Arktis als Vorreiter: Russland bereitet sich auf eine Zukunft nach den fossilen Brennstoffen vor
Als vor einigen Jahren bekannt wurde, dass Russlands staatliches Atomenergieunternehmen Rosatom an einem schwimmenden Kernkraftwerk arbeitet, hielten es einige für einen Scherz. Andere verspotteten es als die schlechteste Idee aller Zeiten.
Es stellte sich jedoch heraus, dass die Idee gar nicht so abwegig war. Die Akademik Lomonossow wurde 2019 in Betrieb genommen. Das Schiff stellt das dar, was es sein sollte: Eine zuverlässige Energiequelle in einer Region, die so rau ist, dass der Bau jeder anderen Art von Stromversorgungssystem eine Herausforderung wäre.
Die Akademik Lomonossow befindet sich vor der Stadt Pewek im Autonomen Kreis der Tschuktschen. Dies ist eine autonome Region im nördlichen Teil des Fernen Ostens Russlands. Sie ist reich an Gold, Kupfer, Lithium und anderen Metallen.
Die Financial Times schrieb Anfang dieser Woche, dass Russland seine arktischen Ambitionen mit Atomkraft anheizt. Zu diesen Ambitionen gehöre die Öffnung des Nördlichen Seewegs aufgrund des sich ändernden Klimas sowie die volle Ausschöpfung des Reichtums an Metallen und Mineralien.
Kupfer als Beispiel
Die Kupfernachfrage wird in den kommenden Jahren sprunghaft ansteigen, wenn die Energiewende so weitergeht wie bisher. Das Metall ist dank seiner hervorragenden Leitfähigkeit die erste Wahl für elektrische Leitungen und wird auch in erheblichem Umfang für die Stromerzeugung, -übertragung und -verteilung verwendet, unter anderem in Windturbinen und Solaranlagen.
Auch in Elektrofahrzeugen wird es reichlich verwendet – ein durchschnittlicher Verbrennungsmotor enthält etwa 20 Kilo Kupfer, ein durchschnittliches Elektroauto sogar das Vierfache. Kein Wunder also, dass die Kupfernachfrage der Elektroauto-Industrie laut BloombergNEF allein für das Aufladen von Elektroautos zwischen 2020 und 2030 um satte 1.000 Prozent steigen wird.
"Das Öl von morgen"
Es kann gut sein, dass Russland – während alle zu sehr damit beschäftigt sind, die Erdgaspreise in Europa zu beobachten und sich zu fragen, was Moskau als Nächstes tun wird – sich in Wirklichkeit auf die Förderung von Metallen und Mineralien konzentriert. Einige Experten bezeichnen diese übrigens als "das Öl von morgen".
Dem Financial Times-Artikel zufolge ist der Autonome Kreis der Tschuktschen auch reich an Lithiumvorkommen. Wie groß die Vorkommen sind, ist zwar schwer zu sagen, es könnte jedoch genug sein, damit sich eine Erschließung lohnt. Russland verfügt auch über Lithiumvorkommen in Ostsibirien und Jakutien und plant, bis 2025 bis zu 3,5 Prozent des weltweiten Lithiums zu fördern.
Die Arktis ist reich an natürlichen Ressourcen, das raue Klima und das Fehlen einer grundlegenden Infrastruktur in den meisten Teilen der Arktis haben die Entwicklung dieser Ressourcen bisher jedoch behindert. In einer auf fossilen Brennstoffen basierenden Wirtschaft bestand bislang auch kein großer Bedarf an ihnen.
Angesichts des erwarteten sprunghaften Anstiegs der Nachfrage nach den meisten Basismetallen und bestimmten Mineralien, die als entscheidend für die Energiewende gelten – wie zum Beispiel Kobalt oder die Gruppe der sogenannten Seltenen Erden –, scheint es nun zumindest in Russland, das den größten Teil der Arktis besitzt, eine starke Motivation zu geben, die Erschließung der Ressourcen in der unwirtlichen nördlichen Region voranzutreiben.
Strom für die Arktis
Rosatom, das Unternehmen hinter der Akademik Lomonossow, plant den Bau von fünf weiteren schwimmenden Kernkraftwerken, die alle Bergbauprojekte versorgen sollen. Die nukleare Option wurde vom Kreml der Idee von Nowatek für schwimmende Gaskraftwerke vorgezogen. Die fünf schwimmenden Kraftwerke werden ungefähr 2,2 Milliarden US-Dollar kosten.
Schwimmende Kraftwerke sind der erste Schritt, der auf dem Weg zur Erschließung der russischen Metall- und Mineralienvorkommen in der Arktis getan werden muss. Ohne Elektrizität ist der Bau von Straßen und anderen wichtigen Infrastruktur-Objekten für ein Bergbauprojekt eine viel größere Herausforderung. Mit Strom ist das erste große Problem gelöst. Präsident Wladimir Putin erklärte bereits im Jahr 2017:
"Russland sollte durch die Arktis expandieren, da es dort seine wichtigsten Bodenschätze hat."
Seitdem arbeitete Moskau daran, dass Fortschritte gemacht werden. Der russische Ministerpräsident Michail Mischustin sagte Anfang dieses Jahres:
"Die Weltwirtschaft ist auf einen allmählichen Übergang zu kohlenstoffarmer Energie ausgerichtet – das ist bereits eine neue Realität."
"Es ist notwendig, sich auf eine schrittweise Verringerung des Einsatzes traditioneller Brennstoffe wie Öl, Gas und Kohle vorzubereiten, die Energieeffizienz zu verbessern, alternative Energien zu entwickeln und eine geeignete Infrastruktur aufzubauen."
Mit anderen Worten: Russland beginnt, sich auf eine Welt nach den fossilen Brennstoffen vorzubereiten, oder zumindest auf eine Welt, die weniger Kohlenwasserstoffe benötigt. Diese Welt wird Kohlenwasserstoffe durch Metalle und Mineralien ersetzen. Zum Glück für Moskau verfügt Russland über große Mengen an Kohlenwasserstoffen, Metallen und Mineralien – zum Leidwesen derjenigen jedoch, die nicht über viele Metalle und Mineralien verfügen. Diese Staaten könnten wieder von Importen aus dem Land abhängig werden, das heute ihre Gasversorgung in den Händen hält.
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