"Zweitgrößte Reserven der Welt": Russland belebt die Industrie für Seltenerdmetalle wieder
Weder die Rüstungs- noch die Automobilindustrie können auf die sogenannten Seltenerdmetalle verzichten. Nach Angaben der Nachrichtenagentur RIA Nowosti verfügt Russland in dem Bereich über die zweitgrößten Reserven der Welt. China steht bei den Vorkommen von Seltenerdmetallen an erster Stelle und ist mit etwa 42 Prozent der weltweiten Reserven und 62 Prozent der Produktion der Hauptakteur auf dem Weltmarkt für Seltene Erden.
Trotz riesiger Vorräte an Seltenerdmetallen beträgt der Anteil Russlands an der weltweiten Produktion nur zwei Prozent und ist damit nicht mit dem Umfang der chinesischen oder australischen Produktion vergleichbar.
Wie RIA Nowosti erklärt, geht es dabei um Prozessketten und die Probleme, die in der Branche seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion aufgetreten sind:
"Die Hauptreserven Russlands konzentrieren sich auf schwer zugängliche und schlecht erforschte Fundstellen. Nur Lowosero auf der Halbinsel Kola, wo komplexe Loparit-Erze, die neben Seltenerdmetallen auch Tantal, Niob und Titan enthalten, erschlossen werden. Seltene Erden werden auch als Nebenprodukte aus Apatit-Nephelin-Erzen in einer Reihe von Lagerstätten in der Region Murmansk gewonnen.
Das angereicherte Erz wird an das einzige Magnesiumwerk des Landes in Solikamsk geliefert, das ein Zwischenprodukt herstellt, ein Karbonatkonzentrat aus Seltenerdmetallen. Um die von der Industrie so dringend benötigten Metalle zu gewinnen, muss es in Oxide zerlegt werden. In Russland gibt es keine Anlagen, die dies in industriellem Maßstab leisten können. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gingen sie an Kasachstan und Estland. Das Konzentrat wurde zur Verarbeitung jahrelang dorthin geschickt, aber dieses Schema läuft nicht mehr."
Seltene Erden kommen trotz ihres Namens gar nicht so selten vor: Sie sind in der Erdrinde weit verbreitet, allerdings in geringen Konzentrationen. Daraus ergibt sich die Schwierigkeit der Gewinnung und damit der Wert. Die Gewinnung und Verarbeitung von Seltenerdmetallen ist ein komplexer und gefährlicher Prozess.
Zu den Seltenerdmetallen zählen 15 Elemente aus der Gruppe der Lanthanoide sowie Yttrium und Scandium. Sie haben ähnliche chemische Eigenschaften und kommen in der Natur meist gemeinsam vor.
Sie sind wichtige und teure Bestandteile magnetischer, optischer und elektronischer Geräte, die in der Verteidigungs- und Raumfahrtindustrie hergestellt werden: Drohnen, Lenkraketen, lasergesteuerte Satellitenkommunikationsgeräte und vieles mehr. Wie RIA Nowosti anmerkt, "enthält der US-Kampfbomber F-35 beispielsweise 417 Kilogramm Seltenerdmetalle". Und Lutetium, eines der seltensten und teuersten Metalle, wird in Pulsraketenmotoren verwendet.
Aber nicht nur das: Bei der Herstellung von Elektroautos zum Beispiel gibt es einfach keinen Ersatz für Seltene Erden. Für einen Toyota Prius werden etwa vier Kilogramm Metalle benötigt: zweieinhalb Kilogramm Lanthan und eineinhalb Kilogramm Neodym. Die "Vitamine der Industrie" nennt man die Seltenerdmetalle. Schließlich werden sie, wenn auch in geringen Mengen, in wichtigen Materialien und Prozessen verwendet.
Die für die russische Industrie dringend benötigten Elemente werden inzwischen fast zu hundert Prozent aus dem Ausland geliefert, was die technologische Souveränität Russlands ernsthaft gefährdet.
Aus diesem Grund wurde auf dem VI. Nationalen Bergbauforum GORPROMEXPO-2022 in Moskau kürzlich eine eigene Sitzung abgehalten, die den Seltenerdmetallen gewidmet war. Andrei Schewtschenko, Rosatoms Direktor für technologische Entwicklung, stellte einen Fahrplan mit Zielen für Schlüsselprojekte vor, meldet RIA Nowosti.
Nach Einschätzung von Rosatom soll die Abhängigkeit von Importen der Seltenerdmetallen bis zum Jahr 2025 auf 50 Prozent reduziert werden und die Produktion von Seltenerdmetallen 2.700 Tonnen erreichen.
Dem Fahrplan zufolge wird Russland bis zum Jahr 2030 in der Lage sein, sich mit der Produktion von 7.500 Tonnen pro Jahr vollständig selbst zu versorgen. In den kommenden Monaten und Jahren, so die Behörde, "müssen wir die Produktionskette aufbauen: Von Oxiden zu Metallen, von Metallen zu Legierungen, von Legierungen zu Erzeugnissen". Andrei Schewtschenko bemerkte auch:
"Seltene Metalle und Seltene Erden sind in der Liste der wichtigsten strategischen Mineralien aufgeführt, die durch ein Erlass der Regierung vom 30. August des Jahres 2022 genehmigt wurde. Die derzeitige Situation in der Branche stimmt uns nicht euphorisch, aber wir halten sie nicht für hoffnungslos und arbeiten daran."
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