Warum die USA für ihre imperialen Ziele nicht genügend Soldaten rekrutieren können
Von Robert Bridge
Statt die Hoffnung zu erfüllen, das US-amerikanische Gesetz zur Genehmigung der Landesverteidigung (NDAA) von 2024 führe zu einem Anstieg der Truppenstärke, ist genau das Gegenteil eingetreten. Jetzt sorgt sich die Militärführung darum, welche Botschaft eine geschrumpfte US-Streitmacht an die Rivalen der USA aussenden wird. Seit dem Zweiten Weltkrieg hatten die Vereinigten Staaten noch nie eine so kleine Streitmacht im aktiven Dienst, und noch nie war sie so dünn auf der ganzen Welt verteilt.
Am gravierendsten war der Personalabbau beim Heer. Der nationale Verteidigungshaushalt muss sich mit einer Streitmacht von lediglich 445.000 aktiven Soldaten zufriedengeben, was einem Rückgang um mehr als 40.000 – also 8,4 Prozent – innerhalb von drei Jahren entspricht. Gleichzeitig wird das Marine Corps seit dem Haushaltsjahr 2021 voraussichtlich 8.900 aktive Militärangehörige entlassen haben, was einem Rückgang der Truppenstärke von 4,9 Prozent entspricht.
Während die Luftwaffe mit einem Verlust von 13.475 Truppenangehörigen rechnen muss, was einem Rückgang von vier Prozent entspricht. Schließlich soll die Marine 10.000 Seeleute weniger zur Verfügung haben, was einem Rückgang von 2,9 Prozent entspricht.
Alles in allem wird die Gesamtzahl der aktiven Soldaten in den Streitkräften im Haushaltsjahr 2024 auf 1.284.500 sinken. Das ist ein Rückgang um fast 64.000 Soldaten innerhalb der letzten drei Jahre und die niedrigste Gesamtzahl der US-Truppenstärke seit 1940. Zum Vergleich: Die von den USA als Top-"Gegner" bezeichneten Länder Russland und China verfügen jeweils über 1,15 Millionen bzw. 2,35 Millionen aktive Soldaten.
Ein solch steiler Rückgang der Truppenstärke stellt jedes Land vor große Herausforderungen, insbesondere aber ein Land mit ernsthaften imperialen Ambitionen. Das Rekrutierungsproblem scheint indes nicht auf fehlende Mittel zurückzuführen zu sein. Das im vergangenen Monat verabschiedete Gesetz zur Verteidigungspolitik sieht atemberaubende 886 Milliarden US-Dollar für Verteidigungsausgaben vor, einschließlich einer Erhöhung der Gehälter für Militärangehörige um 5,2 Prozent – die größte Gehaltserhöhung seit 20 Jahren.
Trotz des Versprechens von mehr Geld sehen die Rekrutierungsaussichten für die unmittelbare Zukunft so düster aus, dass Gesetzgeber und Militärführung die Idee ins Spiel brachten, als Notlösung für das Problem illegalen Einwanderern, unter denen sich oft Terroristen und Gangmitglieder befinden, die Möglichkeit zu geben, im US-Militär zu dienen. "Wissen Sie, wie hoch die Rekrutierungszahlen bei der Armee, der Marine und der Luftwaffe sind?", fragte der demokratische Senator Dick Durbin vergangenen Monat rhetorisch.
"Sie können nicht genug Leute finden, die sich unseren Streitkräften anschließen wollen. Und es gibt Menschen, die sich hier illegal aufhalten, aber die Chance ergreifen würden, diesem Land zu dienen und dafür ihr Leben zu riskieren. Sollen wir ihnen diese Chance geben? Ich denke wir sollten."
Die "Lösung" des Demokraten für das Problem ignoriert bequemerweise die Frage: Was ist überhaupt mit dem Rekrutierungspool innerhalb der USA passiert? Warum haben sich im Vergleich zu früher so viele junge Männer und Frauen entschieden, das Leben eines Berufssoldaten zu meiden? Hat es etwas damit zu tun, dass das Vertrauen in das US-Militär auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahrzehnten gesunken ist? Sind junge Männer und Frauen zu dem Schluss gekommen, dass die wahre Natur des US-Militärs nicht darin besteht, "das Heimatland" vor potenziellen Angreifern zu verteidigen, sondern vielmehr darin, mit seiner imperialistischen Haltung den gesamten Globus zu dominieren?
