14 Jahre im Verlies? Fall Natascha Kampusch wiederholt sich in Russland
Die Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete am Montag über einen außergewöhnlich brutalen Fall von Entführung, Freiheitsberaubung und wahrscheinlich sexueller Sklaverei, der stark an den im deutschsprachigen Raum bekannten Fall Natascha Kampusch erinnert – und diesen an Brutalität sogar noch übertrifft. Ein Bewohner der Region Tscheljabinsk habe ein entführtes Mädchen 14 Jahre lang in seinem Haus gefangen gehalten, schrieb die Agentur unter Berufung auf eine Quelle bei den Ermittlungsbehörden.
Der Tatverdächtige habe sein Opfer demnach vor 14 Jahren am Bahnhof der Stadt getroffen, der Mann war damals 37 Jahre alt, die junge Frau 19. Gemeinsam gingen sie zu seinem Haus im Dorf Smolino, Oblast Tscheljabinsk. Dort bedrohte sie der Mann mit einem Messer, sperrte sie ein und vergitterte die Fenster. Während dieser ganzen Zeit soll er das Mädchen regelmäßig vergewaltigt haben.
Der Gefangenen gelang am Sonntag, dem 30. Juli, schließlich die Flucht. Ihr Peiniger war an diesem Tag nach einem Besäufnis mit dem Krankenwagen in eine Klinik gebracht worden. Er hatte keine Zeit mehr, die Tür zu schließen. Das Mädchen entkam und fuhr zu ihrer Familie.
Die Schwester des entführten Mädchens erstattete Anzeige bei der Polizei. Als die Beamten dann begannen, die Geschichte zu klären, fanden sie im Hof die Überreste einer anderen Frau, die der Tatverdächtige im Zeitraum 2010–2011 getötet haben soll.
Der Tatverdächtige befindet sich jetzt in einem psychiatrischen Krankenhaus in Schutzhaft. Es wurde ein Verfahren wegen Entführung, Freiheitsberaubung und Mord eingeleitet.
Das regionale Ermittlungskomitee hat inzwischen Videoaufnahmen des Hauses veröffentlicht, in dem die Frau 14 Jahre lang gefangen gehalten wurde.
Eine Nachbarin, die RIA Nowosti befragt hat, sagte, dass der Tatverdächtige zusammen mit seiner Mutter in dem Einfamilienhaus gelebt habe. Er sei unauffällig gewesen, habe aber auch keinerlei Kontakte zur Nachbarschaft gepflegt. Man habe ihn immer nur kurz gesehen, wenn er das Grundstück betreten oder verlassen habe.
Am späten Nachmittag berichtete RIA Nowosti unter Berufung auf Quellen in den Ermittlungsbehörden, die Mutter des Tatverdächtigen habe ausgesagt, das Opfer habe "freiwillig" bei ihnen gelebt und sei eine "Mitbewohnerin" ihres Sohnes gewesen. Die Ermittlungen dauern an.
Der Fall Natascha Kampusch hatte 2006 Österreich, Deutschland und die Schweiz erschüttert. Die 1988 in Wien geborene Natascha war 1998 im Alter von zehn Jahren auf dem Weg zur Schule von Wolfgang Přiklopil in einen Kleintransporter gezerrt und in der Folge 3.096 Tage lang im niederösterreichischen Strasshof an der Nordbahn festgehalten worden. Sie konnte am 23. August 2006 flüchten, Přiklopil nahm sich noch am selben Tag das Leben. Ausgerechnet in Russland fand er drei Jahre später offenbar einen noch brutaleren Nachahmer, wenn auch ohne pädophilen Hintergrund.
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