Immobilien, Maschinenprodukten und Hausanstrichen verdient – "alles, solange es nichts mit dem Schutz von Präsidenten zu tun hatte."

Mit "Verschwörungstheorien" zu dem Verbrechen habe er sich nicht beschäftigt. Dem NYT-Bericht zufolge, sei Landis erst im Jahr 2014 aufgefallen, dass die offizielle Version des Kennedy-Mords nicht mit seinen Wahrnehmungen des Ereignisses übereinstimme. Aber dann habe er sich lange nicht getraut, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Aus Angst, es könne herauskommen, welche Fehler er gemacht habe, habe er auch nach 2014 weiter geschwiegen. Schließlich habe er damals einfach eines der Projektile auf die Kennedy-Bahre gelegt und bei der damaligen Untersuchung obendrein nicht korrekt ausgesagt. So kurz nach den Ereignissen habe er unter Schock gestanden.

Erste Bewertungen der Enthüllungen zum JFK-Mord in der NYT

Einen Tag nach der Veröffentlichung in der NYT erklärte der Neffe des ermordeten Ex-Präsidenten, Robert F. Kennedy Jr. in einer Kurzmitteilung auf X (früher Twitter) am Sonntag:

"Die Theorie der magischen Kugel ist jetzt tot. Diese absurde Konstruktion diente als Hauptstütze der Theorie, dass ein einzelner Schütze Präsident Kennedy ermordet habe. Sie wurde von der Warren-Kommission vor 60 Jahren unter der Leitung des ehemaligen CIA-Direktors Allen Dulles aufgestellt, den mein Onkel gefeuert hat. Die jüngsten Enthüllungen von Paul Landis, dem Personenschützer von JFKs Geheimdienst, haben sogar die New York Times, die zu den letzten einsamen Verteidigern des Warren Reports gehört, dazu veranlasst, die Absurdität dieser Theorie endlich anzuerkennen."

Auf Globalresearch.ca bezeichnet der kanadische Wirtschaftsprofessor Michel Chossudovsky den Bericht in der NYT als politischen Bombeneinschlag:

"Das bedeutet, dass die zentrale These der Warren-Kommission – nämlich dass eine 'magische Kugel' sowohl JFK als auch Connally traf – eine glatte Lüge ist.

Die Lüge ist nun aufgedeckt worden. Wird sich die Wahrheit über den Tod von John F. Kennedy durchsetzen? Oder wird Peter Landis' Enthüllung angefochten und 'widerlegt' werden?

Diese Enthüllung hat eine Büchse der Pandora geöffnet, die möglicherweise die Legitimität der 'NeoCon-Agenda' bedroht."

Paul Landis' Augenzeugenbericht des Kennedy-Mords

Als Geheimdienstmitarbeiter war der damals 28-jährige Paul Landis mit dem Schutz der First Lady, Jacqueline Kennedy, beauftragt gewesen. In dieser Funktion habe er nur wenige Meter hinter der Präsidentenlimousine auf dem Trittbrett eines schwarzen Cadillac Cabriolets sitzend an der Wagenkolonne teilgenommen. Mit ihm im Fahrzeug befand sich auch sein Geheimdienstkollege Clint Hill, der in einer spektakulären Aktion von hinten in das sich beschleunigende Präsidentenfahrzeug sprang.

Was Landis bei der Ermordung beobachtete, gibt die New Times wie folgt wieder:

"Beim ersten Schuss drehte sich Herr Landis um und schaute über seine rechte Schulter in die Richtung des Geräuschs, konnte aber nichts entdecken. Dann drehte er sich zur Limousine und sah, wie Kennedy seine Arme hob, offensichtlich getroffen. Plötzlich bemerkte Mr. Landis, dass Mr. Hill aus dem Folgefahrzeug gesprungen war und auf die Limousine zueilte. Mr. Landis überlegte, ob er das Gleiche tun sollte, aber er hatte keine Chance.

Er sagte, er habe einen zweiten Schuss gehört, der lauter klang, und schließlich den tödlichen dritten Schuss, der Kennedy in den Kopf traf. Landis musste sich ducken, um nicht von Fleisch und Gehirnmasse bespritzt zu werden. Er wusste sofort, dass der Präsident tot war. Hill, der nun auf dem Rücksitz der Limousine saß, drehte sich um und bestätigte dies mit einem Daumen nach unten."

