Wirtschaft

Amerikas letzter Kredit – Moody’s entzieht nach über hundert Jahren den USA das Triple-A

Es ist kein bloßes Symbol, keine Fußnote der Finanzgeschichte. Mit der Herabstufung des US-Ratings durch Moody’s verliert das Imperium des Dollar seine letzte makellose Bonitätsnote – und die Welt ihren sichersten Schuldner.
Amerikas letzter Kredit – Moody’s entzieht nach über hundert Jahren den USA das Triple-AQuelle: Sputnik © Natalia Seliverstova

Es war ein Moment von tiefer, fast unscheinbarer Tragweite: Moody’s Investors Service, lange Zeit der konservativste unter den drei großen Ratinghäusern, entzog den Vereinigten Staaten ihre letzte verbliebene Bestnote. "Aa1" heißt das neue Etikett für US-Staatsanleihen – ein Buchstabe weniger, aber ein Abgrund an Bedeutung. Es war das letzte Triple-A für die größte Volkswirtschaft der Welt. Jetzt ist es Geschichte.

Doch wer genau hinhört, versteht: Die Botschaft geht weit über eine technische Kategorisierung hinaus. Moody’s spricht dem amerikanischen Staat nicht nur die Bestnote ab – sondern das Prinzip Vertrauen.

2011 – Standard & Poor’s schlägt Alarm

Der erste Riss in der Fassade kam im August 2011. Damals entschied Standard & Poor’s, der US-Regierung das Triple-A zu entziehen – mitten im Streit um die Anhebung der Schuldenobergrenze. Der Kongress war blockiert, eine Zahlungsunfähigkeit schien denkbar. Die Finanzwelt war schockiert. Nie zuvor hatte jemand ernsthaft an der Kreditwürdigkeit Washingtons gezweifelt.

Doch obwohl die Herabstufung von Standard & Poor’s heftige politische Reaktionen auslöste, blieben die Märkte ruhig. Der Dollar stieg, die US-Zinsen fielen sogar. Warum? Weil trotz politischer Dysfunktion das Vertrauen in die langfristige Stabilität der USA ungebrochen schien.

Im Jahr 2020 kam kein formeller Downgrade durch eine Ratingagentur – aber eine stille Erosion der fiskalischen Stabilität. Die Pandemie zwang die US-Regierung zu massiven Hilfspaketen: Billionen wurden in Wirtschaft, Konsum und Finanzmärkte gepumpt. Die Not war real, der Eingriff notwendig – doch das strukturelle Defizit explodierte. Eine temporäre Krise wurde zur dauerhaften Belastung.

Ökonomen warnten bereits damals: Die USA hätten sich an ein gefährliches Modell gewöhnt – dauerhaft auf Pump zu regieren. Doch der billige Dollar machte es möglich. Noch.

Im Sommer 2023 dann der nächste Einschnitt: Fitch senkte das US-Rating von AAA auf AA+. Wieder war es ein Streit um die Schuldenobergrenze, abermals lähmte ein blockierter Kongress das Land. Die Argumente klangen vertraut: zu hohe Schulden, zu geringe Disziplin, zu viel politischer Stillstand.

Doch etwas hatte sich verändert: Die Zinsen waren höher, das Defizit größer, das Vertrauen kleiner. Und erstmals begannen Investoren zu fragen, ob die USA wirklich auf ewig der "sicherste Hafen" bleiben würden.

Was Moody’s nun getan hat, ist kein Routineakt. Es ist ein endgültiger Bruch mit der Illusion, dass die Vereinigten Staaten über allem stehen. Es ist das Eingeständnis, dass auch Supermächte scheitern können – an ihren eigenen Ansprüchen. Immerhin hatte Moody's seit 1917 der Kreditwürdigkeit der USA die Bestnote vergeben.  

Die Ratingagentur verweist nüchtern auf die Zahlen: 134 Prozent Schuldenquote bis 2035, fast ein Drittel aller Steuereinnahmen allein für Zinszahlungen. Kein Reformkurs in Sicht, keine politische Mehrheit für Konsolidierung, stattdessen neue Handelszölle, neue Subventionen, neue geopolitische Risiken.

Die strukturelle Schwäche des US-Haushalts ist offenkundig – doch das, was Moody’s wirklich in Sorge versetzt, ist die politische Verweigerung, das Problem zu lösen.

Donald Trump, zurück im Weißen Haus, hat derweil andere Prioritäten. Statt fiskalischer Sanierung forciert er seinen geopolitischen Kurs: höhere Importzölle gegen China, Strafmaßnahmen gegen die EU, militärische Muskelspiele im Nahen Osten. Die Außenpolitik ist aggressiv, die Wirtschaftspolitik konfrontativ – und das Haushaltsdefizit wächst weiter.

Die bereits von Standard & Poor’s und Fitch monierte Mischung aus Populismus, Protektionismus und lockerer Haushaltspolitik hat nun auch Moody’s zu einer Herabstufung veranlasst. Die fiskalische Verlässlichkeit der USA steht zunehmend infrage.

Die Folgen sind gewaltig – und sie spielen sich nicht laut ab, sondern leise. Zahlreiche internationale Investoren, insbesondere staatliche Pensionsfonds, dürfen US-Staatsanleihen mit weniger als AAA gar nicht mehr halten. Andere müssen sie mit höheren Risikozuschlägen versehen. Das heißt: Verkaufsdruck.

Ein globaler Paradigmenwechsel bahnt sich an. Jahrzehntelang waren US-Staatsanleihen der risikofreie Referenzwert für den Kapitalmarkt – eine Art Grundpfeiler der Weltfinanzarchitektur. Jetzt wankt dieser Pfeiler. Und niemand kann sagen, wie lange er dem Druck noch standhält.

Moody’s Entscheidung zeigt: Vertrauen ist keine Selbstverständlichkeit. Es muss verdient, bewahrt, erneuert werden. Die USA haben davon zehren können – vom Vertrauen in ihre Institutionen, in ihre Innovationskraft, in ihre Rechtsstaatlichkeit.

Doch Vertrauen kann erodieren. Und wenn es geht, geht es schneller, als es gekommen ist. Die aktuellen Marktentwicklungen – schwächelnde US-Anleihen, steigende Prämien, wachsendes Interesse an alternativen Reservewährungen – sind Vorboten einer möglichen Zeitenwende.

Manch einer wird argumentieren, es handle sich nur um ein "kleines Downgrade". Ein AA1-Rating sei immer noch exzellent. Doch diese Sicht verkennt das Wesentliche: Es geht nicht um die Bonitätsnote allein, sondern um die Richtung.

Wenn der mächtigste Staat der Welt sein eigenes Versprechen auf fiskalische Stabilität nicht mehr halten kann – was bedeutet das für die Regeln des internationalen Kapitalverkehrs? Für die Rolle des US-Dollars? Für das Vertrauen in westliche Demokratien?

Die Herabstufung durch Moody’s ist keine Episode, sondern ein Epochenbruch. Sie beendet eine Ära, in der amerikanische Staatspapiere als ultimativ sicher galten – unabhängig von Präsident, Partei oder Haushaltspolitik.

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