Zurück ins Mittelalter: Deutschland und der Niedergang seiner Wirtschaft
Von Henry Johnston
Der Finanz- und Wirtschaftsinformationsdienst Bloomberg hat kürzlich in einem Artikel, der mit der Schilderung der Schließung eines Stahlwerks in Düsseldorf beginnt, das Ende der Tage Deutschlands als Industriemacht angekündigt. Arbeiter mit versteinerten Gesichtern begehen in feierlicher Trauer den letzten Akt: die letzte Herstellung eines Stahlrohrs in ihrem Walzwerk – einem Jahrhunderte alten Walzwerk.
"Das Flackern von Fackeln und die düsteren Töne eines einsamen Hornisten verleihen dem Moment eine ausgesprochen mittelalterliche Atmosphäre."
Ob absichtlich oder nicht, indem Bloomberg solche eindrucksvollen Details in seinem Artikel mit einbezogen hat, bieten die Autoren ein eindrucksvolles Bild von Deutschland – nicht nur, weil sich das Land wirtschaftlich im Rückschritt befindet, sondern auch, weil seine Eliten zunehmend von einer atavistischen Kraft geleitet werden: der Abkehr von der Vernunft.
Während die harten wirtschaftlichen Realitäten die Sinnlosigkeit einer utopischen Energiewende offenbaren und die Folgen zahlreicher schrecklicher Entscheidungen sich häufen, erlebt Deutschland das, was der schwedische Essayist Malcom Kyeyune einen "narrativen Zusammenbruch" nennt. Die eigentümliche Folge davon, argumentiert Kyeyune, ist eine Hinwendung zu Ritualen, Aberglauben und Tabus. Es ist eine Misere, die den gesamten Westen ergriffen hat, aber Deutschland leidet unter einem besonders akuten Fall dieser Misere.
Kyeyune definiert dies als ein Ereignis, das eintritt, "wenn sich die sozialen und politischen Umstände schneller ändern, als die Menschen mithalten können. Was zu kollektiven Manien, sozialen Paniken und Utopien pseudoreligiöser Erweckung führt."
Der Verzicht auf die Vernunft kann auf unterschiedliche Weise verstanden werden. Über die Irrationalität hinter der unglaublich unwahrscheinlichen deutschen Klimapolitik ist bereits viel geschrieben worden. Tatsächlich deutet der quasi-religiöse Elan, mit dem dieses Programm umgesetzt wird, auf eine Lockerung der Bindungen des Landes an die Realität hin. Aber wie wir gleich sehen werden, geht das Problem weit über die Bindung an unerreichbare politische und ökologische Ziele hinaus.
Der prominente deutsche Wirtschaftsmanager Wolfgang Reitzle argumentierte, dass die Kapazitäten für Wind- und Solarenergie mehr als vervierfacht und die Speicherkapazitäten massiv erhöht werden müssten, damit die Bundesregierung ihre Klima- und Energiepolitik umsetzen könne. Ein solcher Plan sei "für ein Land wie Deutschland weder technisch machbar noch bezahlbar", resümierte Reitzle. Und somit kommt er zu dem Schluss, das sei "schlicht und einfach Wahnsinn".
Michael Shellenberger weist in einem Artikel für das Magazin Forbes aus dem Jahr 2019 darauf hin, dass der ursprüngliche Anstoß für den Übergang zu erneuerbaren Energien aus der Idee entstand, die menschliche Zivilisation auf ein nachhaltiges Niveau zu reduzieren. Er zitiert den bahnbrechenden Aufsatz "The Question Concerning of Technology" (Die Frage nach der Technik) des deutschen Philosophen Martin Heidegger aus dem Jahr 1954 und nachfolgende Arbeiten von Leuten wie Barry Commoner und Murray Bookchin als Befürworter dessen, was in den 1960er Jahren als viel strengere Vision für die Zukunft der Zivilisation entstand.
Shellenberger kommt zu dem Schluss, dass der Grund dafür, dass "erneuerbare Energien die moderne Zivilisation nicht mit Strom versorgen können, darin liegt, dass sie nie dazu gedacht waren. Eine interessante Frage ist, warum irgendjemand jemals auf die Idee kommen konnte, dass sie es könnten."
Die Kohorte, die plötzlich zu glauben begann, dass sie es könnten, ist die deutsche politische und intellektuelle Elite, die sich Anfang der 2000er Jahre zu bilden begann. Vorbei war der idyllische Umweltschutz der 1960er Jahre und an seine Stelle trat eine aggressive und völlig realitätsferne Agenda, die mit jahrtausendealtem Eifer durchgesetzt wurde.
