Russland

Russlands Ferner Osten: Vier schwimmende Kernkraftwerke für die Energieversorgung

Im Fernen Ostens Russlands liegen riesige Öl- und Gasvorkommen. Um diese abzubauen, wird viel Energie benötigt, die die örtliche Infrastruktur nicht stemmen kann. Aus diesem Grund haben russische Energiekonzerne einen Plan ausgearbeitet, der nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der Bevölkerung zugutekommen wird.
Russlands Ferner Osten: Vier schwimmende Kernkraftwerke für die EnergieversorgungQuelle: Sputnik © Jewgeni Jepantschinzew

Von Sergei Sawtschuk

Viele Russen sind sehr darauf erpicht, das Geld anderer zu zählen, vor allem, wenn es um die größten russischen Energieunternehmen geht. In Wirklichkeit vollziehen die führenden Energiekonzerne in diesem Augenblick in aller Stille eine Revolution, die vor ein paar Jahrzehnten noch ein Hirngespinst gewesen wäre. Laut Berichten der Fachpresse haben sich Gazprom und Rosatom auf den Bau von vier schwimmenden Kernkraftwerken geeinigt, die im Interesse der Einwohner des Fernen Ostens des Landes arbeiten und für die Entwicklung der Industrie in der Region sowie für einige Exportprojekte sorgen sollen.

Während die genauen Projektdetails verständlicherweise nur den offiziellen Stellen zugänglich sind, ist bereits bekannt, dass Rosatom sich verpflichtet hat, vier schwimmende Kernkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 116 Megawatt zu bauen und in die Region Sachalin zu bringen. Sie sollen im nördlichen Teil der Insel errichtet werden und das Produktionscluster der Gaskondensatfelder Kirinskoje und Juschno-Kirinskoje mit Energie versorgen, die ihrerseits Teil des Projekts Sachalin-3 sind. Aber nicht nur das.

Gemäß den Entwicklungsplänen bis zum Jahr 2042 werden etwa 45 Megawatt pro Jahr benötigt, um den normalen Förderbetrieb der Öl- und Gasstätten zu gewährleisten. Dementsprechend planten die Projektbeteiligten bereits in der Phase der Projektentwicklung, die Überschussproduktion zur Deckung des Haushalts-, Kommunal-, Verkehrs- und Produktionsbedarfs der Bevölkerung in der östlichsten Region unseres Landes einzusetzen.

Ich möchte noch einmal betonen, dass es sich bei diesem Vorhaben sowohl um ein soziales Projekt zur radikalen Verbesserung des Lebens der Inselbewohner als auch um ein Energieprojekt handelt, das die lokale Gasversorgung und den Export ermöglicht.

Konkret werden die schwimmenden Nuklear-"Kessel" benötigt, um den ununterbrochenen Betrieb des Raumes Kirinskoje sicherzustellen, wo die gleichnamigen Lagerstätten Kirinskoje, Juschno-Kirinskoje, Juschno-Lunskoje und Mynginskoje erkundet und betrieben werden. Ein Blick auf die Landkarte von Sachalin offenbart, dass sich das Fördergebiet von der Stadt Ocha bis zum Dorf Tymowskoje erstreckt – die Küstenlinie ist fast dreihundert Kilometer lang. Um den Leser nicht mit unnötigen und langweiligen Zahlen zu langweilen, sei nur gesagt, dass die Produktionskapazität der Kirinskoje-Lagerstätte 5,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr beträgt, während die Juschno-Kirinskoje-Lagerstätte, wenn sie ihre Auslegungskapazität erreicht, viermal so viel produzieren wird.