Hill und Landis seien dann gemeinsam mit dem erschossenen Präsidenten und seiner Frau zum Krankenhaus gefahren. Dort habe Landis zunächst zwei Patronensplitter in einer Blutlache im Präsidentenfahrzeug entdeckt, die er dort belassen habe. Anschließend habe er noch eine intakte Kugel in der Naht der dunklen Lederpolsterung entdeckt. Peter Baker erzählte Landis Version wie folgt nach:

"Er sagte, er habe sie in seine Manteltasche gesteckt und sich auf den Weg ins Krankenhaus gemacht, wo er sie einem Vorgesetzten geben wollte. Aber in der Verwirrung legte er sie stattdessen instinktiv auf Kennedys Bahre.

Der leitende Techniker des Krankenhauses fand sie später, als er die bis dahin leere Bahre von Mr. Connally bewegte, und stieß sie gegen eine andere Bahre im Flur, wodurch die Kugel herunterfiel."

Die offizielle Magische-Kugel-Version

Gemäß dem offiziellen Warrant-Bericht habe die Kugel, mit der Kennedy ermordet worden sei, am Ende im linken Oberschenkel des mit ihm im Wagen sitzenden Gouverneurs von Texas, John B. Connally Jr. gesteckt. Die NYT fasst die offizielle Ein-Kugel-Version noch einmal zusammen: Die Kugel, die als "Commission Exhibit 399" bezeichnet wurde, habe erst Kennedy durchschlagen, sei dann in die rechte Schulter von John Connally eingedrungen, dort von seiner Rippe abgelenkt worden und zunächst unter seiner rechten Brustwarze wieder ausgetreten. Anschließend habe sie Connallys rechtes Handgelenk durchschlagen und sei in seinen linken Oberschenkel eingedrungen. Dort sei sie verblieben.

Die Ermittler hätten zudem damals festgestellt, dass der Schuss "mit demselben Gewehr C2766 Mannlicher-Carcano abgefeuert wurde, das im sechsten Stock des Texas School Book Depository gefunden wurde", so die NYT.

Gründe für die jahrelange Zurückhaltung von Paul Landis: Schock, Trauma und Angst

Jahrelang habe Paul Landis selbst keine Zweifel an der Schuld von Lee Harvey Oswald gehegt, der offiziell den tödlichen Schuss abgegeben haben soll. Erst in den letzten Jahren seien ihm die Widersprüche aufgefallen. Landis' aktueller Meinung nach, sei die Kugel, die sich im Rückenpolster des Wagens befand, nicht tief genug in den Präsidenten eingedrungen, weshalb sie aus dem Körper herausgefallen sei. Insofern könne der Präsident nicht durch diesen Schuss ermordet worden sein, sondern erst durch den zweiten oder dritten Schuss.

Während unter anderem sein früherer Geheimdienstkollege Hill die Erinnerungen und die aktuelle Darstellung von Landis anzweifeln würde, gebe es auch renommierte Personen, die seine Version für glaubhaft hielten und ihn unterstützten. James Robenalt, ein Anwalt aus Cleveland und Autor mehrerer Geschichtsbücher, habe sich eingehend mit dem Attentat befasst und Herrn Landis geholfen, seine Erinnerungen zu verarbeiten. Robenalt halte die Darstellung von Landis für wahr. Seine Schlussfolgerung lautet:

"Wenn die Kugel, die wir als die magische oder ursprüngliche Kugel kennen, in Präsident Kennedys Rücken stecken blieb, bedeutet dies, dass die zentrale These des Warren-Berichts, die Theorie der einzigen Kugel, falsch ist."

Und wenn Mr. Connally von einer anderen Kugel getroffen wurde, fügte er hinzu, dann sei es möglich, dass diese nicht von Oswald stammte, der seiner Meinung nach nicht so schnell nachgeladen haben konnte. Auch der Historiker und Präsident der Duquesne University, Ken Gormley, habe in einem Interview gesagt, er sei nicht überrascht, dass ein traumatisierter Geheimagent erst viele Jahre später spreche.

"Das ist sehr häufig der Fall, wenn die Menschen am Ende ihres Lebens stehen", sagte Gormley. "Sie wollen mit Dingen Frieden schließen. Sie wollen Dinge, die sie zurückgehalten haben, auf den Tisch bringen. Vor allem, wenn es sich um ein Stück Geschichte handelt und sie die Aufzeichnungen korrigieren wollen."

Am 10. Oktober wird Paul Landis' Buch "The Final Witness" (zu Deutsch: Der letzte Zeuge) bei dem Verlag Chicago Review Press erscheinen. In einem Interview zur Buchveröffentlichung habe der Ex-Secret-Service-Mitarbeiter gesagt:

 "Ich denke einfach, es war längst Zeit, dass ich meine Geschichte erzählen musste."

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