Bevor wir uns wieder der von Kyeyune dargelegten Idee zuwenden – dass die deutsche Elite aufgrund des einsetzenden narrativen Zusammenbruchs nun zum Aberglauben übergegangen ist –, müssen wir einen Moment innehalten und untersuchen, was Deutschland vor der Zeit von "flackernden Fackeln und düsteren Tönen eines einsamen Hornisten" belebte.
Das moderne Deutschland ist seit langem ein Objekt der Bewunderung für die liberale Elite des Westens und gilt als ideale Inkarnation der Welt gemäß Fukuyama, in der die Geschichte zu Ende gegangen ist, in der die liberale Demokratie obsiegte und ideologische Konflikte der Vergangenheit angehören. Deutschland, eine Nation mit einer Vorliebe für Militarismus und Autoritarismus, hatte für seine Sünden der Vergangenheit Abbitte geleistet und demütig seinen Platz in der großen liberalen Ordnung eingenommen. Wobei es sich großmütig weigerte, seine wirtschaftliche Stärke in die Schikanierung schwächerer umzumünzen.
Der Status des Landes wurde zusätzlich gestärkt, nachdem die USA und Großbritannien von "populistischen Aufständen" heimgesucht worden waren, personifiziert durch Donald Trump und manifestiert im Brexit. Deutschland war mit seiner biederen, am Konsens orientierten und vernünftigen Politik der "Erwachsene im Raum" – im krassen Gegensatz zur Anglosphäre.
Gleichzeitig brummte die Wirtschaft. Die Hyperglobalisierung der 2000er Jahre spielte Deutschland direkt in die Hände. Es war ein Zusammentreffen günstiger globaler Umstände. China wuchs in astronomischem Tempo und brauchte Autos und Maschinen – und Deutschland lieferte beides. Die EU-Erweiterung nach Osteuropa eröffnete neue Märkte für deutsche Exporte. Deutschland prosperierte und sein Erfolg war ein wichtiger Motor der wirtschaftlichen Entwicklung in ganz Europa.
All dies trug dazu bei, das vielleicht wichtigste Merkmal der deutschen Elite dieser Zeit zu fördern: ein überragendes Selbstvertrauen. Es war diese Zuversicht, die Angela Merkel zu der berühmten Aussage "Wir schaffen das" verleitete, als sie vor der Aufgabe stand, über eine Million Migranten zu assimilieren. Es war dieselbe Zuversicht, die zu der Idee führte, im Wesentlichen gleichzeitig aus der Atomkraft und der Kohle auszusteigen, eine Ankündigung, die mit einem gewissen Unglauben, aber auch mit Ehrfurcht zu Kenntnis genommen wurde. "Wenn jemand das kann, dann sind es die Deutschen", war eine häufig zu hörende Antwort.
In den vergangenen Jahren kam es jedoch zu einer Erschütterung dieser Gewissheit und zu einer Auflösung der vorherrschenden Narrative, da die gepriesene Stabilität und der Wohlstand Deutschlands infrage gestellt wurden und die wohlwollende globalisierte Welt, die diesen Wohlstand hervorgebracht hatte, zu verblassen begann. Doch wie viele andere Formen des Zusammenbruchs geschieht der narrative Zusammenbruch zunächst langsam, schleichend und am Rande, bevor er durch einen bestimmten Auslöser in seine rasante Endphase katapultiert wird.
Was am Rande passierte, war, dass das Wirtschaftsmodell, von dem Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten getragen wurde, immer mehr unter Druck geriet, nachdem China in der Wertschöpfungskette aufgestiegen war und es sich erlauben konnte, weniger von der deutschen Produktionsleistung zu importieren. Man war sogar zu einem Konkurrenten auf dem Automobilmarkt geworden. Unterdessen gelang es der deutschen Wirtschaft weitgehend nicht, sich zu diversifizieren, und Innovationen wurden nur schleppend vorangetrieben.
Ebenso schlichen sich schon lange vor den Ereignissen des Jahres 2022 Zweifel an den Aussichten bei der Energiewende ein, allerdings wiederum nur am Rande. Deutschland hat bei seinem Emissionsziel für 2030 kaum Fortschritte gemacht und liegt lächerlicherweise weit hinter seinem Ziel zurück, 15 Millionen Elektrofahrzeuge bis 2030 auf die deutschen Straßen zu bringen.
