Wie das russische Militär die radioelektronische Kriegführung perfektioniert
Von Alexander Karpow
Militärische Übungen der Einheit für radioelektronische Kriegführung der kombinierten Armee des Östlichen Militärbezirks fanden in der Region Transbaikalien unter Einsatz moderner Funkstörsysteme statt. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums wurde "besonderes Augenmerk auf den Kampfeinsatz des modernen radioelektronischen Kriegführungssystems 'Palantin' gelegt, das auf einer modernen softwaredefinierten Plattform basiert und für die radioelektronische Erkundung und die Unterdrückung bestehender und zukünftiger feindlicher Kommunikationssysteme ausgelegt ist", schreibt die Militärbehörde.
Dieser Komplex der neuen Generation wird vom russischen Militär bereits in der Zone der militärischen Sonderoperation in der Ukraine eingesetzt. Experten zufolge erhöht "Palantin" die operativen Fähigkeiten der russischen Streitkräfte erheblich.
Das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation erklärte, dass das Militär eine Reihe von Maßnahmen ergriffen habe, um militärische Ausrüstung in das bezeichnete Gebiet zu verlegen, Spezialausrüstung einzusetzen, Truppenkontrolleinrichtungen und Erkundungskomplexe des Gegners zu identifizieren sowie deren radioelektronische Unterdrückung zu gewährleisten.
Neue Generation
"Palantin" (auch bekannt als "Palantin-K") ist ein operativ-taktisches radioelektronisches Kampfführungssystem der neuen Generation, das von Spezialisten der Aktiengesellschaft "Konzern Soswesdije" (Teil der Staatskorporation Rostec) entwickelt wurde.
Dieser Komplex wurde der Öffentlichkeit zum ersten Mal auf dem Armija-2016-Forum vorgestellt, und bereits 2019 begann die Auslieferung an die Armee. "Palantin" ist für die Funkerkundung und Funkunterdrückung von potenziellen multifunktionalen gegnerischen Funksystemen, einschließlich Funkanlagen auf Basis von SDR-Technologien, konzipiert.
Die Verwendung von SDR-Technologien (Software-defined radio) bedeutet, dass die Parameter des Sende-/Empfangsgeräts von der Software und nicht von der Hardware-Plattform bestimmt werden. Darüber hinaus ist der "Palantin"-Komplex mit einem modernen Entscheidungsunterstützungssystem ausgestattet, das es der Anlage selbst ermöglicht, den optimalen Algorithmus für die Ausführung von Aufgaben zu erstellen, beschreibt Rostec.
Das System wurde erstmals bei Militärübungen in der Nähe von Woronesch im September 2019 eingesetzt. Damals teilte das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation mit, dass die taktische Bataillonsgruppe des Komplexes für radioelektronische Kampfführung das elektronische Funkkommunikations- und Überwachungssystem des angeblichen Gegners in einem Umkreis mit einem Radius von etwa 1.000 Kilometer gestört und damit der dienstübergreifenden Truppengruppierung Deckung gegeben habe.
Das Verteidigungsministerium betonte außerdem, dass es die "Palantin"-Eigenschaften ermöglichen, den Gegner im Kurzwellen- (KW) und Ultrakurzwellenbereich (UKW) zu "blenden" und ihm die Mobilfunk- und Bündelfunkkommunikation zu entziehen. "Darüber hinaus ist der Komplex mit einer systembildenden Funktion ausgestattet, er ist also in der Lage, verschiedene Komplexe der radioelektronischen Kampfführung und der radioelektronischen Erkundung in einem einzigen Arbeitsnetz zu vereinen, was die Effizienz ihrer Anwendung erheblich steigert", heißt es auf der Website der Militärbehörde.
"Palantin" wird vom russischen Militär bereits im Rahmen der militärischen Sonderoperation in der Ukraine eingesetzt. Im Jahr 2022 zeigte das russische Verteidigungsministerium zum ersten Mal den Einsatz dieses Komplexes in der Region. Das Verteidigungsministerium teilte damals mit, dass dieser neueste Komplex Erkundungsdrohnen der ukrainischen Streitkräfte sowie den Mobilfunk und das Internet auf ukrainischen Kommandoposten lahmlegt.