Und dann gibt es noch Fragen zur geistigen und körperlichen Gesundheit der amerikanischen Jugend, die unter alarmierenden Zahlen von Fettleibigkeit, Drogenkonsum und psychischen Problemen leidet. Diese Probleme sind symptomatisch für eine Nation, deren gesamtes soziales Gefüge auseinanderfällt.
"Das Problem liegt in der amerikanischen Gesellschaft oder vielmehr im Fehlen einer Gesellschaft", schreibt Brian Berletic, ein geopolitischer Analyst und ehemaliger US-Marine. "Sie leidet unter einer allgemeinen Auflösung der Familienwerte, der Arbeitsmoral und des sozialen Zusammenhalts. Darüber hinaus gibt es einen Zusammenbruch des amerikanischen Bildungssystems, einschließlich bei der Berufsbildung, was zu einem Mangel an qualifizierten Kandidaten für wirtschaftliche und militärische Aktivitäten führt."
Tatsächlich wäre es für alle weitaus vorteilhafter, wenn Washington einen Teil seines globalen Militärimperiums dicht machen würde – die USA verfügen über etwa 750 Militärstützpunkte in 80 Ländern auf der ganzen Welt – was zusätzliche Mittel für die Erneuerung seiner zerfallenden Innenstädte und die Bildung seiner Bevölkerung freisetzen könnte. Schließlich kann kein Militär allein mit Maschinen agieren. Es braucht gesunde, gut ausgebildete Fachkräfte.
Andere verweisen derweil auf die "woke Mentalität", die entgegen aller Erwartungen selbst die höchsten Ebenen des Militärapparats infiziert hat und über die seitens der Medien regelmäßig völlig unkritisch berichtet wird. Doch genauso wie sich "Wokeness" beispielsweise bei Disney und Budweiser katastrophal auf das Geschäftsergebnis ausgewirkt hat, ist es nicht übertrieben zu sagen, dass gewisse Menschen aus genau den gleichen Gründen von einer Karriere beim Militär abgeschreckt werden.
Dies führt zu der Frage des Patriotismus in einer Zeit, in der öffentliche Schulen Kindern beibringen, ihr Land zu hassen. Kann von diesen Jugendlichen erwartet werden, dass sie ihren bequemen, sesshaften Lebensstil für die Verteidigung ihres Heimatlandes opfern? Ein kurzer Blick durch die selbstbesessene Welt von Instagram, TikTok und Facebook zeigt, worauf die Aufmerksamkeit der Nation gerichtet ist – und das gibt keinen Anlass zur Hoffnung.
Alles in allem wären die USA und die Welt ein viel sichererer Ort, wenn Washington seine Außenpolitik auf eine defensivere Haltung umstellen würde. Es könnte die globale Konflikt-Temperatur senken, indem es einen Teil seiner Truppen nach Hause holt und gleichzeitig die Mittel für ein dringend benötigtes nationales Programm zur Revitalisierung im eigenen Land freisetzt. Dies würde die Truppen bereitstellen, die es für eine dringend benötigte "isolationistische" Außenpolitik benötigt, und es würde militärisches Abenteurertum in einer Zeit bremsen, in der ein globaler Flächenbrand immer wahrscheinlicher wird – möglicherweise mit Russland oder China oder beiden. Stattdessen werden sich die USA aber immer für den militaristischen Imperialismus entscheiden. Und wie bei den alten Imperien der Vergangenheit wird dies auch ihren endgültigen Untergang bedeuten.
Aus dem Englischen.
Robert Bridge ist ein US-amerikanischer Schriftsteller und Journalist. Er ist Autor von "Midnight in the American Empire", Wie Konzerne und ihre politischen Diener den amerikanischen Traum zerstören. Man findet ihn auf X unter @Robert_Bridge
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