Die Pläne für den Ausstieg aus der Kohle mussten verschoben werden. Selbst im Jahr 2021 machte Kohle immer noch ein Viertel der Stromproduktion aus. Mit anderen Worten: Anstatt einen tatsächlichen Übergang – eine Wende – herbeizuführen, hatte Deutschland lediglich ein sauberes Energiesystem aufgebaut, das parallel zum schmutzigen System lief. Der saubere Strom prägte das Narrativ, während der schmutzige immer noch große Teile des Landes antrieb. Dies legte den Grundstein für die kognitive Dissonanz, die später verwirrende Ausmaße annehmen sollte.
Dennoch war es zweifellos der Beginn des Ukraine-Konflikts im Februar 2022, der die Kaskade des Scheiterns auslöste, das wir jetzt erleben. Sicherlich hat Deutschland in dieser Zeit viele schlechte Entscheidungen getroffen, nicht zuletzt seinen stürmischen Schritt in die Unterstützung des von den USA geführten Stellvertreterkrieges gegen Russland. In ähnlicher Weise übertraf es alles, was sich die deutschen Eliten vorgestellt hatten, als die von Sanktionen betroffene Wirtschaft Russlands sich erholte und zum Wachstum zurückkehrte – während die eigene Wirtschaft zunehmend Probleme hatte und in den Rückwärtsgang schaltete. Das allein ist an sich schon eine narrative Erschütterung.
Aber vielleicht wichtiger als die besonderen wirtschaftlichen und politischen Rückschläge war das Gefühl, dass die wohlwollende, vertraute Welt der vergangenen Jahrzehnte immer schneller verblasste und an ihre Stelle etwas Unheilvolles in den Vordergrund zu treten schien, das aus einem seltsamen und turbulenten Traum entsprang.
Um Kyeyune noch einmal zu zitieren:
"Die Zukunft, die ihnen versprochen wurde – und die sie dem Rest von uns versprochen haben – eine Zukunft des anhaltenden westlichen Fortschritts, des Wohlstands und der geopolitischen Dominanz, erscheint immer weniger plausibel und weder mögen sie die Zukunft, die in Sicht kommt, noch verstehen sie diese."
Für die Eliten bricht die Welt um sie herum zusammen und nichts läuft so, wie sie es sich vorgestellt hatten, was ihr Selbstvertrauen zutiefst erschüttert hat. Die im eingangs erwähnten Artikel von Bloomberg enthaltenen Zitate von Amtsträgern und Wirtschaftsführern sind düster und weit entfernt von der Zuversicht des "Wir schaffen das", die noch ein paar Jahre zuvor herrschte.
Stefan Klebert, Vorstandsvorsitzender eines Unternehmens, das seit dem späten 19. Jahrhundert Fertigungsmaschinen produziert, bemerkte:
"Um ehrlich zu sein, gibt es nicht viel Hoffnung. Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob wir diesen Trend stoppen können. Viele Dinge müssten sich rasch ändern."
Finanzminister Christian Lindner sagte auf einer Bloomberg-Veranstaltung Anfang Februar:
"Wir sind nicht mehr wettbewerbsfähig. Wir werden immer ärmer, weil wir nicht wachsen. Wir fallen zurück."
Und Volker Treier, Außenwirtschaftsdezernent des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, kam seinerseits zu dem Schluss:
"Man muss kein Pessimist sein, um zu sagen, dass das, was wir derzeit tun, nicht ausreichen wird. Die Geschwindigkeit des Strukturwandels ist schwindelerregend."
Das letzte Zitat, eine Klage über die Geschwindigkeit des Strukturwandels, ist besonders aussagekräftig und erinnert uns an die These von Kyeyune, dass eine seltsame Flora entstehen kann, wenn sich die sozialen und politischen Umstände schneller ändern, als die Menschen mithalten können.
Dieses Gefühl, die Ereignisse nicht mehr kontrollieren zu können, und die dadurch erzeugte Angst haben bei den europäischen Eliten ein Gefühl der Ohnmacht hervorgerufen – eine Art "im Scheinwerferlicht erstarrte Hirsche" – mit Deutschland als Platzhirsch. Die Eliten sind nicht mehr davon überzeugt, dass ihr Handeln zu bestimmten wünschenswerten Ergebnissen führen kann. Sie haben ihren modernen Anstrich und ihre technokratische Sensibilität abgelegt und sich in Symbolismus und Aberglauben zurückgezogen.