"Das System hat eine Reichweite von mehr als 20 Kilometern und arbeitet nicht mit einem gerichteten Strahl, sondern punktgenau. Das heißt, "Palantin" ist in der Lage, Kommunikations- und Internetquellen an feindlichen Positionen zu unterdrücken, ohne die zivile Infrastruktur zu stören. Der Komplex für radioelektronische Kampfführung erkennt und deaktiviert gegnerische Drohnen selbstständig, d.h. er fängt das Signal ab und schaltet die Störung ein. Infolgedessen verliert die Drohne den Kontakt zum Operator am Boden", berichtet das russische Verteidigungsministerium.
Obwohl die genauen Eigenschaften dieses Komplexes nicht bekannt gegeben wurden, behauptet das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation, dass "Palantin" die Funktionen russischer radioelektronischer Kampfmittel der vorherigen Generation um das Zwei- bis Dreifache übertreffe und derzeit in Bezug auf die Kampfeigenschaften keine Analoga in den Armeen der führenden Länder habe.
"Sieggarantie"
Der Militärbeobachter und Oberst im Ruhestand Wiktor Litowkin erklärte in einem Kommentar für RT, dass radioelektronische Kriegführungssysteme wie "Palantin" im aktuellen Kriegsumfeld, in dem Drohnen aktiv eingesetzt werden und die Unterdrückung der feindlichen Kommunikation ein Schlüsselelement des Konflikts ist, besonders relevant seien.
"Palantin" kann die Kommunikationssysteme des Gegners unterdrücken und die Verbindung der Drohnen mit ihren Operatoren unterbrechen, sodass diese nicht mehr in der Lage sind, sie zu steuern. Dieser Komplex kann solche Aufgaben in verschiedenen Reichweiten erfüllen sowie Mobilfunk- und Bündelfunkverbindungen unterdrücken. Solche Komplexe werden von den Truppen und an der Front benötigt. Unter den heutigen Bedingungen ist es unerlässlich, den Gegner nicht nur durch Feuer, sondern auch durch radioelektronische Kriegführungssysteme zu unterdrücken. Dort, wo Palantin aktiv eingesetzt wird, wird der Widerstandsgrad des Gegners sinken", sagt der Militärexperte.
Der Militärfachmann Michail Chodarjonok, Oberst im Ruhestand, vertritt eine ähnliche Auffassung. In einem Gespräch mit RT betonte er, dass eine der wichtigsten Aufgaben bei der Durchführung von Kämpfen und Operationen verschiedenen Ausmaßes darin bestehe, die Kontrollsysteme eines mutmaßlichen Gegners zu desorganisieren.
"Diese Aufgabe wird mit Mitteln der radioelektronischen Kriegführung wie "Palantin" gelöst. Russische Einheiten im Bereich der radioelektronischen Kriegführung verfügen über solche Ausrüstungen und Mittel, um alle Arten von Kommunikations- und Kontrollsystemen von Drohnen auszuschalten. Darüber hinaus können sie zur Unterdrückung von GPS-Ortung eingesetzt werden. Der erfolgreiche Einsatz solcher Mittel der radioelektronischen Kriegführung in Kriegsoperationen ist eine Garantie für den Sieg", sagte er gegenüber RT.
Michail Chodarjonok wies darauf hin, dass "Palantin" bereits erfolgreich von den russischen Truppen im Rahmen der Sonderoperation in der Ukraine eingesetzt worden sei, und erläuterte die allgemeinen Funktionsprinzipien des Systems.
"Zunächst wird die Trägerfrequenz des Signals bestimmt, auf der der Gegner operiert. Dann werden verschiedene Arten von gezielt strukturierten Störungen auf diese Trägerfrequenz gelegt. Diese Störungen können unterschiedlicher Art, Stärke oder Natur sein. All das wird getan, um dem Gegner die Kommunikation und die Verwendung digitaler Systeme zu verwehren. Dies macht es dem Gegner unmöglich, seine Truppen und Waffensysteme zu kontrollieren, was wiederum anderen Teilen unserer Streitkräfte die erfolgreiche Durchführung von Kampfeinsätzen ermöglicht", erklärt der Experte.
"Solche Komplexe zur radioelektronischen Kriegführung wie 'Palantin' erhöhen die operativen Fähigkeiten der russischen Streitkräfte erheblich."
Chodarjonok schlussfolgert: "Je mehr gute und unterschiedliche Komplexe der radioelektronischen Kampfführung im Einsatz sind, desto mehr werden sie die Fähigkeiten der russischen Truppen stärken. Sie sollten in Brigaden und Bataillonen für verschiedene Zwecke vorhanden sein, am Boden, in der Luft, in See- und Hafensystemen eingesetzt werden und GPS-Ortung unterdrücken. Je mehr Systeme wie Palantin, desto besser."
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