Die Sachalin-Projekte zeichnen sich von Anfang an durch Spitzentechnologie und zum Teil sogar durch einzigartige Lösungen aus. So wurde zum Beispiel für die Offshore-Produktion zum ersten Mal in der Geschichte der russischen Industrie ein einzigartiger Unterwasser-Produktionskomplex gebaut. Seine Besonderheit besteht darin, dass keine der sonst üblichen schwimmenden Plattformen gebaut werden müssen, sondern alle Prozesse unter Wasser ablaufen. Die geförderten Kohlenwasserstoffe werden über Unterwasserpipelines an die Küste transportiert. Das Gas wird dann zum Gastransportsystem Sachalin - Chabarowsk - Wladiwostok befördert, das den Bedarf dieser Städte deckt. Während das Gaskondensat durch eine Ölpipeline für die Weiterverarbeitung zum Unternehmen Sachalin Energy gepumpt wird.

Moderne Projekte zur Gewinnung von Brennstoffen, insbesondere unter ungünstigen klimatischen Bedingungen (das Ochotskische Meer bei Sachalin ist mehr als die Hälfte des Jahres vereist), erfordern viel Energie, die auf der abgelegenen Insel knapp ist. Bis vor kurzem hat man versucht, den Bedarf mit Kohle zu decken, aber die örtlichen Kraftwerke haben ihre Kapazitätsgrenze erreicht und sind nicht mehr in der Lage, sowohl die Industrie als auch die Bevölkerung zu versorgen.

Und hier, sanft auf den kalten, bleifarbenen Wellen schaukelnd, kommt das Akademik-Lomonossow-Kraftwerk ins Gespräch. Es ist ein weiteres einzigartiges Projekt und ein wahres technisches Wunderwerk der Rosatom-Spezialisten.

Das erste schwimmende Atomkraftwerk der Welt wurde schon im Jahr 2007 entworfen. Aber da vor Russland niemand von etwas Ähnlichem auch nur geträumt hatte, wurde Akademik-Lomonossow – zu dessen flammendem Herz der Reaktor KLT-40S wurde – erst im Frühjahr 2020 in Betrieb genommen.

Bemerkenswert ist die Chronologie der Berichterstattung über den Baufortschritt in der westlichen Presse. In der ersten Hälfte der Forschungs- und Entwicklungsphase hatte die gesamte westliche und die liberale Presse in Russland die Idee auf jede erdenkliche Weise lächerlich gemacht und auf die angebliche technische und wissenschaftliche Rückständigkeit des Landes hingewiesen. Sobald jedoch klar war, dass das Atomkraftwerk gebaut wird, und insbesondere nach dem Beginn der Probebetriebsphase auf See, setzte eine Hysterie ein, die im Westen ihresgleichen sucht. Eine Heerschar von Auftragsjournalisten und alle möglichen Einflussagenten wie Greenpeace und der WWF mischten sich ein und wetteiferten darin, schreckliche Geschichten zu erfinden. Wobei das wohl harmloseste Schlagwort "ein zweites schwimmendes Tschernobyl" war.

"Lomonossow" wurde in aller Ruhe nach Pewek geschleppt, wo es sich an einer speziellen Anlegestelle niederließ und zur Freude von Kindern und Erwachsenen den Weihnachtsbaum auf dem Stadtplatz beleuchtete und damit nicht nur zum ersten schwimmenden, sondern auch zum nördlichsten Atomkraftwerk der Welt wurde. Was heute, im Jahr 2023, geschieht, beweist, dass die Erfahrungen mit der Nutzung des Akademik-Lomonossow-Kraftwerks erfolgreich waren. Die Zuverlässigkeit war ausreichend und daher wurde beschlossen, die Technologie von einer einmaligen Kategorie in eine industriell genutzte Kategorie zu überführen, was nur gut sein kann.

Unser Land ist sehr groß, und deshalb ist es nicht möglich, überall hin Gaspipelines zu verlegen oder Kohle in kommerziellen Mengen anzuliefern. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass kleine Atomkraftwerke die Zukunft revolutionieren könnten, indem sie entfernte Städte und Bergwerke zum ersten Mal mit sicherer Wärme und Strom versorgen. Die Zukunft ist bereits da, und sie findet in Russland statt.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei RIA Nowosti am 25. Oktober 2023.

Sergei Sawtschuk ist ein russischer Kolumnist und Blogger.

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