Wirtschaft

Sanktionen wirken nicht: Rekordernten in Russland, Dürre im Westen

Westliche Getreideproduzenten verzeichnen einen Rückgang in den Ernteerträgen. Gleichzeitig bahnt sich in Russland erneut eine Rekordernte an. Aufgrund der antirussischen Sanktionen und der Dürren im Westen steigen die Getreidepreise. Erntet der Westen nun das, was er gesät hat?
Sanktionen wirken nicht: Rekordernten in Russland, Dürre im WestenQuelle: Sputnik © Alexandr Krjaschew

Von Kirill Strelnikow

Das europäische Sprachrohr der Demokratie, die französische Zeitung Le Figaro, die ihre bescheidene Leserschaft regelmäßig mit heiteren Artikeln über die endlosen "Siege" Europas über Russland füttert, veröffentlichte vor kurzem eine traurige Schlagzeile: "Getreidehandel: Russlands Dominanz wird anhalten".

Zähneknirschend gaben die Autoren des Artikels zu, dass sich für Russland trotz des heftigen wirtschaftlichen und politischen Drucks "recht gute Aussichten" auf dem Weltmarkt für Nahrungsmittel eröffnen würden. Es ist schon beachtlich, wie gut es diese Journalisten verstehen, mit Worten zu jonglieren. Denn in Wirklichkeit handelt es sich bei den "recht guten Aussichten" um die unbestrittene weltweite Dominanz Russlands bei der Getreideproduktion und -ausfuhr, mit einem Marktanteil von fast einem Viertel allein bei Weizen.

Bei der Beschreibung der Probleme des westlichen Marktes, zu denen ein ernsthafter Rückgang der weltweiten Weizenproduktion, des Angebots und der Lagerbestände aufgrund von Ernteausfällen in Kanada und Europa gehören, mahnten sich die Liebhaber französischer Brötchen sogar selbst und erklärten, dass Russlands Dominanz "angesichts der globalen Volatilität von Angebot und Nachfrage" sogar notwendig sei.

Mit anderen Worten sagten sie: Liebe Europäer, macht euch auf galoppierende Preise für Croissants gefasst; liebe Russen, dreht bitte nicht den Getreidehahn zu und ignoriert die Tatsache, dass wir massenhaft Panzer, Flugzeuge und Munition in die Ukraine schicken – denn das ist eine ganz andere Angelegenheit.

Diese Offenbarung unserer Nicht-Partner geschieht nicht ohne Grund: Alle führenden einschlägigen Behörden und Dienste der Welt legten fast zeitgleich Zahlen und Schlussfolgerungen vor, die für den Westen absolut enttäuschend sind.

Das US-Landwirtschaftsministerium "erfreute" den Markt mit der Meldung, dass die Weizenernten in der Europäischen Union und in Kanada aufgrund von Dürreperioden rückläufig seien.

Standard & Poor's Global Market Intelligence veröffentlichte einen kleinen Bericht, demzufolge der Anteil der USA an den weltweiten Weizenexporten bis 2025 auf 12 Prozent sinken werde, während die Weizen- und Maisexporte aus der Ukraine inmitten des Konflikts um mehr als die Hälfte einbrechen würden.

Laut der großen Agentur Agritel werden die weltweiten Preise für Getreide und Pflanzenöl aufgrund ungünstiger klimatischer Bedingungen und sinkender Ernten in den bedeutendsten Erzeugerländern unweigerlich steigen.

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen berichtete, dass die Weizenexporte aus Brasilien in dieser Saison um 44 Prozent, aus Indien um 30 Prozent, aus Australien um 12 Prozent und aus Argentinien um sieben Prozent zurückgegangen seien.

Wenn man zu den weltweiten Ernteausfällen und Dürren noch die antirussischen Sanktionen und Militäraktionen hinzuzählt, können die Sanktionierer sicher ernten, was sie gesät haben: In nur einem Monat stiegen die Weltmarktpreise für Weizen um 2,3 Prozent, für Mais um 3,7 Prozent und für Reis um 3,2 Prozent.

Ausnahmslos alle Experten sagen, dass dieser Preisanstieg noch lange anhalten wird, während die Verschlechterung des Klimas in ehemals begünstigten Ländern, die geringeren Erträge und die Umverteilung auf dem Getreidemarkt ewig andauern werden.

Wir haben Mitleid mit den Nordamerikanern und Europäern (eigentlich nicht) und den Menschen in Afrika und in den arabischen Ländern (das ist wahr). Wir haben unsere Teilnahme am Getreidedeal nicht zurückgezogen, um jemanden zu ärgern, sondern wegen der Lügen und Intrigen seiner "Garanten". Daher machen wir uns überhaupt keine Sorgen über die Erhöhung unseres Anteils auf Kosten der Ukraine, und sei es, dass wir bereit sind, die Last der ukrainischen Lieferungen an ihre früheren Abnehmer zu tragen.

Die Last ist nicht sehr schwer, denn im Gegensatz zum Rest der Welt bricht Russland immer wieder Rekorde bei der Getreideproduktion. In diesem Jahr wird die russische Getreideernte voraussichtlich 140 Millionen Tonnen erreichen (davon mindestens 90 Millionen Tonnen Weizen), was den zweitgrößten Rekord in der modernen Geschichte des Landes darstellt. Es sei darauf hingewiesen, dass die neuen Regionen Russlands zu dieser Zahl beigetragen haben, wo wir trotz der Kampfhandlungen und der Nähe der Front fast fünf Millionen Tonnen Getreide ernten konnten.

Sowohl bei der Produktion als auch bei der Ausfuhr von Mehl wurden Rekorde aufgestellt: In diesem Jahr exportierte Russland mehr als 800.000 Tonnen und produzierte fast 9,5 Millionen Tonnen Mehl.

Am Montag meldete das russische Landwirtschaftsministerium, dass die russischen Verarbeitungsbetriebe zu 100 Prozent mit Getreide und dessen Produkten, einschließlich Backmehl, versorgt seien. Gleichzeitig wies das Ministerium darauf hin, dass sich die Qualität des Getreides in diesem Jahr auf einem hohen Niveau befinde – etwa 75 Prozent des Weizens gehören zu den sogenannten Nahrungsmittelklassen, und die Preise für Nahrungsmittelweizen liegen jetzt unter oder auf dem Niveau der Vorjahresmarken.

Inmitten der für den Westen katastrophalen Nachrichten von den Feldern berichtete Bloomberg, dass "die reiche Ernte nach der Aufhebung des Getreidedeals Moskau einen Vorteil gegenüber der Ukraine und den westlichen Ländern verschafft" und dass es (oh Horror!) passieren könnte, dass "Washington und Brüssel gezwungen sein werden, Moskau Zugeständnisse zu machen oder riesige Subventionen an osteuropäische Länder zu zahlen."

Aber wir werden uns nicht zu früh freuen und laut "Sieg!" brüllen – das überlassen wir dem Kiewer Regime und der NATO. Wir werden ruhig weiterarbeiten, bauen und die Rohstoffe für das künftige Brot kultivieren. Wessen Brote dicker sein werden, werden Zeit, Celsius und Fahrenheit zeigen – und die sind auf unserer Seite.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei RIA Nowosti am 29. August 2023.

Kirill Strelnikow ist ein russischer freiberuflicher Werbetext-Coach und politischer Beobachter sowie Experte und Berater der russischen Fernsehsender NTV, Ren-TV und Swesda.

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