In gewisser Weise sollte dies keine Überraschung sein. Es ist eine uralte menschliche Reaktion auf den Mangel an Kontrolle – denken Sie an Regentänze statt an Bewässerung. Dies bestätigt einmal mehr die Worte von George Bernard Shaw, dass "der von der Geschichte abgedeckte Zeitraum viel zu kurz ist, um im populären Sinne der Evolution der menschlichen Spezies, etwas Wahrnehmbares zuzulassen. Die Vorstellung, dass es seit Caesars Zeiten solche Fortschritte gegeben habe, ist zu absurd, um diskutiert zu werden. All die Wildheit, Barbarei, das dunkle Zeitalter und alles andere, von dem wir wissen, dass es in der Vergangenheit existiert hat, existiert im gegenwärtigen Moment auch."
Infolgedessen werden Handlungen, die eines nützlichen Inhalts beraubt wurden, nur dann als inhärent sinnvoll angesehen, wenn sie dem vorherrschenden Aberglauben entsprechen und die notwendige Symbolik tragen. Die verfolgte Politik ist somit von der Vernunft losgelöst, in dem Sinne, dass sie nicht mehr mit der Erwartung eines bestimmten Ergebnisses bewertet oder gar umgesetzt wird – tatsächlich sind die Ergebnisse oft genau das Gegenteil der Absicht, was zu allerlei Absurditäten führt.
Die Eile der EU, bis zum 24. Februar – dem zweiten Jahrestag des Beginns der russischen Militäroperation in der Ukraine – ein völlig symbolisches Sanktionspaket gegen eine bunte Mischung obskurer russischer Unternehmen und Beamter der dritten Ebene zu verhängen, wird nicht in der Erwartung verabschiedet, dass damit irgendwelche politischen Ziele erreicht würden. Der gesamte Wert des Unterfangens liegt in seiner Symbolik. Da die Symbolik "richtig" ist, wird die Aktion "wichtig".
Die Grünen in Deutschland, eine führende Stimme sowohl im fanatischen Klimaprogramm als auch im Anti-Russland-Lager, haben in den vergangenen zwei Jahren eine Politik durchgepeitscht, die umgehend zu einem Anstieg bei der Verbrennung von Kohle geführt hat. Dies ist sicherlich kein Ergebnis, für das sich die Partei jemals eingesetzt hätte. Aber das Handeln dieser Partei hat nichts mehr mit bestimmten gewünschten Ergebnissen zu tun. Vielmehr existiert sie vollständig in der nebligen Welt des Symbolismus und ist in der Logik dieses neuen Zeitalters des Aberglaubens als Partei nur im Hinblick auf ihre symbolische Kraft zu bewerten.
Kyeyune gibt das vielleicht anschaulichste Beispiel für die Wirkung dieses Prinzips. "Deutschland hat noch eine funktionierende Pipeline durch die Ostsee, weigert sich aber, sie zu nutzen", stellt er richtigerweise fest und verweist auf den Strang von Nord Stream 2, der bei dem Sabotageangriff im September 2022 nicht beschädigt wurde.
"Das Problem ist, dass der alternative Ansatz zur Deckung des Energiebedarfs von Deutschland im Import von Flüssigerdgas besteht – und ein Teil dieses Gases stammt aus Russland. Mit anderen Worten: Deutschland kauft immer noch Erdgas von Russland, weniger effizient und zu höheren Kosten, um ein quasi ritualistisches Verbot der Nutzung der verbliebenen Pipeline aufrechtzuerhalten."
Unterdessen gebe es eine ähnliche Situation mit russischem Öl, das jetzt zur Raffinierung nach Indien oder China verschifft wird, um danach von Europa importiert zu werden. Es sei so "als ob die Vermischung von russischem Öl mit Öl aus anderen Ländern, in einer ausländischen Raffinerie, die darin enthaltenen bösen russischen Geister vertreiben würde." Mit anderen Worten: Russisches Öl muss einem Reinigungsprozess unterzogen werden, bevor es in den EU-Garten gelangen kann. Unterdessen leiden die europäischen Raffinerien, während alle Arten von Zwischenhändlern sich nebenbei bereichern und die Verbraucher höhere Preise zahlen müssen. Es steckt kein Funke ökonomischer Logik dahinter – aber wir sind jetzt in einen Bereich jenseits der ökonomischen Logik vorgedrungen.
Die Energiepolitik, das Lebenselixier der industriellen Zivilisation, unterliegt heute der Tyrannei von Ritualen, Tabus und Aberglauben. Dies ist die missliche Lage der deutschen Elite, die versucht, das Land durch eine turbulente Zeit des epochalen Übergangs zu steuern. Der Verzicht auf die Vernunft ist ein ziemliches Hindernis bei der Bewältigung dieser Aufgabe.
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Übersetzt aus dem Englischen.
Henry Johnston ist Redakteur bei RT. Er war überdies ein Jahrzehnt im Finanzwesen tätig.
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