Russlands Raketenangriffe im Hinterland der Ukraine: Magie großer Zahlen und Übung für den Ernstfall
Analyse von Eduard Bassurin
Russlands Verteidigungsministerium hat vor wenigen Tagen über einen nächtlichen Raketenangriff auf Einrichtungen in der Ukraine berichtet. Nach Angaben der Militärbehörde haben die russischen Streitkräfte in der Nacht vom 6. auf den 7. August 2023 einen massiven Angriff auf ukrainische Luftwaffenstützpunkte in Starokonstantinow und Dubno durchgeführt.
Von strategischen Bombern Tupolew Tu-95MS wurden strategische Marschflugkörper Ch-101 beziehungsweise Ch-555 gestartet, Kalibr-Marschflugkörper von Schiffen und U-Booten in den Gewässern des Schwarzen Meeres kamen hinzu. Die Präzisionsgeschosse flogen zunächst in Richtung der zentralen Gebiete der Ukraine, drehten scharf in Richtung der westlichen Gebiete ab und verwirrten so die ukrainische Luftabwehr, um schließlich nach einiger Zeit ihre vorgesehenen Ziele zu treffen.
Die luftgestützten ballistischen Raketen Typ Kinschal schalteten vorwiegend ukrainische Luftabwehrsysteme aus. Gegen diese Waffe hat der Westen noch keine Mittel entwickelt. Deshalb wird sie gegen besonders wichtige Ziele eingesetzt, die durch moderne Luftabwehrsysteme gut geschützt sind. Oder gegen eben diese Luftabwehrsysteme selbst, um sie garantiert zu zerstören und anderen Lenkflugkörpern, die leichtere Ziele für die Luftabwehr des Gegners darstellen, den Weg freizumachen.
Auf letztgenannte Weise kann man mithilfe der Kinschal die Bedrohung für die laufende Operation ausschalten. Genau dafür wurde diese Hyperschallwaffe geschaffen: Um gegen die gefährlichsten Ziele wirksam vorzugehen und die eigene Überlegenheit zu gewährleisten.
Und am Ende des Massenangriffs zogen die Langstrecken-Kamikaze-Drohnen "Geran-2" einen dicken Schlussstrich, indem auch sie Ziele in den westlichen und zentralen Gebieten der Ukraine trafen.
Diese wirklich groß angelegte Operation löste nach ihrem Abschluss und Bekanntgabe durch das russische Militär hitzige Gespräche unter Experten, Journalisten und Interessierten aus.
Die wichtigste Frage lautete: Sollten derartige Operationen nochmals ausgeweitet werden?
Meine Ansicht: Auf jeden Fall.
Gerade solche groß angelegten Angriffe haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, alle vorgesehenen Ziele zu zerstören und den Gegner an Manövern und Ausweichmanövern unter Verlegung wichtiger Fracht und Militärfahrzeuge zu hindern. Es wird auch möglich, das gesamte Luftabwehrsystem des Gegners zu überlasten und dadurch die Standorte all seiner Teilanlagen aufzudecken, um es so weit wie möglich zu zerstören.
Alle groß angelegten Operationen sind der Schlüssel zum Erfolg auf dem Schlachtfeld, wenn sie denn kompetent geplant und alle für ihre Durchführung erforderlichen Mittel und Waffen verfügbar gemacht wurden. Um es deutlich zu machen: Nur die großen, kampffähigen und gut ausgebildeten Armeen der Welt sind zu solchen groß angelegten Operationen in der Lage. Gegenwärtig sind Streitkräfte solcher Klasse eher spärlich gesät.
Auch das gewählte Angriffsszenario wurde diskutiert. So fragten sich viele: Ist die Kombination von land-, luft- und seegestützten Lenkwaffen aus der Not heraus entstanden, oder gibt es einen verborgenen Sinn?
Das Sprichwort "Viel Feind, viel Ehr" passt hier nicht einmal als schwacher Trost für die ukrainische Luftabwehr, da hier schon viel eher gilt: "Viele Hunde sind des Hasen Tod." Aber es ist dennoch sehr gut, wenn viele unterschiedliche Träger an Land, zu Wasser und in der Luft Lenkflugkörper abfeuern, und es ging bei diesem Angriff eben nicht nur um die Ukraine allein. Solche groß angelegten Operationen sind auch eine Übung für den "richtigen" Ernstfall, zu dem der Ukraine-Konflikt eben noch lange nicht eskaliert ist:
Sie bieten allen Beteiligten vom Matrosen, Flieger und Schützen bis hoch zum General die Möglichkeit, alles im echten Kampfeinsatz zu üben. Sei es Vorplanung und Berechnung, Koordinierung aller Teilnehmer an dem Angriff, sodass die Trägerfahrzeuge von ihren Besatzungen zur richtigen Zeit an den richtigen Ort geführt werden, um die Lenkflugkörper zu starten oder weitere Pläne auszuführen. Tatsächlich alles Nötige, um die beabsichtigte Wirkung zu erzielen und alle gewählten Ziele zu treffen.
Auf der Grundlage der Ergebnisse solcher Operationen werden auf allen Ebenen etwaige Fehler ausgemacht und ausgeräumt, neue Techniken entwickelt und die Verteidigungsmittel der Gegner untersucht.
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Übersetzt aus dem Russischen.
Oberst A.D. Eduard Bassurin war stellvertretender Verteidigungsminister (Leiter des Korps der Volksmiliz) der russischen Volksrepublik Donezk. Seine Zuständigkeitsbereiche waren die Arbeit mit dem Militärpersonal (weil er die Donezker Militärakademie mit der Spezialisierung Politoffizier absolvierte und als solcher in den Jahren 1987 bis 1997 in der Sowjetischen, dann Russischen Armee diente) und Öffentlichkeitsarbeit. Diente nach dem Maidan-Putsch in der Ukraine im Jahr 2014 als Politkommissar des Spezialkräfte-Bataillons (seit Herbst desselben Jahres Artilleriebrigade) der Donezker Volksmiliz "Kalmius", sehr lange einer der wichtigsten Stoßverbände der DVR. Oberst Bassurin führt heute einen Telegram-Kanal, in dem er eigene Analysen und Kommentare veröffentlicht und solche von Dritten teilt. In den russischen Medien wird er gern und häufig zitiert, weil er sich als Pressesprecher der DVR-Volksmiliz mit seiner Kompetenz und Ehrlichkeit beim Publikum einen Namen machte.
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